S&K-Prozess:Grins nicht so!

S&K-Betrugsprozess in Frankfurt

Dem Angeklagten Stephan S. werden im Gerichtssaal die Fußfesseln abgenommen.

(Foto: Arne Dedert/dpa)
  • In Frankfurt ist der Prozess um die mutmaßlichen Millionenbetrügereien der Kapitalanlagefirma S&K gestartet.
  • Die Hauptangeklagten sind die Gründer der Firmengruppe, Stephan Schäfer und Jonas Köller.
  • Sie sollen Immobilienanleger um rund 240 Millionen Euro geprellt haben.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Es war nicht das erste Mal, dass der Vorsitzende Richter Alexander El Duwaik meinte, es sei Zeit, an die Vernunft der beiden Parteien zu appellieren. Er forderte Staatsanwaltschaft und Verteidiger auf, "bei allen Vorbehalten angemessen miteinander umzugehen". Im Prozess um die mutmaßlichen Millionenbetrügereien der Kapitalanlagefirma S&K waren beiden Seiten soeben aneinandergeraten. Wie schon so oft.

In den Scharmützeln geht es um die Sache, doch hin und wieder kippt die Auseinandersetzung fast schon ins Persönliche. Dann etwa, wenn der bekannte Frankfurter Strafverteidiger Ulrich Endres den Staatsanwalt anherrscht, mit dem "Grinsen" aufzuhören und sich über dessen "zarte" Stimme mokiert. Der so angegriffene Staatsanwalt Thorsten Haas ist die Ruhe selbst und pflegt mit einem freundlichen Lächeln im Gesicht einen verbindlichen, aber bissigen Argumentationsstil.

In einem Strafverfahren sind Staatsanwalt und Verteidiger immer Gegenparteien, doch vor dem Landgericht Frankfurt prallen in einem der größten Wirtschaftsstrafverfahren der bundesdeutschen Geschichte wohl auch selbstbewusste Charakterköpfe aufeinander. Richter El Duwaik forderte daher, der Prozess solle "nicht in eine persönliche Auseinandersetzung" münden.

"Eröffnungsspektakel"

Vor Gericht müssen sich sechs Angeklagte wegen Betruges und Untreue im besonders schweren Fall verantworten. Die Hauptangeklagten sind die Gründer der S&K-Firmengruppe, Stephan Schäfer, 36, und Jonas Köller, 34. Sie sollen Immobilienanleger um rund 240 Millionen Euro geprellt haben. Alle Angeklagten sitzen seit Februar 2013 in Untersuchungshaft. Aus der Anklageschrift müssen über 1700 Seiten verlesen werden. Das dauert Wochen. Doch an den ersten drei Verhandlungstagen konnte man damit noch nicht einmal beginnen. Es ging um ganz andere Dinge.

Die Verteidiger stellten Anträge: Mal war es ein Befangenheitsantrag gegen die drei Berufsrichter. Mal wurde gerügt, dass einer der berufenen Schöffen und die gesamte Kammer für den Prozess gar nicht zuständig seien. Dann wurde beantragt die Verhandlung auszusetzen, weil den Angeklagten nicht die notwendige Akteneinsicht gewährt worden sei. Einer der Anträge, die verlesen wurden, hatte einen Umfang von 137 Seiten. Selbst einer der Verteidiger sprach am Donnerstag von einem "Eröffnungsspektakel".

Dennoch gab es am selben Tag noch den Antrag, dass die Staatsanwaltschaft eine neue Anklageschrift verfassen solle. Die aktuelle Fassung sei zu wertend und suggestiv, und eine solche "Beweiswürdigung" in der Anklageschrift sei nicht rechtens. Die Angeklagten würden vorab an den Pranger gestellt, was die Unvoreingenommenheit der Schöffen beeinflussen könnte. Ein weiterer Antrag enthält die Forderung, bestimmte Teile der Anklageschrift nicht zu verlesen. Hintergrund: Für zwei der Angeklagten sind einige Anklagepunkte nicht verfahrensrelevant. Folglich sollten diese Teile auch nicht vorgetragen werden, so die Anwälte.

Mancher im Publikum empfindet dieses juristische Geplänkel als Zumutung. Eine Frau mit kurzen weißen Haaren, knapp über 60 Jahre alt, wie sie sagt, beschimpft einen der Angeklagten laut. Später, während einer Verhandlungspause, berichtet sie, wie sie S&K vertraut habe und ihr eigenes Geld dabei verlor. Zudem habe sie auch Verwandte und Freunde überredet, dort zu investieren. Sie schäme sich sehr. Insgesamt sollen rund 11 000 Anleger ihr Geld verloren haben. Andere im Publikum muntern die Hauptangeklagten mit Daumen-hoch-Zeichen immer wieder auf. Einem wurde sogar ein Stück Schokolade zugesteckt, was der Richter später rügte.

Das Verfahren wird mindestens ein Jahr dauern. Die Öffentlichkeit hat ihr Urteil bereits weitgehend gefällt, seit Filme aufgetaucht sind, in denen die beiden Hauptangeklagten mit dicken Bündeln von 500 Euro-Scheinen posieren. Die beiden haben sich unzählige Luxusautos sowie teure Immobilien und Reisen geleistet, mutmaßlich mit dem Geld der vielen Privatanleger. Ab 2012 kam der Verdacht auf, es könne sich bei S&K um ein Schneeballsystem handeln. Ein Großteil des Geldes ist bisher noch nicht gefunden worden. Die Verhandlung wird am Freitag fortgesetzt.

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