Skandinavien :Für Verbrecher und Omas

In Dänemark dürfen Einzelhändler bald Bargeld verweigern. Die skandinavischen Länder sind am weitesten bei der Abschaffung - Bargeld sei nur noch etwas für Verbrecher und Omas.

Von Harald Freiberger, Frankfurt

Wenn es um die Abschaffung von Bargeld geht, blicken die Experten gern nordwärts. Nirgendwo in Europa sind Münzen und Scheine so auf dem Rückzug wie in den skandinavischen Ländern. Und nirgendwo zahlen die Bürger so häufig mit Kreditkarte oder Bankkarte wie in Schweden oder Dänemark. Dort wird nur noch rund ein Viertel aller Einkäufe bar abgewickelt. Zum Vergleich: In Deutschland sind es 80 Prozent, wenn man auf die Zahl der Transaktionen blickt und gut 50 Prozent, wenn man den Umsatz zugrunde legt.

In Schweden dagegen kann man sogar Obdachlosen ihre Zeitung per Kreditkarte abkaufen, manche Kirchenkollekte läuft digital ab. In vielen Einzelhandelsgeschäften, Bussen und Bahnen lässt sich überhaupt nicht mehr mit Münzen und Scheinen zahlen. Die Einzigen, die noch Bargeld brauchten, seien Verbrecher und Omas, meinte vor kurzem ein Vertreter der Bankengewerkschaft.

Der prominenteste Bargeld-Gegner Schwedens ist der Abba-Musiker Björn Ulvaeus. Bei seinem Sohn wurde zweimal nacheinander eingebrochen. Seine Logik: Ohne Cash gäbe es keine Hehler und keine Verbrechen mehr. "Für alle Aktivitäten in der illegalen Wirtschaft braucht man das Bargeld", sagt er. "Stellen Sie sich vor, das gäbe es nicht mehr."

Wer in Dänemark seinen Kaffee bar bezahlen will, wird schon mal schief angeschaut. In dem Königreich gab es Anfang Mai auch einen spektakulären Vorstoß zur Eindämmung des Bargelds: Die Regierung brachte einen Gesetzesvorschlag ein, wonach bestimmte Läden vom gesetzlichen Zwang, Münzen und Scheine anzunehmen, befreit werden sollen. Speziell geht es um Restaurants, Tankstellen und kleine Läden (außer sie verkaufen Nahrungsmittel). Solche Geschäfte können die Kunden künftig auffordern, mit Karte zu zahlen und die Annahme von Barem verweigern.

Das Gesetz muss noch durch das Parlament, aber niemand zweifelt daran, dass es durchkommt. Es gilt jedoch nicht für große Supermärkte, Nahrungsmittelgeschäfte, Krankenhäuser, Ärzte und Apotheken; diese müssen Bares akzeptieren.

Die Gründe der Regierung sind pragmatischer Natur. So führte der Finanzminister an, dass die Nutzung von Bargeld den Unternehmen unnötige Kosten aufbürde, etwa für das Beschaffen, das Zählen und den Transport durch Sicherheitsunternehmen. Deshalb war der Vorstoß Teil eines Gesetzespakets, mit dem die Regierung die Konjunktur ankurbeln will.

Auch die dänische Notenbank nimmt Bargeld nicht mehr so wichtig. Sie kündigte bereits an, dass sie von Ende 2016 an keine Banknoten mehr drucken und keine Münzen mehr prägen will. Es gebe einfach nicht mehr genügend Bedarf dafür. Und im Falle des Falles sollen dann private Dienstleister das Drucken und Prägen übernehmen.

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