Sony BMG:Misstöne im Geschäft

Stille in Gütersloh: Bertelsmann will sich aus dem unprofitablen Musikgeschäft zurückziehen.

Hans-Jürgen Jakobs

Vor zweieinhalb Jahren, als Gerd Schulte-Hillen noch Aufsichtsratschef der Bertelsmann AG war, stieß er in dem Gremium und in der Branche eine Debatte an. Ob es denn überhaupt sinnvoll sei, sich weiter im schwierigen Musikgeschäft zu betätigen? Welche Gründe es für eine Fusion der Bertelsmann Music Group (BMG) mit Sony Music gebe?

Sony BMG: Eine der Topseller im Hause Sony BMG: Pop-Sängerin Shakira

Eine der Topseller im Hause Sony BMG: Pop-Sängerin Shakira

(Foto: Foto: AFP)

Ob sich hier nicht vielleicht in Wirklichkeit zwei Lahme zusammentäten, in der Hoffnung, so schneller gehen zu können? Die Warnungen, und andere Hinweise, empfand Vorstandschef Gunter Thielen als überflüssig. Schulte-Hillen verließ später den Gütersloher Medienkonzern, und es entstand Sony BMG, der zweitgrößte Musikkonzern der Welt.

Nun aber steht ein Ausstieg aus dem tönenden Geschäft offenbar tatsächlich an. Nach SZ-Informationen haben die Bertelsmann-Manager bereits beim japanischen Konzern Sony antichambriert, ob der Partner gegebenenfalls den 50-Prozent-Anteil der Deutschen kaufen würde. Sony hat ein Vorkaufsrecht. Zu zahlen wäre wohl weniger als eine Milliarde Euro für die komplette Übernahme.

Musik-Chef Schmidt-Holtz nicht mehr im Vorstandskreis

Ein Bertelsmann-Sprecher wollte Informationen über solche Verkaufsgespräche ebenso wenig kommentieren wie einen Bericht der Financial Times, wonach das Gütersloher Unternehmen Investmentbanker beauftragt habe, Käufer für die Musiksparte zu suchen. Dazu gehört, neben dem 50-Prozent-Anteil an Sony BMG, noch der Musikverlag BMG Music Publishing, der über Rechte an Produktionen - zum Beispiel an den Werken von Robbie Williams - verfügt. Der Wert dieses Teils von BMG beträgt schätzungsweise bei mehr als einer Milliarde Euro.

Ein stattlicher Verkaufserlös würde Reinhard und Liz Mohn, den Bertelsmann-Eigentümern, bei einem anderen Geschäft helfen: dem Rückkauf von 25,1 Prozent der Kapitalanteile am Gesamtkonzern. Dieses Aktienpaket liegt noch bei der Finanzfirma Groupe Bruxelles Lambert (GBL), und die Belgier haben das Recht, einen Börsengang für ihre Bertelsmann-Anteile zu verlangen, was der Mohn-Familie augenscheinlich nicht recht ist. Das GBL-Paket wird auf bis zu fünf Milliarden Euro geschätzt.

Auffällig ist, dass Bertelsmann vor einigen Wochen den für Musik zuständigen Rolf Schmidt-Holtz aus dem Vorstandskreis verabschiedet hat - damit er Sony BMG als Chief Executive Officer (CEO) leitet. Sein Wechsel wirkte auf einige wie der kleine Teil einer großen Entsorgung. "Rolf Schmidt-Holtz lässt Sie schön grüßen", sagte Bertelsmann-Chef Thielen auf der Bilanzpressekonferenz in der vorigen Woche. Das wiederum klang fast ein wenig zu freundlich.

Nur 74 Millionen Euro Gewinn in 2005

Die Zahlen von BMG für das Jahr 2005 deuteten auf ein Krisengeschäft. Der Umsatz war erneut gesunken, um 16,5 Prozent auf 2,1 Milliarden Euro. Das Ergebnis vor Steuern und Zinsen lag bei bescheidenen 74 Millionen Euro.

Dennoch sah Konzernchef Thielen Licht im Dunkel, zum Beispiel bei der US-Sängerin Kelly Clarkson, die 2005 mehr als sechs Millionen Alben verkauft hat. Sie war als Siegerin aus dem Casting-Wettbewerb American Idol hervorgegangen, den die Bertelsmann-Firma Fremantle vermarktet und der hier zu Lande Deutschland sucht den Superstar heißt.

Trotzdem dürfte ein Musikverkauf der Bertelsmann AG schwer fallen - auch bei Sony, dem Partner, gibt es schwere Zweifel über die Zukunftsfähigkeit des Gewerbes. Und: Bei einem Notverkauf sind kaum gute Preise zu erzielen.

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