Spitzelaffäre:Telekom soll Vorstand ausgespäht haben

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Die Spitzelaffäre bei der Telekom weitet sich aus: Die Konzernsicherheit hat offenbar die gesamte ehemalige Konzern-Spitze ständig beoachtet.

Caspar Dohmen

Die Deutsche Telekom soll mehr eigene Manager bespitzelt haben als bisher bekannt. Mitarbeiter der Konzernsicherheit sollen Reise- und Kalenderdaten heimlich ausgewertet haben, um Informationslecks zu finden.

Im Visier der Telekom-Konzernsicherheit stand offenbar auch die gesamte ehemalige Konzernspitze. (Foto: Foto: AP)

Die gesamte ehemalige und damals aktuelle Firmenspitze habe quasi unter ständiger Beobachtung der Konzernsicherheit gestanden, schreibt das Hamburger Magazin Der Spiegel.

In das Blickfeld der Spähattacken gerieten neben dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Ron Sommer und dessen Pressechef Jürgen Kindervater der Chef der Festnetzsparte Walter Raizner sowie Finanzvorstand Karl-Gerhard Eick, der Ende Februar Chef beim Warenhaus- und Touristikkonzern Arcandor wird.

Bislang war nur bekannt, dass der ehemalige Personalvorstand Heinz Klinkhammer bespitzelt worden sein soll. Die Nachforschungen sollen allerdings keinerlei Anhaltspunkte für die Weitergabe vertraulicher Informationen gebracht haben.

Ein Telekom-Sprecher sagte am Wochenende: "Es gibt entsprechende Behauptungen eines Beschuldigten." Die Unterlagen dazu seien, "wie sämtliches Material, im Mai 2008 an die Staatsanwaltschaft übergeben worden". Der Wahrheitsgehalt dieser Behauptung müsse nun durch die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft geklärt werden, sagte der Sprecher

Die Telekom hatte im vergangenen Jahr selbst Anzeige erstattet, um das ganze Ausmaß des Missbrauchs von Verbindungsdaten in den Jahren 2005 und 2006 aufzudecken und den oder die Auftraggeber der Spähaktionen herauszufinden. Das Ziel des Datenabgleichs soll gewesen sein, die Weitergabe von Interna der Telekom an die Öffentlichkeit zu verhindern.

Die Staatsanwaltschaft Bonn untersucht bereits seit dem Frühjahr 2008 den Schnüffelskandal bei der Telekom. Nach Angaben der Ermittler hat das Unternehmen in den Jahren 2005 und 2006 die Telefonverbindungsdaten von Aufsichtsräten der Telekom, Angehörigen des Betriebsrats, von Journalisten, aber auch von Dritten wie Verdi-Chef Frank Bsirske ausgespäht, die mit dem Konzern nicht unmittelbar zu tun haben. Insgesamt ist von mindestens 60 Personen die Rede.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt deshalb wegen möglicher Verstöße gegen das Fernmeldegeheimnis und den Datenschutz gegen ein Dutzend Beschuldigte. Unter ihnen sind der frühere Konzernlenker Kai Uwe Ricke und der ehemalige Postchef Klaus Zumwinkel, den das Bochumer Landgericht im Januar wegen Steuerhinterziehung zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt hat.

Der Springer-Verlag wies am Wochenende die Darstellung zurück, wonach es auch in der Redaktion der Bild-Zeitung Spähattacken gegeben haben könnte. "Es ist für uns absolut unvorstellbar, dass ein Mitarbeiter der Bild-Redaktion Informationen an die Telekom weitergegeben hat, und uns liegen auch keine Erkenntnisse darüber vor", sagte ein Sprecher der Zeitung.

Nach Informationen des Spiegel wurde der damalige Konzernchef Ricke dagegen kurz vor seiner Ablösung im November 2006 über den Stand der Ermittlungen zu den Indiskretionen im Konzern unterrichtet. Dabei seien auch "Interna aus Redaktionssitzungen" der Bild-Zeitung erwähnt worden.

© SZ vom 16.02.2009/woja - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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