Spitzelaffäre:Bahn verteidigt Personalvorstand Suckale

Der Logistikkonzern Bahn weist die Vorwürfe gegen die Managerin Suckale im Datenschutzskandal zurück.

Daniela Kuhr und Klaus Ott

Die Bahn weist Spekulationen über eine Beteiligung des Vorstandsmitglieds Margret Suckale an zweifelhaften Überwachungen von Mitarbeitern zurück. Die Behauptungen entbehrten "einer sachlich fundierten Grundlage", sagte ein Sprecher des Konzerns in Berlin.

Margret Suckale, AP

Bahn-Personalvorstand Margret Suckale

(Foto: Foto: AP)

Die Spekulationen waren durch ein Schreiben des Berliner Datenschutzbeauftragten Alexander Dix aufgekommen. Dix und seine Mitarbeiter hatten in den vergangenen Monaten die Datenskandale bei der Bahn untersucht. In ihrem vorläufigen Abschlussbericht legen sie den Verdacht nahe, dass Suckale in einem Fall über Überwachungsmaßnahmen bei einem Mitarbeiter informiert gewesen sein soll.

Zum fraglichen Zeitpunkt war sie noch Leiterin der Rechtsabteilung bei der Bahn. 2005 wurde sie in den Konzernvorstand berufen. Heute ist sie Personalvorstand bei der im Zuge der Börsenpläne gegründeten Bahn-Gesellschaft DB Mobility Logistics AG.

Konkreter Verdacht

In dem Fall hatte es um das Jahr 2000 herum einen konkreten Verdacht von Korruption gegen einen Mitarbeiter der Bahn gegeben. Daraufhin soll eine über externe Anwälte der Bahn beauftragte Detektei in einem längeren Zeitraum Kontobewegungen und Bankunterlagen des Betroffenen untersucht haben.

Es sei "kaum vorstellbar, dass die Daten ohne Verstoß gegen strafrechtliche Normen" in den Besitz der Detektei kommen konnten, schreibt Dix. Aus den Bankunterlagen ergaben sich angeblich auch sehr private Vorgänge, wie beispielsweise Unterhaltszahlungen für Kinder sowie die Begleichung von Arztrechnungen. Dix will Anhaltspunkte dafür ausgemacht haben, dass Suckale in die Zusammenarbeit mit der Detektei "involviert war".

Bei der Bahn wies man das zurück. Es sei absurd anzunehmen, der Vorstand habe Firmen beauftragt, "mit rechtlich zweifelhaften Methoden Beweismaterial zu sammeln", sagte der Sprecher. Der Bahn sei es um die Bekämpfung von Korruption gegangen. Man wollte Beweismaterial erhalten, das man einem Staatsanwalt vorlegen könne. "Solches Beweismaterial muss über alle rechtlichen Zweifel erhaben sein, sonst darf es in einem Verfahren nicht angewendet werden."

Insgesamt listet Dix eine Vielzahl von Kontrollmaßnahmen auf, die bei der Bahn in den vergangenen Jahren stattgefunden haben sollen. Dabei stellten er und seine Mitarbeiter diverse schwerwiegende Verstöße gegen den Datenschutz fest. Unter anderem sei das Surfverhalten von Beschäftigten auf Internetseiten ermittelt worden. Private E-Mails seien an eine Detektei weitergeleitet worden, damit diese ein Schriftstilgutachten anfertigen könne, um einen anonymen Anzeigenerstatter ausfindig zu machen. Festplatten von Mitarbeitern wurden heimlich kopiert, in einem Fall soll die Festplatte sogar ausgebaut worden sein.

Einer der Schwerpunkte der Untersuchungen von Dix lag jedoch auf den "Screenings". Mehrmals hatte die Bahn in der Vergangenheit massenhaft Daten von Mitarbeitern mit denen von Lieferanten abgleichen lassen, um eventuelle Übereinstimmungen aufzuspüren. Dabei seien auch unzählige Mitarbeiter überprüft worden, "bei denen keinerlei oder allenfalls geringe Gefahr besteht, dass sie ihre Position zu Korruptionshandlungen ausnutzen (z.B. Zugbegleiter, Fahrkartenverkäufer etc.)". Doch auch die oberen Etagen im Konzern wurden nicht verschont. Bei dem Projekt "Eichhörnchen I" sollen 774 Führungskräfte und 500 Ehepartner auf ihr "wirtschaftliches Engagement" außerhalb der Bahn hin überprüft worden sein.

Keine rechtliche Prüfung

Die Berliner Datenschützer mussten feststellen, dass man sich bei der Bahn über das Einhalten von Vorschriften in dem Bereich wenig Gedanken gemacht hat. "Es überrascht, dass die Revision bei keinem der durchgeführten Verfahren vorab eine rechtliche Prüfung und Bewertung vorgenommen hat oder vornehmen ließ", schreibt Dix. Das erwecke "den Anschein, als habe sich die Revision in ihrem Arbeitsbereich als rechtsfreier Raum verstanden".

Dabei soll es zahlreiche Hinweise gegeben haben, dass die Spähaktionen rechtswidrig waren. So hatte die Konzernrevision offenbar im Jahr 2005 entschieden, den Auftrag zur Überwachung der Führungskräfte neu zu vergeben. Neben der Auskunftei, die ihn letztlich erhielt, seien noch zwei weitere im Gespräch gewesen. Beide hätten jedoch rechtliche Bedenken gehabt. Als die eine ankündigte, dass die betroffenen Mitarbeiter zu benachrichtigen seien, lehnte die Bahn ab. "Mit anderen Worten wurde das Angebot abgelehnt, weil die Auskunftei die gesetzlichen Vorgaben einhalten wollte", schreibt Dix.

Noch handelt es sich nur um einen vorläufigen Bericht. Die Bahn hat nun Zeit, bis zum 21. April Stellung zu nehmen. Erst dann will Dix über aufsichtsbehördliche Schritte entscheiden. Nicht enthalten in dem Bericht ist die Ende März bekannt gewordene E-Mail-Affäre. Angeblich ließ die Bahn von März 2005 bis Oktober 2008 die E-Mails von Mitarbeitern durch einen Suchfilter laufen, um Briefe rauszufischen, die an Medien, Kritiker der Bahn und andere Personen adressiert waren. Um auch diese Vorwürfe aufzuklären, sandte Dix 27 Fragen an den Vorsitzenden des Bahn-Aufsichtsrats, Werner Müller.

Der Fragenkatalog liegt der Süddeutschen Zeitung vor. Dix will unter anderem wissen, ob die E-Mail-Überwachung vorab rechtlich geprüft wurde, ob der Betriebsrat beteiligt war, in welchem Zeitraum kontrolliert wurde und welche Konsequenzen es für die Mitarbeiter hatte, wenn ihre E-Mails rausgefiltert wurden. Auch diese Fragen will Dix bis 21. April beantwortet haben.

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