Solarworld:Der Sonnenkönig droht sein Königreich zu verlieren

Solarworld - Asbeck

Frank Asbeck war einst der König der deutschen Solarindustrie. Jetzt muss er sich mit Insolvenzverwaltern herumschlagen.

(Foto: Rolf Vennenbernd/dpa)
  • Der Konzern Solarworld ist pleite und hat Insolvenz angemeldet.
  • Der Solarworld-Chef Frank Asbeck galt lange als der Sonnenkönig Deutschlands, doch sein Unternehmen droht zusammenzubrechen.
  • Die Schuld daran gibt Asbeck der Konkurrenz aus China - aufgeben will er aber noch lange nicht.

Von Markus Balser und Michael Bauchmüller, Berlin

Frank Asbeck ist nicht irgendein Unternehmer, er ist eine Marke. Über Jahre baute er sich von Bonn aus sein Sonnenimperium auf, er herrscht aus einer Villa am Rhein und besitzt Schlösser wie ein Fürst. Dem Papst schenkte er eine Solaranlage für den Vatikan, Opel wollte er als Retter übernehmen. Nicht umsonst heißt sein Unternehmen Solarworld, Sonnenwelt.

Jetzt ist Asbecks Welt aus den Fugen geraten: der Konzern ist pleite, dem letzten deutschen Solarhersteller droht der Untergang. Am Mittwochabend hatte das Unternehmen Insolvenz angemeldet. Ein "bitterer Schritt" sei das, sagt Asbeck. Und das nicht nur für das Unternehmen und seine gut 3000 Beschäftigten, "sondern auch für die Solarindustrie in Deutschland".

Der Einbruch der Modulpreise aber habe keine andere Wahl mehr gelassen. "Statt einer erwarteten Marktberuhigung haben sich die Aussichten nun auch für die nächsten Monate eingetrübt", sagt Asbeck. Das Dumping durch chinesische Anbieter habe zuletzt "nochmals zugenommen". Noch im März hatte das Unternehmen eine "positive Fortführungsprognose" aufgestellt, sie sollte die Geldgeber beruhigen. Diese lasse sich aber angesichts der jüngsten Entwicklungen nicht mehr halten.

Solarworld war mal fünf Milliarden Euro wert - jetzt nur noch 60 Millionen

Die Bonner Solarworld steht wie keine andere Firma für den sagenhaften Aufstieg, aber auch den dramatischen Fall der gesamten Solarbranche in Deutschland. Gegründet im Jahr 1998, formte Asbeck binnen zehn Jahren aus einem Bonner Hinterhofbüro einen der weltweit führenden Solarkonzerne. 2007 notierte die Aktie bei fast 50 Euro, das Unternehmen war zeitweise rund fünf Milliarden Euro wert. Angefacht wurde das Geschäft von der deutschen Energiewende - und Asbecks Kontakten.

Im Gründungsjahr 1998 übernahmen in Deutschland erstmals Sozialdemokraten und Grüne die Macht, in der Folge entstand mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz eine nie dagewesene Offensive für Ökostrom. Hohe Fördersätze begeisterten Hunderttausende Bundesbürger für Solarmodule - und Asbeck zählte mit zu denen, die für die hohen Vergütungen an vorderster Front kämpften. Seine Vernetzung mit der Politik war dabei hilfreich, er unterhielt Drähte in die SPD wie in die FDP. Den Grünen-Landesverband Nordrhein-Westfalen hatte er selbst mitgegründet. Als Kanzlerin Angela Merkel 2006 zum großen "Energiegipfel" lud, saß Asbeck wie selbstverständlich mit am Tisch.

Doch seit 2011 steckt der Konzern in den roten Zahlen. Der harte Konkurrenzkampf mit Chinas Billiganbietern und die gekürzte Solarförderung in Deutschland trieben die führenden Konzerne gleich reihenweise in den Ruin. Branchengrößen wie Q-Cells oder Solon gaben auf. Tausende Stellen fielen weg - vor allem in Ostdeutschland. Asbeck rettete sein Unternehmen 2012 nur durch einen Schuldenschnitt, im Tausch gegen Aktien verzichteten Gläubiger auf 60 Prozent ihres Geldes. Solarworld-Aktionäre schrieben damals 95 Prozent des Aktienwertes ab. Asbeck zog zudem einen Investor aus Katar an Land, er versorgte den Konzern mit frischem Geld. Asbeck selbst gehören noch gut 20 Prozent an Solarworld. All das steht nun auf dem Spiel. Der Aktienkurs brach am Donnerstag um zeitweise 75 Prozent auf 87 Cent ein. Das Unternehmen ist gerade mal noch 60 Millionen Euro wert. Ein Bruchteil des einstigen Wertes.

Noch will Asbeck sich nicht geschlagen geben

Noch in dieser Woche könnten auch die Töchter von Solarworld Insolvenz anmelden. Abermals stehen Werke vor dem Aus, und das wieder in Ostdeutschland. Von den 3000 Beschäftigten arbeiten allein 2700 in den Werken im sächsischen Freiberg und in Arnstadt, Thüringen. Noch am Donnerstag liefen dort die Telefone heiß. In beiden Bundesländern bangen die Landesregierungen um die Jobs. Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee kündigt an, um das Werk Arnstadt kämpfen zu wollen: Das Land sei zur Hilfe bereit, auch der Bund sei gefordert. Die Nachricht von der Insolvenz sei für die Region "dramatisch", teilt das sächsische Wirtschaftsministerium von Martin Dulig mit. Auch am Unternehmenssitz in Nordrhein-Westfalen ist die Politik aufgescheucht, schließlich wird dort am Sonntag gewählt. "Natürlich setzen wir uns für eine Lösung ein, die für alle verträglich ist", heißt es im dortigen Ministerium.

Asbeck und seine Leute sehen die eigene Insolvenz als Fanal - angesichts der staatlich gepäppelten Konkurrenz aus China. Wie kein anderes Unternehmen hatte Solarworld für einen Zollschutz gegen chinesisches Dumping gekämpft, auch mit Erfolg. Asbecks Sprecher Milan Nitzschke fungiert zugleich als Präsident einer entsprechenden Brancheninitiative namens EU pro Sun. Sie beklagte am Donnerstag, mit Solarworld fordere das chinesische Dumping sein "bisher größtes Opfer". Chinesische Staatsbanken hätten inzwischen einen dreistelligen Milliardenbetrag in eine Produktionskapazität gesteckt, mit der das Land den weltweiten Bedarf 1,3 Mal decken kann. Das Land wolle in der Solarbranche ein Monopol aufbauen.

Aber Asbeck wäre nicht Asbeck, wenn er nun einfach aufgäbe. "Die nächsten Wochen und Monate werden nun über die Zukunft von Europas größter und modernster Fertigung in der Schlüsselindustrie Photovoltaik entscheiden", erklärt er. "Wir werden uns nach allen Kräften dafür einsetzen, so viele Arbeitsplätze und Produktion wie möglich zu erhalten." Womöglich schielt er abermals darauf, dass die Politik helfen könnte, und sei es nur mit Bürgschaften. In der Hand allerdings hat er das nun nicht mehr. Über den Sonnenkönig herrscht bald der Insolvenzverwalter.

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