Skurrile Wirtschaftsnews aus dem Netz:Hillary ist Citigroup

Welche Marken die US-Präsidentschaftskandidaten verkörpern, weshalb Geistliche den Aktionärsaktivismus predigen und warum in Indien die Leihmutterschaftsbranche boomt: Die skurrilsten Wirtschaftsnews aus dem Netz.

Johannes Kuhn

Mitt Romney als Blackstone

Skurrile Wirtschaftsnews aus dem Netz: Huckabee kaufen, Giuliani abstoßen.

Huckabee kaufen, Giuliani abstoßen.

(Foto: Screenshot: sueddeutsche.de)

Wahlkämpfer und Wirtschaftsunternehmen haben einiges gemeinsam: Beide versuchen sich gut zu verkaufen, kündigen ehrgeizige Zukunftsprojekte an und hoffen, dass der Kurs beim Wähler beziehungsweise an der Börse nach oben geht.

Das Internetmagazin Slate hat das begriffen - und den US-Präsidentschaftskandidaten amerikanische Marken zugeordnet. Auch wenn die Einschätzungen noch vor der Wahl in New Hampshire getroffen wurden, bringen sie einige interessante Paarungen.

So gleicht nach Slate-Ansicht der demokratische Kandidat Barack Obama einem Unternehmen aus dem alternativen Energiesektor, das Risikokapital aus dem Silicon Valley anspricht und vor allem bei jungen Kunden sehr beliebt ist. Hillary Clinton verkörpert hingegen Citigroup. Zwar hat sie ihre Probleme - in dem Fall Obamas Aufstieg in der Wählergunst - ebenso wenig vorhergesehen wie die Citi-Verantwortlichen die Immobilienkrise; weil sie jedoch über eine starke Wahlkampforganisation, viel Geld und den Ruf der Verlässlichkeit verfügt, kann sie weiter auf den Sieg hoffen.

Bei den Republikanern vergleicht Slate Mitt Romney mit Blackstone: Obwohl beider Kurs am Boden ist, darf man den ehemaligen Gouverneur von Massachusetts ebenso wenig abschreiben wie die Investmentfirma von Stephen Schwarzman. Reichlich Reserven und ein Schuss Rücksichtslosigkeit können Romney wie auch Blackstone wieder zurück an die Spitze bringen.

Eine Verkaufsempfehlung erhält New Yorks Ex-Bürgermeister Rudy Giuliani, der wegen seiner Skandale und der falschen Strategie - er ließ die beiden ersten Vorwahlen praktisch sausen - mit dem krisengeschüttelten Investmenthaus Bear Stearns verglichen wird.

Arizonas Senator John McCain hingegen gleicht dem Autohersteller General Motors: Am heimischen Markt eher schwach, helfen die Verkäufe im Ausland - für McCain ist das außenpolitische Irak-Thema Gold wert. Vielleicht ein gutes Omen für McCain: Die nächsten Vorwahlen der Republikaner finden in Michigan statt, dem Heimatstaat von General Motors.

Hillary ist Citigroup

Rupert, Alexis, Abu Dubai

Skurrile Wirtschaftsnews aus dem Netz: Fox Business News: Wirtschaftsnachrichten und unfreiwilliger Humor.

Fox Business News: Wirtschaftsnachrichten und unfreiwilliger Humor.

(Foto: Screenshot: sueddeutsche.de)

2007 machte US-Medienmogul Rupert Murdoch nicht nur mit dem Kauf des Wall Street Journals Schlagzeilen: Sein neuer Wirtschaftssender Fox Business News (FBN) war für den Australier das zweite große Projekt des vergangenen Jahres.

Der Erfolg des Senders hält sich bislang in Grenzen: So berichtet die New York Times, dass zwischen Oktober und Dezember 2007 durchschnittlich nur 6300 Zuschauer einschalteten - der etablierte Konkurrent CNBC erreichte 283.000 Menschen. Fox-Sprecher werden nicht müde zu betonen, dass sich FBC erst in der Startphase befinde. Die lief allerdings nicht ohne Pannen ab.

So gab es im November den wirtschaftsjournalistischen Moment des Jahres 2007 zu erleben. Moderatorin Alexis Glick verkündete einen überraschenden Deal: Der US-Technologiekonzern Apple habe einen acht-Prozent-Anteil am Chiphersteller AMD, einem großen Intel-Konkurrenten, erstanden.

Während Glick, Co-Moderator Peter Barnes und Analyst Charles Payne den Einstieg als schlaue Geschäftspolitik priesen, erhielt die Moderatorin einen Hinweis aus der Regie. Prompt verbesserte sie sich: "Lassen Sie mich korrigieren...Es handelt sich beim Käufer um Abu Dubai".

Leider war auch das falsch - war es doch kein vermeintlich unbekanntes arabisches Kartell namens Abu Dubai, das sich die AMD-Anteile sicherte, sondern um die Tochter einer staatlichen Investmentgesellschaft des Emirates Abu Dhabi.

Hillary ist Citigroup

Skurrile Wirtschaftsnews aus dem Netz: Moderator Clarkson: Schmerzhafter Lerneffekt.

Moderator Clarkson: Schmerzhafter Lerneffekt.

(Foto: Screenshot: sueddeutsche.de)

Hochmut kommt vor dem Identitätsdiebstahl

Wenn Konsumenten Details ihrer Bankverbindung im Internet wiederfinden, ergreift sie im Normalfall Panik. TV-Moderator Jeremy Clarkson hingegen vertraute darauf, dass Identitätsdiebstahl ein Hirngespinst der Medien ist.

Als die britische Steuerbehörde im November CDs mit den Daten von 25 Millionen Kindergeldempfängern verlor, kanzelte der Moderator des Automagazins Top Gear die Aufregung als unbegründet ab. Zum Beweis veröffentlichte er in seiner Kolumne für die Boulevardzeitung Sun seine Kontonummer, die Bankleitzahl und gab den Lesern Hinweise, wie sie seine Adresse herausfinden könnten. "Sie werden mir damit Geld überweisen können, sonst nichts. Ehrlich, ich habe noch nie so ein Palaver über Nichts gehört."

Einige Wochen später muss sich Clarkson eines Besseren belehren lassen: Ein Leser hatte anhand der Daten das Konto des Moderators mit einer 500-Pfund-Spende für eine britische Diabetes-Organisation belastet.

"Die Bank kann wegen der Datenschutzgesetze nicht herausfinden, wer das getan hat und sie können nicht verhindern, dass es nochmal passiert", gab sich Clarkson in einem BBC-Interview zerknirscht, "Ich habe mich geirrt und wurde nun für meinen Fehler bestraft."

Hillary ist Citigroup

Skurrile Wirtschaftsnews aus dem Netz: Moral als Investitionsanreiz.

Moral als Investitionsanreiz.

(Foto: Screenshot: sueddeutsche.de)

Kirchliche Übernahmeträume

Während Aktionärsaktivismus in den letzten Jahren vor allem eine Sache von Banken, Großanlegern und Investorengruppen war, will nun ausgerechnet ein Geistlicher den Einfluss kleiner Aktionäre auf die Konzerne stärken.

Ken Hutcherson steht der Antioch Bible Church in Redmond, einem Vorort von Seattle, vor. Weil dort auch der Sitz der Microsoft-Zentrale ist, wirft der Pastor einen kritischen Blick auf die Aktivitäten des Softwareunternehmens.

So protestierte der als äußerst konservativ geltende Geistliche 2005 lautstark gegen Microsofts Unterstützung für ein Gesetz, das die Diskriminierung homosexueller Arbeitnehmer im Bundesstaat unter Strafe gestellt hätte.

Um nun innerhalb des Unternehmens moralisches Handeln zu fördern, hat Hutcherson gemeinsam mit anderen konservativen Predigern die Investmentfirma AGN Financial Network gegründet. Die Geschäftsidee: Jeder Unterstützer soll drei Aktien eines Unternehmens kaufen und eine davon der religiösen Finanzfirma schenken, die dadurch ihren Einfluss auf die Geschäftspolitik vergrößern kann.

Ob die Idee bei Microsoft, dem ersten Ziel der Aktionärsaktivisten, aufgeht? Nach Berechnungen des Seattle Post Intelligencer müssten 31 Millionen Menschen 104 Dollar für die drei Aktien ausgeben, um ein einziges Prozent am Softwareriesen zu erwerben. Selbst Gründer Bill Gates' 858 Millionen Aktien machen nur einen Anteil von neun Prozent an dem Unternehmen aus.

Hillary ist Citigroup

Skurrile Wirtschaftsnews aus dem Netz: Kritiker sprechen von Ausbeutung.

Kritiker sprechen von Ausbeutung.

(Foto: Screenshot: sueddeutsche.de)

Boom in der Leihmutterbranche

Nachdem in den USA bereits Call-Center und Schönheitsoperationen nach Indien verlagert werden, treibt das Outsourcing nun weitere Blüten - und hat eine ganz neue Berufsgruppe entstehen lassen: professionelle Leihmütter.

Während Leihmutterschaft oder deren Vermittlung in Deutschland verboten ist, gibt es in den USA in dieser Hinsicht keine Beschränkungen. Das Problem: Eine andere Frau das eigene Kind gebären zu lassen, bedeutet einen hohen bürokratischen Aufwand und verursacht reichlich Kosten.

Während ein Paar in den USA für eine Leihmutter bis zu 80.000 Dollar ausgeben muss, sind solche Dienste in Indien für 6000 bis 10.000 Dollar zu haben. Immer mehr amerikanische Paare wählen deshalb die Alternative auf dem asiatischen Kontinent, wo immer mehr Frauen darin eine willkommene Möglichkeit sehen, Geld zu verdienen um der Armut zu entkommen.

Während Kritiker von Ausbeutung reden, sprechen Befürworter von einer sicheren Gesetzeslage, die den Müttern eine Bezahlung garantiere, die im Bereich der Jahresgagen indischer Projektmanager liegt. Inzwischen, berichtet NPR, haben sich bereits einige Kliniken auf die Vermittlung und Betreuung von Leihmüttern spezialisiert.

Hillary ist Citigroup

Skurrile Wirtschaftsnews aus dem Netz: Subprime schlägt den Googleganger.

Subprime schlägt den Googleganger.

(Foto: Screenshot: sueddeutsche.de)

Hypothekenkrise in der Linguistik

Nun hat die Hypothekenkrise sogar die Linguisten erfasst. Nein, kein Institut für Sprachwissenschaft muss seinen Platz räumen, weil Universitäten ihre Zinsen nicht mehr bedienen können: Die "American Dialect Society" hat das Wort "subprime" zum Wort des Jahres gekürt.

Subprime wird im Deutschen gerne mit "minderwertige Hypothekenkredite" übersetzt und wurde laut eines Sprechers gewählt "weil es inzwischen alle möglichen Menschen an den verschiedensten Orten" betreffe.

Die Auswahl sei auch ein Zeichen für "die wachsende Besorgnis über die Immobilienkrise", zitiert CNN.

Subprime landete vor den Begriffen "green" (umweltverträglich), Facebook und Googleganger (die Treffer, die eine Internet-Suche nach dem eigenen Namen ausspuckt). Bleibt nur zu hoffen, dass das Wort "recession" in der Auswahl für das Jahr 2008 keine Rolle spielen wird.

(sueddeutsche.de/mah)

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