Siemens-Vorstand:Der Chef krempelt den Vorstand um

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Siemens-Chef Peter Löscher beruft jüngere Top-Manager in Spitzenposten. Vier ältere Kräfte müssen gehen.

Von Markus Balser und Thomas Fromm

Siemens-Chef Peter Löscher und Aufsichtsratschef Gerhard Cromme wollen die Führungsspitze des Technologiekonzerns neu ordnen. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung sollen Wolfgang Dehen, Erich Reinhardt und Heinrich Hiesinger künftig die drei Geschäftsgebiete von Siemens leiten. Andere Top-Manager sollen gehen.

Nach Angaben aus Konzernkreisen stehen bei der Sitzung des Kontrollgremiums am kommenden Mittwoch etliche wichtige Personalien auf der Tagesordnung.

Siemens hatte im Oktober angekündigt, die bisherige Bereichsstruktur des Konzerns zum 1. Januar 2008 komplett neu zu ordnen und durch die drei neuen Sektoren Energie, Industrie und Healthcare (Gesundheit) zu ersetzen. Der Konzern habe nun entschieden, wer die einflussreichen Posten erhalten soll, hieß es.

Überraschungskandidat für die Energiesparte

Wolfgang Dehen gilt demnach als Wunschkandidat der Konzernspitze für die Energie-Sparte. Er hat früher den an Conti verkauften Automobilzulieferer VDO geleitet. Die Wahl Dehens wäre eine Überraschung: Der Manager hat bislang noch nicht im Energiegeschäft gearbeitet und sich vor allem im Autozuliefergeschäft einen Namen gemacht.

Heinrich Hiesinger soll die Industriesparte von Siemens leiten. Er war ursprünglich als Personalvorstand vorgesehen. Die Industriesparte wird künftig mit einem Umsatz von 40 Milliarden Euro der größte und wichtigste Bereich bei Siemens sein.

Damit kommt Hiesinger eine Schlüsselrolle im Konzern zu. Medizintechnik-Chef Erich Reinhardt ist für die Leitung des neuen Gesundheitssektors vorgesehen. Personalvorstand und verantwortlich für die rund 470.000 Siemens-Beschäftigten soll als Nachfolger von Jürgen Radomski Siegfried Russwurm werden - derzeit noch Mitglied des Bereichsvorstands in der Medizintechnik-Sparte von Siemens.

Offenbar will die Konzernführung den Umbau zu einem personellen Neuanfang nutzen. Denn den Angaben zufolge sollen andere Vorstände ihre Posten verlieren. Demnach sollen die Vorstände Eduardo Montes und Rudi Lamprecht aus dem Amt scheiden.

Ihre Verträge laufen im Frühjahr 2009 aus. Bereits angekündigt ist der Abgang von Personalvorstand Jürgen Radomski. Bekannt ist außerdem schon, dass die Verträge der Vorstände Uriel Sharef und Klaus Wucherer, die im März 2008 enden, nicht verlängert werden sollen.

Auf diese Weise wollen Löscher und Cromme den Umbau dazu nutzen, jüngeren internen Managern den Vorzug bei der Besetzung der künftigen Sektoren-Chefs zu geben.

"Cromme und Löscher sind entschlossen, mit einer weitgehend erneuerten Mannschaft die angekündigte Neuorganisation des Unternehmens anzugehen", heißt es. Eine "umfassende Neuorganisation" brauche "neue Leute".

Unklar sei, ob der Konzern andere Aufgaben für seine Spitzenmanager suchen wolle. So sei für den Spanier Montes ein Posten in einer Regionalgesellschaft im spanischsprachigen Raum im Gespräch, hieß es aus dem Aufsichtsrat.

Aus Kreisen des Aufsichtsrats verlautete am Freitag allerdings, die Neubesetzung der Vorstandsposten stünde noch unter dem Vorbehalt der Korruptionsaufklärung durch die externen Ermittler der US-Kanzlei Debevoise.

Fragezeichen hinter Reinhardt

Zwar sei Vorstand Hiesinger als Chef der künftig größten Sparte Industrie gesetzt, weil er bei der Berufung in das höchste Führungsgremium von den Amerikanern bereits durchleuchtet worden war.

Zweifel gibt es aber noch an der Prüfung von Medizintechnik-Chef Reinhardt. "Debevoise arbeitet noch mit Hochdruck an der Klärung", sagte ein Kontrolleur der SZ. Mit Ergebnissen werde erst Anfang der kommenden Woche gerechnet.

Der Konzern hatte bei der Präsentation seiner Jahresbilanz im Zusammenhang mit dem Korruptionsskandal auf ein dubioses Konto im Bereich Medizintechnik hingewiesen. "Wir werden uns die Ergebnisse sehr genau anschauen", hieß es aus dem Kontrollgremium.

Auch Dehens Sparte VDO war vor dem Verkauf an Continental im Sommer bereits durchleuchtet worden. Bis auf "Kleinigkeiten" habe man nichts gefunden, hieß es. Deshalb gelte eine Warnung von Debevoise als unwahrscheinlich, hieß es aus dem Umfeld des Gremiums.

Der Konzern will im Vorfeld der Abstimmung über die zukünftige Aufstellung der Sparten sowie die Personalentscheidungen in Vorgesprächen mit Aufsichtsräten für seine Vorschläge werben.

© SZ vom 24.11.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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