Sondererlöse gesucht:Air Berlin kassiert das Gewinnziel

International Flight Operations At Berlin's Tegel Airport

Keine Trendwende in Sicht: Fluggesellschaft Air Berlin

(Foto: Bloomberg)

Air Berlin beendet auch die Hauptreisesaison im Minus, die lang erhoffte Trendwende bleibt aus. Die angeschlagene Fluggesellschaft setzt auf "Einmaleffekte" und verkauft einen immer größeren Teil der Flotte.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Es ist ein verklausulierter Satz, den man erst einmal verstehen muss: Air Berlin, so Vorstandschef Wolfgang Prock-Schauer, werde die Markterwartungen "nur durch Einmaleffekte und sonstige betriebliche Erträge annähernd erreichen können". In diesem Satz steckt vieles drin, was zu Spekulationen über künftige Schritte des Unternehmens Anlass gibt. Aber im Kern sagt Prock-Schauer übersetzt damit Folgendes: Air Berlin wird, anders als geplant, auch im Jahr 2013 keinen operativen Gewinn machen, denn die Markterwartungen liegen bei einem Verlust von rund 40 Millionen Euro.

Deutschlands zweitgrößte Fluggesellschaft steckt damit weiterhin tief in der Krise. Die für Air Berlin äußerst wichtige Sommersaison ist zwar ordentlich, aber nicht sehr gut gelaufen, denn die Nachfrage ist hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Das Sanierungsprogramm "Turbine" greift und wird wie geplant umgesetzt. Die für 2013 angepeilten Einsparungen von 200 Millionen sind Prock-Schauer zufolge "abgesichert". Aber unter dem Strich reicht alles für die lang erhoffte und deutlich sichtbare Trendwende nicht aus. Das Eigenkapital blieb auch am Ende der stärksten Reisesaison mit minus sechs Millionen Euro negativ.

Damit keine Missverständnisse aufkommen, betont Prock-Schauer, er sei "vom langfristigen Erfolg der Air Berlin überzeugt". Außerdem sei die Liquidität trotz negativen Eigenkapitals ausreichend. Das Unternehmen machte zwar im dritten Quartal einen operativen Gewinn von 115 Millionen Euro und war etwas besser als im Vorjahr (101 Millionen). Doch auch dies war weniger als erhofft. Wenn man die ersten neun Monate des Jahres betrachtet, dann ist der betriebliche Verlust mit 80,9 Millionen gegenüber 77,5 Millionen sogar größer geworden, während der Umsatz um etwa 110 Millionen Euro auf 3,25 Milliarden zurückgegangen ist. Auch andere wichtige Kennzahlen wie die Auslastung stagnieren oder sind sogar leicht rückläufig.

Air Berlin musste nicht nur das Gewinnziel kassieren, sondern verabschiedet sich auch von seinem Vorhaben, die Verschuldung auf 500 Millionen Euro zu drücken. Ende des dritten Quartals lag sie bei 813 Millionen, das neue Ziel lautet 650 Millionen. Die Frage ist, was mit Einmaleffekten und sonstigen betrieblichen Erträgen gemeint sein könnte, die Air Berlin hülfen. "Wir sind in Gesprächen, ich kann aber derzeit nicht sagen, um was es sich handelt", so Finanzchef Ulf Hüttmeyer.

Air Berlin hat einen immer größeren Teil der Flotte verkauft

Großaktionär Etihad Airways ist schon mehrfach eingesprungen, wenn es galt, auf die ein oder andere Weise auszuhelfen. Unter anderem hat Etihad gleich beim Einstieg Anfang 2012 einen Kredit zur Verfügung gestellt, sich an einer Anleihe beteiligt und Anteile am Vielfliegerprogramm Topbonus gekauft, bei der dieses deutlich höher bewertet wurde als die gesamte Fluggesellschaft an der Börse wert ist. Langsam ist allerdings wenig übrig, was Etihad noch zu einem, vorsichtig ausgedrückt, wohlwollend gerechneten Preis übernehmen könnte.

Darüber hinaus hat Air Berlin auch einen immer größeren Teil der Flotte verkauft und die meisten Flugzeuge zurückgeleast, um Zugang zu einst gebundenem Kapital zu bekommen. Von den 145 Maschinen, die Air Berlin Ende des dritten Quartals flog, gehörten ihr nur 25. Seither hat das Unternehmen sieben weitere Jets verkauft und konnte damit die Nettoverschuldung um 131 Millionen Euro senken. Bis Jahresende könnten laut Hüttmeyer bis zu acht weitere Maschinen folgen. Die Verhandlungen laufen aber noch.

In jedem Fall aber wird diese Einnahmequelle bald versiegen, und sie ist sowieso problematisch: Air Berlin hat zwar kurzfristig mehr Liquidität, muss aber dafür über einen längeren Zeitraum die in der Regel höheren Leasingraten aufbringen und hat kaum mehr Flexibilität, bei Krisen zu reagieren und Flugzeuge zu parken. Denn die Leasingraten müssen jeden Monat bezahlt werden.

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