Solaranlagen:Es geht auch ohne Finanzamt

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Viele Bürger hätten gern eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach. Doch die steuerlichen Folgen und die erforderliche Bürokratie schrecken viele ab. Es gibt allerdings Auswege.

Von Berrit Gräber 

Erneuerbare Energien decken mittlerweile mehr als 26 Prozent der weltweiten Stromproduktion. (Foto: Sean Gallup; Getty/Getty Images)

Die Ausgangslage

Wer sich eine Photovoltaik-Anlage anschafft, produziert in der Regel mehr Strom als sein Haushalt verbraucht und kann damit Geld verdienen. Ein Teil der Sonnenenergie wird ins öffentliche Netz eingespeist, also verkauft. Der private Hausbesitzer bekommt dafür eine Vergütung, die momentan bei etwa 10 bis 12 Cent pro Kilowattstunde (kWh) liegt. Und plötzlich hat er mit dem Fiskus zu tun. Denn: Produktion und Verkauf von Strom sind ein Gewerbe. Der Hausbesitzer wird damit zum Unternehmer - mit allen steuerlichen und bürokratischen Konsequenzen. Dafür kann er Steuern sparen. Privatsache bleibt es nur dann, wenn der Hausbesitzer seine Photovoltaik-Anlage nahezu ausschließlich zur Eigenversorgung nutzt und keinen Gewinn macht. "Je kleiner die Anlage auf dem Dach, desto ratsamer wird diese Option", sagt Thomas Seltmann, Photovoltaik-Experte der Stiftung Warentest.

Denn sonst übersteigt die Bürokratie den Nutzen. Grundsätzlich haben Hausbesitzer die Wahl: Entweder sie werden zu Kleinunternehmern ohne Umsatzsteuerpflicht oder zu normalen Unternehmern wie andere Geschäftsleute auch. Weil Solaranlagen bis vor Kurzem noch recht teuer waren, wurde Privatleuten meist geraten, sich beim Finanzamt als Unternehmer einstufen zu lassen, einen Investitionsabzugsbetrag zu beantragen und 40 Prozent des Kaufpreises als Betriebsausgabe abzusetzen. Das ist schon für das Jahr möglich, in dem die Module bestellt werden oder die Kaufabsicht feststeht, wie der Bundesfinanzhof entschied (Az. X R 42/11). Nach dem Kauf kann sich der Unternehmer viele tausend Euro Umsatzsteuer zurückholen. Kostet die Anlage beispielsweise 20 000 Euro plus 19 Prozent Umsatzsteuer, erstattet das Finanzamt 3800 Euro. Als Unternehmer kann der Hausbesitzer seine Solarstromanlage außerdem über viele Jahre steuerlich abschreiben. Nicht-Unternehmer haben solche Steuersparchancen nicht.

Nachteile als Unternehmer

Das Unternehmerdasein hat aber auch Nachteile. "Wer Unternehmer wird, sollte sich frühzeitig darüber informieren, was da alles auf ihn zukommt", rät Steuerexpertin Klocke. Er ist fünf Jahre an seine Wahl gebunden. Das Finanzamt verlangt in der Regel monatliche Umsatzsteuervoranmeldungen sowie jährliche Umsatzsteuererklärungen. Außerdem ist er zur Einnahmen-Überschuss-Rechnung verpflichtet, die mit der Einkommensteuererklärung elektronisch abzugeben ist. "Das muss dann ein Steuerberater übernehmen. Wir dürfen für Gewerbetreibende nicht tätig werden, auch wenn sie in erster Linie Arbeitnehmer sind", betont Erich Nöll, Geschäftsführer des Bundesverbands Lohnsteuerhilfevereine (BVL). Das kann teuer werden: Steuerberater kosten etwa drei bis vier mal so viel wie der Service vom Lohnsteuerhilfeverein. Der gewerbliche Betrieb einer Solaranlage kann zudem Einbußen von vielen tausend Euro beim Elterngeld bringen, selbst wenn nur wenig Gewinn gemacht wird. Das hat das Bundessozialgericht vor Kurzem entschieden (Az. B 10 EG 8/15 R). Möglich sind auch Einbußen bei Rentenzahlungen sowie Nachzahlungen beim Wechsel zur Kleinunternehmerregelung. Ärger mit dem Finanzamt kann es zudem beim Kauf oder Verkauf eines Hauses mit Solarmodulen auf dem Dach geben.

Alternative Kleinunternehmer

Wer die Bürokratie und die Kosten scheut, sollte die Kleinunternehmerregelung wählen, rät Seltmann. Ohnehin sei der Steuervorteil für Unternehmer nicht mehr so groß. Wegen der sinkenden Preise für Solarmodule und Batteriespeicher sind die Anlagen inzwischen so günstig, dass sich das aufwendige Zurückholen der Vorsteuer immer weniger lohnt. Dazu kommt: Eingespeister Strom wird nicht üppig vergütet. "Wer sich jetzt für Photovoltaik entscheidet, will keine Rendite mehr machen wie früher, sondern möglichst viel Solarstrom selbst verbrauchen und Geld sparen", bekräftigt Hans Weinreuter, Energieexperte der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Wer Kleinunternehmer wird, sollte wissen: Liegt sein Umsatz mit der Photovoltaik unter 17 500 Euro im Jahr, kann er seinen Strom ohne Zahlung von Umsatzsteuer ins öffentliche Netz einspeisen. Er verzichtet aber auf die Steuervorteile des Unternehmers.

Ein Nachweis lohnt

Wer mit seiner Solaranlage keinen Gewinn macht, den Strom vor allem selbst verbraucht und die Voraussetzungen zum Kleinunternehmer erfüllt, muss sich nicht einmal aktiv beim Finanzamt melden, sagt Seltmann. Bei fehlender Gewinnerzielungsabsicht werde die Photovoltaik zur Privatsache. Seltmann empfiehlt jedoch, vorsorglich eine Kalkulation für mögliche Nachfragen aufzustellen. In dieser Wirtschaftlichkeitsprognose sollten plausibel die geschätzten Einnahmen und Kosten für einen Zeitraum von 20 Jahren aufgelistet werden. Fällt die Rechnung negativ aus, ist die Anlage steuerlich gesehen Liebhaberei, so Seltmann. Oft genüge es schon, die Stromgestehungskosten der mageren Einspeisevergütung gegenüberzustellen, um klar zu machen, dass die Anlage keinen zu versteuernden Gewinn abwirft. "Das heißt aber noch lange nicht, dass sich Photovoltaik für den Hausbesitzer nicht lohnt", sagt Seltmann. Der selbst verbrauchte Sonnenstrom bleibe trotzdem günstiger als der Strom vom Versorger.

© SZ vom 12.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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