Siemens-Vorstand leert sich:Eins, zwei, drei - und raus

Nach Siemens-Chef Klaus Kleinfeld müssen auch die Konzernvorstände Jürgen Radomski und Johannes Feldmayer gehen.

Markus Balser und Klaus Ott

Schon seit einiger Zeit wurden die beiden Top-Manager als Wackelkandidaten in der Siemens-Spitze gehandelt. Nun erfasst die harte Welle bei der Aufklärung der Siemens-Affäre auch die Zentralvorstände Jürgen Radomski und Johannes Feldmayer. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung werden ihre Verträge nicht verlängert. Sie müssen das Unternehmen verlassen. Im Aufsichtsrat gebe es Einvernehmen über die Trennung von den beiden Top-Managern, verlautete am Freitag aus dem Kontrollgremium. Beide Verträge laufen in diesem Jahr aus. Feldmayer war Europachef, Radomski ist Personalvorstand.

Siemens-Vorstand leert sich: Eins, zwei, drei - und raus
(Foto: Foto: dpa)

Nach dem Rücktritt von Aufsichtsratschef Heinrich von Pierer und dem angekündigten Rückzug von Konzernchef Klaus Kleinfeld führt die Aufarbeitung der Affäre damit zu weiteren Konsequenzen. Die von Siemens mit der internen Untersuchung der Skandale beauftragte US-Kanzlei Debevoise & Plimpton hat den Aufsichtsrat in dieser Woche über belastende Erkenntnisse aus Radomskis Aufgabenbereich informiert, wie aus dem Gremium zu erfahren war.

Radomski ist bei Siemens unter anderem für die Anti-Korruptionseinheit Compliance zuständig. Sie war in den vergangenen Monaten wegen einer angeblich mangelhaften Aufklärung von Schmiergelddelikten in die Kritik geraten. Der neue Aufsichtsratschef Gerhard Cromme wollte sich auf Anfrage der SZ am Freitag nicht zu Radomski und Feldmayer äußern. Auch ein Siemens-Sprecher lehnte einen Kommentar zu diesen Personalfragen ab.

Radomskis Vertrag läuft zum 31. Dezember diesen Jahres aus. Teile des Aufsichtsrates als auch Mitglieder des Zentralvorstands hatten sich nach Informationen der SZ bis vor kurzem dafür eingesetzt, den Vertrag des 65-Jährigen trotz Erreichens der Altersgrenze noch einmal zu verlängern. Radomski galt bislang im Konzern als einer der einflussreichsten Zentralvorstände. Im höchsten Siemens-Führungsgremium ist er außer für die Anti-Korruptionseinheit auch für Personalfragen sowie für die Konzernsparten Medizintechnik und den Lichtkonzern Osram verantwortlich.

Nach Angaben aus dem Kontrollgremium ist auch klar, dass Johannes Feldmayer nicht in den Vorstand zurückkehren und keinen neuen Vertrag erhalten wird. Der 50-jährige war im März verhaftet und saß eine Woche in Untersuchungshaft. Er hatte sich damals beurlauben lassen. "Sein Vertrag wird definitiv nicht verlängert", sagt ein Aufsichtsrat am Freitag der SZ. Feldmayer ist in die Affäre um die verdeckte Finanzierung der Arbeitnehmer-Organisation AUB verwickelt. Sein Vertrag läuft Ende September aus. Der gebürtige Augsburger mit dem markanten Schnurrbart und dem leicht angegrauten Haar hatte bis zur AUB-Affäre zur Riege der jüngeren Vorstände gezählt, denen noch einiges zugetraut wurde. Er hatte sogar als Kandidat für den Vorstandsvorsitz gegolten, ehe Klaus Kleinfeld das Rennen machte.

Feldmayer war mit 23 Jahren zu Siemens gekommen. Nach einer kaufmännischen Lehre studierte er in Frankreich und machte anschließend Karriere. 1999 rückte der gebürtige Augsburger in den Vorstand der Sparte Automatisierung und Antriebstechnik auf. Dort unterschrieb er im Januar 2001 einen Beratervertrag mit dem damaligen AUB-Vorsitzenden Wilhelm Schelsky. Diese Unterschrift wird ihm jetzt zum Verhängnis. Nach Erkenntnissen aus einem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth nutzte Schelsky die hohen Siemens-Honorare weitestgehend für die arbeitgeberfreundliche AUB, mit deren Hilfe der Konzern die IG Metall bekämpfte. Allein der Vertrag von 2001 hat dem AUB-Chef bis Ende 2006 nach und nach rund 40 Millionen Euro gebracht.

Die Ermittler werfen Feldmayer vor, er habe bei der Unterzeichnung des Abkommens mit Schelsky genau gewusst, dass die angeblichen Beraterhonorare in Wirklichkeit für die AUB bestimmt gewesen seien. So steht es im Durchsuchungsbeschluss für eine Razzia Ende März, bei der Feldmayer verhaftet und für eine Woche ins Gefängnis gesteckt worden war. Gegen eine Kaution von fünf Millionen Euro kam der 50-jährige dann wieder frei, der Haftbefehl wurde außer Vollzug gesetzt. Für 4,5 dieser fünf Millionen Euro hat sich Siemens verbürgt.

Der Konzern ließ sich nach eigenen Angaben von Feldmayer im Gegenzug umfangreiche Garantien geben. Der Manager musste zusichern, an der Aufklärung des AUB-Skandals vollständig mitzuwirken. Und sollte sich am Ende herausstellen, dass er seine Dienstpflichten verletzt hat, dann muss er alle Schäden ersetzen, die Siemens dadurch anstanden sein könnten. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Untreue, das könnte teuer für Feldmayer werden.

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