Sexismus-Vorwürfe gegen die Lufthansa:"Lieber Schatz, ich habe eine kleine Bitte"

Die Frau sitzt zuhause und wird schön vom Mann ausgehalten - dieses veraltete Gesellschaftsbild steht Pate für die neueste Lufthansa-Werbung. Der Konzern ruft Männer dazu auf, ihren Fräuleins eine Miles-and-More-Karte zu spendieren. Nicht nur auf Twitter ist die Empörung groß.

Nakissa Salavati

Die 1950er Jahre haben tolle Dinge hervorgebracht: Toast-Hawai als Partyhäppchen, James Dean mit Sonnenbrille, Frauen mit korallenrotem Mund. Das ist aber auch schon alles, was im Jahr 2012 noch gut ankommt. Vieles ist verjährt, etwa das Frauenbild. Die Dame der 1950er, so malten es damals die Werber, fand nichts entzückender als vollautomatische Waschmaschinen und ihren erwerbstätigen Mann.

Sexismus-Vorwürfe gegen die Lufthansa: Anatol Stefanowitsch postete den Brief in seinem Blog, Screenshot von scilogs.de/sprachlog.

Anatol Stefanowitsch postete den Brief in seinem Blog, Screenshot von scilogs.de/sprachlog.

Nun bemüht die Lufthansa in ihrer aktuellen Werbung aber genau dieses Frauenbild. Sie verschickt an Miles-and-More-Kunden einen Brief: "Lieber Schatz", bittet eine Frau darin ihren Lover, "ich habe eine kleine Bitte". Sie würde sich unheimlich freuen, wenn ihr Mann die Woman's Special Partnerkarte für sie beantragt. "Tausend Dank, Deine Special Woman". Ein Kussabdruck in rot soll wohl zeigen: Da steckt eine attraktive Frau hinter den Zeilen, die weiß, wie sie ihrem Mann rumkriegt. Die Aktion hat auch eine eigene Website.

Die Lufthansa-Frau definiert sich über ihren Partner, schließlich sei es wunderschön, das Wichtigste für ihren Mann zu sein. Sie ist also das Gegenteil von dem, was heute als emanzipiert und modern gilt.

Mit der Kampagne möchte Lufthansa wahrscheinlich männliche Kunden ansprechen und witzig sein. Doch den Eindruck teilt nicht jeder. Kritiker, darunter Männer wie Frauen, sind empört. Der Blogger Anatol Stefanowitsch etwa findet die Werbung "schlecht, dumm und gefährlich". Er hat ein Foto des Briefs auf seiner Seite gepostet. In Fäkalsprache fällt nicht nur die feministische Unternehmensberaterin Anke Domscheit-Berg ihr Urteil auf Twitter.

Die Lufthansa sagt jetzt, es tue ihr Leid. "Es war zu keiner Zeit unsere Absicht, überholte Rollenbilder zu bedienen", sagte eine Sprecherin Süddeutsche.de. Die Briefe seien nun zwar verschickt und nicht mehr zu ändern. Doch wurde etwa die Website der Kampagne schon geändert, betonte die Lufthansa. Tatsächlich ist hier nun nicht mehr der Kussmund zu sehen, der auch den Brief ziert. Er wurde gegen ein neutraleres Foto ausgetauscht.

Das Unternehmen ist mit seiner klischeehaften Werbung nicht alleine. Konkurrent Air Berlin hat in Magazinen eine ähnlich ausgerichtete Anzeige geschaltet: Fliegen werde demnach erst teuer, wenn man seine shoppingwütige Frau mitnimmt.

Linktipp: Lesen Sie hier die Glosse, warum sich SZ-Autorin Hannah Wilhelm bei der Lufthansa bedankt.

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