S&K:Wilde Partys, wilde Immobilien

Kommende Woche beginnt eines der größten Wirtschaftsverfahren der deutschen Geschichte: Die S&K-Manager Stephan Schäfer und Jonas Köller stehen vor Gericht.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Die Wagen der Polizei fuhren am Morgen des 19. Februar gegen 10 Uhr in der Frankfurter Kennedyallee bei Haus Nummer 123 vor. Dort hatte die Immobiliengruppe S&K ihren Hauptsitz. Die beiden Unternehmensgründer Stephan Schäfer und Jonas Köller, deren Initialen des Nachnamens der Firma ihr Logo gegeben haben, wurden festgenommen. Der Verdacht: schwerer Betrug. Es kam damals bundesweit zu 130 Durchsuchungen mit Schwerpunkten in Hessen, Hamburg und Bayern. Allein in Frankfurt beschlagnahmten die Beamten aus dem Büro kistenweise Akten, die zwei Lastwagen füllten. Diese Papiere bildeten die Grundlage für eines der größten Wirtschaftsstrafverfahren in der deutschen Nachkriegsgeschichte, das nun beginnt.

Das Landgericht Frankfurt hat das Hauptverfahren gegen die Verdächtigen eröffnet. Erster Verhandlungstag ist der Donnerstag. Die beiden Unternehmensgründer, ein leitender Angestellter der S&K-Unternehmensgruppe sowie drei Unternehmer müssen sich wegen bandenmäßigen Betrugs und Untreue vor Gericht verantworten. Die Anklageschrift umfasst 3150 Seiten. Verlesen wird der konkrete Anklagesatz mit rund 1700 Seiten.

Tausende Anleger sind betroffen. Der Schaden beträgt mindestens 240 Millionen Euro

Den Angeklagten, die seit ihrer Verhaftung vor gut zweieinhalb Jahren in Untersuchungshaft sitzen, wird vorgeworfen, mit einem Schneeballsystem mehrere tausend Anleger geprellt zu haben. Dabei sei ein Schaden von mindestens 240 Millionen Euro entstanden. Ihnen droht eine Haftstrafe von bis zu 15 Jahren.

S&K war auf dem Immobilienmarkt aktiv. Damals, im Jahr 2008, begann die globale Finanzkrise. Die Aktienkurse fielen, und die Welt stürzte in eine Rezession. Immobilien, so das Versprechen der Anlagefirma, seien "rentabel und sicher". In ihren Selbstporträts trug die S&K-Unternehmensgruppe dick auf. Man bezeichnete sich als Marktführer in der Immobilienbranche und versprach bei einem "konservativen" Geschäftsmodell Renditen von "20 Prozent und über 100 Prozent trotz überschaubar geringem Risiko".

Skrupellose S&K-Vermittler brachten diese windigen Versprechen unter die Leute. Angetrieben von hohen Provisionen, überredeten sie ihre Kunden auch, Lebensversicherungspolicen zu veräußern und mit dem Geld stattdessen S&K-Produkte einzukaufen. Binnen kurzer Zeit wurden so Lebensversicherungspolicen im Volumen von 40 Millionen Euro gekündigt. Betroffen sind 1300 Anleger.

Die beiden Hauptangeklagten pflegten einen Hang zur Selbstinszenierung. So sponserten sie Golfturniere, veröffentlichten Schnappschüsse, auf denen sie Politikern die Hand schütteln und bemühten sich um Aufnahme in Verbände. Dazu schmückte sich einer der Angeklagten zu Unrecht mit einem Doktortitel. Das viele Geld stieg den Männern zu Kopf. Wilde Partys mit Hostessen, die fürstlich bezahlt wurden, machten S&K in der Szene bekannt. Sie sammelten teure Uhren, Autos und Immobilien. In einem Video filmten sich die beiden Angeklagten mit dicken Bündeln aus 500-Euro-Scheinen in der Hand. Bei besonders ausgelassener Stimmung warfen sie die Scheine durch die Luft.

S&K machte zweierlei Geschäfte: Zum einen erwarb die Gesellschaft geschlossene Immobilienfonds anderer Anbieter, besonders solcher Fondsgesellschaften, die über einen hohen Bargeldanteil verfügten. Das Ziel war es, dieses Bargeld zu kassieren, obwohl die Beträge eigentlich für Immobilieninvestments vorgesehen waren. Dazu sollten nach der Übernahme der Fondsgesellschaft die Gesellschafterverträge entsprechend geändert werden. "Das vorhandene Bargeld der Sparer sollte dann als Darlehen an die S&K vergeben werden, die versprach als Sicherheit für die Investoren Grundbucheinträge auf bestimmte Immobilien", sagt ein Insider.

Um das Schneeballsystem aufrecht zu erhalten, benötigte S&K immer neue Spargelder. So konnten Anleger, die aus der Investition aussteigen wollten, ausbezahlt werden, was den Eindruck erzeugte, alles gehe mit rechten Dingen zu. Doch irgendwann blieb dieser Zufluss aus, in einschlägigen Internetforen kamen die ersten Gerüchte auf, bei S&K sei etwas faul.

Unterdessen finanzierten die beiden Angeklagten mit den Anlegergeldern ihr Leben im Luxus. Dabei ist ein Großteil des Geldes, um das S&K die Anleger geprellt haben soll, bis heute nicht aufgetaucht. Die Ermittler gingen Hinweisen nach, Schäfer und Köller könnten Millionen Euro in den Gärten ihrer Villen vergraben haben. Doch die Suche war vergeblich. Man hat nichts gefunden.

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