Sicherheitsfirma Prevent AG:Dubios statt diskret

Die Sicherheitsfirma Prevent AG ist durch die Skandalgeschichten rund um die HSH Nordbank bekannt geworden. Nun steckt sie offenbar in finanziellen Nöten - denn Bekanntheit beißt sich mit ihrem Geschäftsmodell.

Kristina Läsker und Klaus Ott

Ein Unternehmen freut sich normalerweise, bekannt zu werden. Nicht so die Münchner Sicherheitsfirma Prevent AG. Sie hilft in meist geheimer Mission den Firmen, die in Not geraten sind. Dass die im April 2002 gegründete Gesellschaft im Zuge der Skandale bei der HSH Nordbank oft genannt und als fragwürdige Größe im Hintergrund bekannt wurde, war schlecht fürs Geschäft - sie ist im Überlebenskampf.

HSH Nordbank erwaegt Vorgehen gegen Sicherheitsfirma Prevent

Im Zuge der HSH-Affäre wurde die Sicherheitsfirma Prevent AG oft genannt - anscheinend zu oft. Nun steckt sie offenbar in finanziellen Nöten.

(Foto: dapd)

Einem missliebigen HSH-Manager in New York waren schmutzige Vorwürfe untergejubelt worden, bis hin zum falschen Verdacht der Kinderpornographie - angeblich sollen Prevent-Leute mitgewirkt haben. Gegen den früheren Chef Thorsten Mehles (inzwischen "Senior Advisor") und den aktuellen Vorstand Peter Wiedemann wird ermittelt; beide beteuern ihre Unschuld. Die Medien berichten intensiv darüber, und das alles bekommt der Prevent AG wohl schlecht.

Die Veröffentlichungen der vergangenen Monate "haben ohne Zweifel auch wirtschaftlich sehr stark geschadet", sagt der Firmensprecher. Prevent tue sich schwer, neue Kunden zu gewinnen, heißt es in der Sicherheitsbranche. Aber Vorstand Wiedemann kämpfe um die Existenz der Firma; der Manager war einst im bayerischen Landeskriminalamt tätig. Durch die Schließung des Hamburger Prevent-Büros 2010 sank die Zahl der Stellen bereits von 30 auf 20.

Vor wenigen Tagen erst beriet der dreiköpfige Aufsichtsrat, ob und wie man die Krise bewältigen könne. Hier sitzen Gerhard Heinrich, früher Deutschland-Chef der Schweizer Banken UBS und Credit Suisse, und Professor Jürgen Gramke, Koordinator des "Initiativkreises Ruhrgebiet".

Im schlimmsten Fall müsste Wiedemann irgendwann in diesem Jahr Insolvenz anmelden, doch das soll auf alle Fälle verhindert werden. Im Moment beobachte man die aktuelle Entwicklung sehr genau, sagt der Prevent-Sprecher: "Endgültige Entscheidungen sind bisher nicht getroffen worden."

Prevent ist darauf spezialisiert, Straftaten "diskret" aufzuklären und Sicherheitslücken zu schließen. "So vermeiden Sie negative Schlagzeilen", verspricht die Sicherheitsfirma ihren Kunden. Jetzt macht Prevent selbst solche Schlagzeilen, was August Hanning, den Vorsitzenden des Beirats, sehr stören muss.

Hilfe ausgerechnet von der HSH?

Er war einst Präsident des Bundesnachrichtendiensts und bis November 2009 Staatssekretär im Bundesinnenministerium. Als "Senior Advisor" tritt Wolfgang Udo Nagel auf, einst Mordermittler in München, Innensenator in Hamburg und dann Vorstand von Prevent. Auch die Kundenliste hat während all der Jahre prominente Namen aufgewiesen: die Modedesignerin Jette Joop, die Firmen Rewe und Rheinmetall, den Zeitschriftenverleger Heinz Bauer und Jörg Rockenhäuser, Geschäftsführer der Private-Equity-Firma Permira, die bei Hugo Boss und Pro Sieben Sat1 mitmischt.

Jetzt täte frisches Geld der Firma gut. Die Boom-Zeiten sind vorbei. 2007 konnten 902.000 Euro als Dividende ausgeschüttet werden, der größere Teil des Bilanzgewinns - fast 1,3 Millionen Euro - verblieb im Haus. 2008 machte Prevent noch eine halbe Million Euro Gewinn.

Von den Hauptgesellschaftern, drei Geschäftsleuten aus Deutschland und der Schweiz, ist offenbar kein weiteres Kapital zu erwarten. Drei Mitglieder der Industriellen-Familie, die am Pharmakonzern Boehringer Ingelheim beteiligt sind, halten laut Handelsregister nur kleine Anteile der AG. Auch der einstige türkische Ministerpräsident Mesut Yilmaz kaufte sich mit einem Minianteil ein.

Hilfe soll ausgerechnet von der HSH Nordbank kommen, die sich im Streit von Prevent getrennt hat und Rechnungen über 800.000 Euro nicht bezahlt. Die Sicherheitsfirma ist zuversichtlich, die Summe beim Landgericht Hamburg einklagen zu können. In der HSH sieht man das jedoch anders. Die Bank hat bei Gericht beantragt, das Verfahren auszusetzen, bis die Staatsanwälte die Sache mit dem falschen Kinderporno-Verdacht aufgeklärt haben. Das kann dauern.

Und es ist längst noch nicht alles: Die HSH prüft sogar, ob knapp 3,6 Millionen zurückgefordert werden sollen. Diese Summe hatte die Prevent als Erfolgshonorar bei Auseinandersetzungen mit einem türkischen Reeder erhalten. Die Frage ist, ob der Erfolg so eingetreten war, wie er im Vertrag definiert wurde. Man wolle das Geld "auf jeden Fall" zurück, heißt es aus HSH-Kreisen. Prevent widerspricht. Die Rechnung sei "selbstverständlich berechtigt" gewesen. Firmenchef Wiedemann muss nun erledigen, was ihm seine Vorgänger an Schwierigkeiten hinterlassen haben. Das ist Schwerstarbeit.

In der Landesbank HSH klagt man darüber, dass Prevent womöglich Probleme im Sicherheitsbereich gesehen habe, wo es überhaupt keine gab. Jedenfalls führte fast jedes erkannte Risiko zu einem Auftrag. Sollte die Spürnasen-Firma erst Brandstifter und dann Feuerwehr gewesen sein? Solche Vorwürfe sind auch von anderen Ex-Kunden zu hören gewesen: Prevent hat das immer zurückgewiesen. Man habe sich stets an Recht und Gesetz gehalten. Bei der HSH sei man erfolgreich tätig gewesen - das habe der Mandant auch anerkannt und deshalb beispielsweise das Millionen-Honorar für die Hilfe in der Türkei gezahlt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: