Sparkassen:Entscheidung in der letzten Runde

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Der Sparkassenverband sucht eine Regelung für künftige Krisen. Das ist auch eine Machtprobe für Präsident Fahrenschon. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Der Zoff um die Haftung rüttelt an den Grundfesten der deutschen Sparkassenwelt. Nun ringen die Beteiligten um einen Kompromiss.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Es ist ja nicht so, als hätten Deutschlands Sparkassen nicht schon genug Probleme: Die Magerzinsen lassen ihre Erträge zerbröseln, das dichte Filialnetz gilt als zu teuer, und nebenbei laufen sich auch noch digitale Angreifer mit cleveren neuen Bank-Angeboten warm. Doch zu allem Überfluss bekämpfen sich Sparkassen und Landesbanken seit fast zwei Jahren beim milliardenschweren Umbau ihres Einlagensicherungssystems. Das sieht vor, dass sich die staatlich dominierten Banken gegenseitig stützen, falls ein Institut umzufallen droht. Den notwendigen Haftungstopf aber muss der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) bis Sommer an eine neue EU-Richtlinie anpassen: Bis 2024 sollen dort mindestens 4,9 Milliarden Euro liegen. Doch wer die fehlenden drei Milliarden Euro aufbringt, darum wurde lange gerungen. Es geht ums Geld, um den jahrzehntealten Verbund von Sparkassen und Landesbanken, aber auch um das Kundenvertrauen.

Hintergrund ist eine EU-Regelung, die nach der Finanzkrise die Einlagen der Sparer schützen soll. Die Banken jedes Landes sollen mit eigenen Sicherungseinrichtungen garantieren, dass sie im Falle einer Schieflage binnen sieben Tagen jedem Sparer bis zu 100 000 Euro ersetzen, wenn eine Bank kippt. Die Sparkassen müssen wie alle europäischen Institute 0,8 Prozent der gedeckten Spareinlagen einzahlen.

Zuletzt jedoch schien die Zweckgemeinschaft von Sparkassen und Landesbanken an dem Streit zu zerbrechen. So drohte der mächtige westfälische Sparkassenpräsident Rolf Gerlach - ein Widersacher von DSGV-Präsidenten Georg Fahrenschon -, den Haftungsverbund zu verlassen und sich mit seinen Instituten dem Verband Öffentlicher Banken anzuschließen. Er wollte durchsetzen, dass seine Sparkassen nur begrenzt für eine Landesbankenschieflage haften müssen. Für Georg Fahrenschon, Ex-Finanzminister von Bayern, wäre dies eine große Niederlage.

Soweit ist es nicht gekommen, im letzten Moment gelang den Instituten eine Einigung. Wie der DSGV am Dienstagabend mitteilte, stimmten die Mitglieder des Verbandes einstimmig für eine Neuregelung des Sicherungssystems. Demnach müssen die schwachbrüstigen Landesbausparkassen, die in den meisten Regionen den Sparkassen gehören, weniger Geld einzahlen als geplant. Die Landesbanken aber müssen etwas mehr bezahlen. Die Belastung der Sparkassen bleibt gleich. Dem Vernehmen nach konnte Gerlach außerdem durchsetzen, dass bei der Rettung einer Landesbank einzelne Mitglieder ein Veto einlegen können, wenn sie sich durch die Rettung einer Landesbank überlastet sehen. Dass die Finanzaufsicht das genehmigt, gilt als unwahrscheinlich; Gerlach konnte damit jedoch gesichtswahrend von seiner Maximalforderung abrücken. Auch seine Forderung, dass bei der Schieflage einer Landesbank erst andere Landesbanken einspringen, bevor Sparkassen und Bausparkassen zahlen, konnte er durchsetzen.

Auch wenn die Landesbanken wieder besser dastehen als in der Finanzkrise: Vor allem den Sparkassen in NRW steckt die Rettung der WestLB noch in den Knochen. Für die von ihnen mitverschuldete Schieflage der Düsseldorfer Skandalbank mussten sie Milliarden auf den Tisch legen. Zwar ist die WestLB abgewickelt und die NRW-Sparkassen haben keine bedeutenden Landesbanken-Beteiligungen mehr. In Zukunft für die Landesbank eines anderen Bundeslandes haften zu müssen, ist aber ihre größte Sorge. Auch wenn der Streit nun beigelegt ist, so könnte er trotzdem Folgen haben - etwa wenn sich die EU-Kommission Privilegien des Sparkassenverbundes vorknöpft. Zum Beispiel müssen Sparkassen und Landesbanken keine Eigenkapitalreserven bilden für Kredite, die sie sich gegenseitig geben. Würde Brüssel dieses Privileg kassieren, kämen einige Sparkassen womöglich in Kapitalnot. Das wäre dann ein weiteres Problem - neben Niedrigzinsen und Kostendruck.

© SZ vom 22.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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