SPD: Frank-Walter Steinmeier:Grün ist die Hoffnung

Steinmeier trimmt die SPD auf mehr Öko-Arbeitsplätze. Doch wer grüne Technologie will, muss auf schwarze verzichten - und provoziert Widerstand. Ob er ihn aushält?

Michael Bauchmüller

Der österreichische Ökonom Joseph Schumpeter hat die wirtschaftliche Entwicklung einmal als Prozess der "schöpferischen Zerstörung" beschrieben. Es ist mittlerweile ein geflügeltes Wort, weil es ökonomische Umbrüche in ihrer ganzen Tragweite beschreibt, als Werden und Vergehen zur gleichen Zeit.

SPD: Frank-Walter Steinmeier: Wahlkämpfer Steinmeier: Kann er den Betriebsräten die Stirn bieten, die vor dem Willy-Brandt-Haus für ihre Industrie demonstrieren?

Wahlkämpfer Steinmeier: Kann er den Betriebsräten die Stirn bieten, die vor dem Willy-Brandt-Haus für ihre Industrie demonstrieren?

(Foto: Foto: dpa)

Die schöpferische Zerstörung ist in vollem Gange, jetzt, in diesem Land. Sie findet statt in kleinen Ingenieurbüros, in Großkonzernen, in Hinterhöfen - eben überall da, wo Unternehmer über die Produkte der Zukunft nachdenken. Selten in der Geschichte der Weltwirtschaft hatten sie so klar vor Augen, worin die Herausforderungen der Zukunft liegen: Im Kampf einer wachsenden Weltbevölkerung um begrenzte Ressourcen, seien es Rohstoffe, Wasservorräte oder brauchbare Böden. Im Konflikt zwischen den aufstrebenden Ökonomien Asiens einerseits und zunehmenden Lasten für das Weltklima andererseits. Und im Kerndilemma einer Wirtschaft, die nahezu vollständig auf die Verbrennung von Öl baut, aber das Ende dieses Weges schon absehen kann. Die technologischen Antworten auf diese Probleme bergen die Märkte und Jobs von morgen.

Vom Faxgerät bis zum Großcomputer

Gemessen an der jüngeren Vergangenheit war die deutsche Wirtschaft selten Gewinner solcher schöpferischer Zerstörung. Geschöpft haben deutsche Forscher so manches, vom Faxgerät bis zum Großcomputer. Zur Reife aber gelangte es anderswo; und zerstört wurden oft die Arbeitsplätze daheim. Diesmal jedoch könnte das anders sein.

In fast allen Bereichen umweltfreundlicher Technologien sind deutsche Firmen derzeit führend: Sie bauen Anlagen zur Wasseraufbereitung, senken die Herstellungskosten ihrer Solarmodule, verstehen eine Menge vom Energiesparen. Es ist folgerichtig, wenn Frank-Walter Steinmeier seine SPD auf die Schaffung grüner Arbeitsplätze trimmt. Erstens sind neue Jobs immer gut. Und zweitens erst recht, wenn sie der Umwelt dienen.

Verzicht auf schwarze Technologien

Allerdings ist das nur die eine Seite der Medaille, weil eben zur "Schöpfung" auch die "Zerstörung" gehört. Und bei der Zerstörung alter Strukturen haben Sozialdemokraten noch nie gern tatenlos zugesehen; auch deshalb kämpften sie um die Steinkohle im Revier und für die Rettung von Opel. Aber beides, Alt und Neu nebeneinander, wird es nicht dauerhaft geben. Wer grüne Technologien will, muss auf schwarze verzichten. Der muss hinnehmen, dass in diesem Land irgendwann keine Kohle mehr gefördert wird, auch keine Braunkohle. Der muss Arbeitern auch einmal erklären, dass ihr Autowerk am Ende ist, weil es viel zu lang nur Verbrennungsmotoren gefertigt hat.

Darüber redet keiner gern, denn es provoziert Widerstand. Ob Steinmeier ihn aushält? Wird er den Betriebsräten die Stirn bieten, die vor dem Willy-Brandt-Haus für ihre Industrie demonstrieren? Autokonzernen, die eine letzte Chance verlangen? Wenn ja, dann hat er wirklich einen Plan für Deutschland. Und modernisiert nebenbei die eigene Partei.

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