Siemens: Nach der Festnahme:Der Grieche plaudert

Gegen den früheren Siemens-Manager Michael Christoforakos wird nach einem Geständnis auch in München ermittelt - er weiß viel über die Schmiergelddelikte.

Klaus Ott

Seit bald vier Jahren schon ermittelt die Münchner Oberstaatsanwältin Hildegard Bäumler-Hösl im Korruptionsfall Siemens, aber so ein Verhör wie in dieser Woche hat sie noch nicht erlebt. Tagelang vernahm die akribische Ermittlerin den früheren Chef von Siemens in Griechenland, Michael Christoforakos; erst als Zeugen, dann als Beschuldigten. Der Mann aus Athen hat nach Informationen der Süddeutschen Zeitung ein Geständnis abgelegt, gegen ihn wird nun in München wegen Bestechung und anderer Vergehen ermittelt.

Siemens: Nach der Festnahme: Michael Christoforakos - packt er aus?

Michael Christoforakos - packt er aus?

(Foto: Foto: AP)

Während Christoforakos zugab, an Schmiergelddelikten beteiligt gewesen zu sein, hielten Kamerateams von griechischen Fernsehsendern von der Straße aus eifrig ihre Objektive auf das Vernehmungszimmer. Am liebsten hätten die TV-Stationen das Verhör wohl live übertragen. Schließlich könnte Christoforakos mit seinen Aussagen über Schmiergeldzahlungen an Parteien und Minister in seiner Heimat dort für große Aufregung sorgen.

Festnahme in Oberbayern

Der Ex-Chef von Siemens Hellas, des griechischen Ablegers des weltweit agierenden Industriekonzerns, war Mitte Mai aus seiner Heimat geflohen und vor zwei Wochen in Oberbayern festgenommen worden. Aufgrund eines internationalen Haftbefehls sitzt der Mann aus Athen, der auch einen deutschen Pass hat, nun in München-Stadelheim im Gefängnis. Und hier wird er wohl noch länger bleiben, statt nach Griechenland ausgeliefert zu werden. Der Deutsch-Grieche hat sich, aus gutem Grund, bei Oberstaatsanwältin Bäumler-Hösl selbst belastet. Im für ihn günstigsten Fall dürfte er als bundesdeutscher Staatsbürger in der Causa Siemens, wie schon andere ehemalige Konzernmanager vor ihm, in München zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt werden.

Wegen derselben Delikte könnte er dann in Athen nicht noch einmal vor Gericht gestellt werden. Dort würde dem 53-Jährigen ansonsten eine lebenslange Haft drohen. Christoforakos ist seinem Ziel, nicht zurück in seine Heimat geschickt zu werden, ein ganzes Stück näher gekommen. Doch auch die Münchner Staatsanwaltschaft könnte von dem neuen Ermittlungsverfahren profitieren.

Der Ex-Chef von Siemens Hellas weiß viel. Und das nicht nur über Schmiergeldempfänger in seiner Heimat, sondern auch über frühere Vorstände von Siemens, die in die kriminellen Machenschaften verwickelt sein sollen. Es ist anzunehmen, dass Christoforoakos zumindest teilweise über ehemalige Top-Manager ausgepackt hat. Warum sonst hätte die Münchner Justiz ein eigenes Verfahren gegen ihn einleiten sollen, statt ihn den Kollegen in Athen zu überlassen? Offiziell gibt es solche Absprachen natürlich nicht, inoffiziell dagegen schon.

"Stillschweigen vereinbart"

Oberstaatsanwältin Bäumler-Hösl ermittelt strafrechtlich gegen vier ehemalige Siemens-Vorstände, weitere frühere Top-Manager könnten hinzukommen. Was Christoforakos den Ermittlern alles erzählt hat, ist derzeit nur in Umrissen zu erfahren. Seine Münchner Anwälte Stefan Kursawe und Daniel Peter äußern sich nicht. Die beiden Verteidiger sagen, "wir haben mit der Staatsanwaltschaft Stillschweigen vereinbart, und daran halten wir uns auch". Auch die Staatsanwaltschaft gibt keine Erklärungen ab.

Über Vertraute von Christoforakos in Athen sickert aber manches durch. Nach Informationen der griechischen Zeitung Kathimerini hat der frühere Siemens-Manager Zahlungen an die beiden großen Parteien zugegeben, die sozialistische Pasok und die konservative Nea Dimokratia. Die Schatzmeister seien die Empfänger gewesen. Eine CD, auf der angeblich weit mehr Informationen enthalten sind, soll der Mann aus Athen den Münchner Ermittlern vorenthalten haben. Die CD soll bei Notaren mit der Anweisung hinterlegt sein, diese Informationen nur preiszugeben, wenn ihrem Mandanten in Griechenland etwas zustoße.

Die Kamerateams aus Athen mussten sich mit Bildern von Christoforakos zufrieden geben, als der in einer Vernehmungspause am Fenster einmal Luft schnappte. Der Grieche sah viel jünger aus als vor seiner Flucht. Er hatte sich, um unerkannt zu bleiben, den Bart abrasiert. Genutzt hat das nichts.

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