Serie:Die Kartentrickser

Serie: Nach amerikanischem Vorbild: Bezahlen per Kartenterminal. Die Firma Sum-up hat auch in Deutschland viele Nutzer.

Nach amerikanischem Vorbild: Bezahlen per Kartenterminal. Die Firma Sum-up hat auch in Deutschland viele Nutzer.

(Foto: oh)

Sum-up und andere Anbieter machen es einfach, bargeldlose Zahlungen zu akzeptieren. In Deutschland ist die Firma nach Angaben des Gründers Daniel Klein die Nummer eins.

Von Björn Finke

Taxifahrer, sagt Daniel Klein, seien generell eine "schwierige Zielgruppe". Viele fänden es nicht so wichtig, ob Fahrgäste bei ihnen auch mit Karte bezahlen können. Entschieden sich mehr Taxi-Chauffeure dafür, Karten zu akzeptieren, würde das nicht nur manchen Touristen freuen, der mit wenig Barem vom Flughafen ins Hotel kutschiert werden will. Zugleich wäre das erfreulich für Klein und sein Unternehmen Sum-up. Die Londoner Firma, deren größtes Büro aber in Berlin ist, ermöglicht kleinen Geschäften und Selbständigen, ohne viel Aufwand und hohe Kosten Karten anzunehmen. Mehr als 200 000 Betriebe in 14 Ländern nutzen Sum-up; das 2011 gegründete Unternehmen hat inzwischen 120 Beschäftigte, Investoren steckten zweistellige Millionenbeträge in die Firma.

Die Flohmarkthändler und Barbesitzer, Physiotherapeuten und Taxifahrer müssen bei Sum-ups Technik kein klobiges, teures Kassensystem anschaffen. Sie installieren einfach ein Mini-Programm auf ihrem Smartphone oder Tabletrechner und lassen sich von dem Londoner Start-up ein kleines Kästchen schicken: das Lesegerät, in das die Kunden ihre Bank- oder Kreditkarte stecken und auf dessen Zahlenfeld sie ihre Geheimnummer eingeben.

Das Gerät ist drahtlos mit dem Mini-Programm verbunden. Eine Quittung kann die Software per E-mail oder Textnachricht an den Käufer schicken; das spart den Drucker für die Belege. Sum-up verlangt einmalig 79 Euro für das Lesegerät und kassiert 0,95 oder 2,75 Prozent Provision bei den Zahlungen der Kunden - Kreditkarten sind teurer als Bankkarten. Dafür fallen keine fixen Monatsgebühren an. "Die üblichen Terminals kosten ein Vielfaches von unserem Lesegerät", sagt Klein, der an der privaten Wirtschaftshochschule WHU in Koblenz studiert hat. Außerdem müssten die Händler über mehrere Jahre laufende Verträge mit den Zahlungsabwicklern abschließen und denen jeden Monat Gebühren überweisen. "Das schreckt viele kleine Betriebe ab", sagt der 37-Jährige.

Klein hat schon 2001 eine Online-Finanzfirma gegründet: Skrill, ein Londoner Unternehmen, das Überweisungen über das Internet anbietet. Er verkaufte es später. Sum-up baute er mit drei Bekannten auf, wobei zwei der vier Gründer vergangenen Sommer aus dem Management ausschieden. Sie behalten jedoch Anteile.

Das Vorbild für Sum-up stammt aus Kalifornien: die Firma Square, die der Twitter-Mitgründer Jack Dorsey 2009 aufbaute. Auch Square arbeitet mit einem kleinen Lesegerät, das die Annahme von Kartenzahlungen via Smartphone ermöglicht.

Aber das offeriert Square nicht in Europa. Hier kämpfen darum drei Nachahmer um die Vorherrschaft unter Händlern und Gastronomen, die keine Lust auf teure Kartenterminals haben - neben Sum-up sind das Payleven, gegründet 2012 mit Sitz in Berlin und London, sowie iZettle aus Stockholm, gegründet 2010. Bei ihren Preisen unterscheiden sich die drei Rivalen nicht, sehr wohl allerdings bei der Liste der Länder, in denen sie aktiv sind.

In Deutschland ist Sum-up nach Angaben von Klein die Nummer eins. Erst im Januar besiegelte das Unternehmen mit der Berliner Sparkasse eine Partnerschaft. Die Bank empfiehlt nun ihren mehr als 75 000 Firmenkunden die Dienste von Sum-up.

Vorstandschef Klein glaubt, dass der "Ozean an möglichen Nutzern" in Europa groß genug sei für mehrere Anbieter - und auch noch für Square, sollten die Amerikaner einmal den Sprung über den Atlantik wagen. In Europa seien nur sieben bis acht Millionen Kartenterminals im Einsatz, sagt er. Es könnten 25 Millionen sein: wenn nur all jene Händler und Dienstleister umschwenkten, denen diese Zahlungsart bisher zu teuer oder umständlich ist.

Die Herausforderer Sum-up, Payleven und iZettle wachsen kräftig - die etablierten Abwickler von Kartenzahlungen oder die Hersteller von Terminals würden deswegen trotzdem nicht ihre Preise auf das Niveau der Angreifer senken, schätzt Klein. "So wie wir für 79 Euro könnten die Produzenten ihre Terminals gar nicht kostendeckend anbieten", sagt er.

Geht es allerdings nach dem Willen der Handy- und Telekomkonzerne, sind Karten bald überflüssig. So hat Apple für seine Smartphones die Geldbörse "Pay" entwickelt. Kunden können dank ihr mit dem Handy statt mit der Karte zahlen, indem sie ihr Telefon an ein Lesegerät halten. Google oder die Mobilfunkunternehmen Telekom und Vodafone offerieren ebenfalls solche Portemonnaies für das Handy.

Sum-up-Chef Klein sieht das aber nicht als Bedrohung an, sondern als Chance. "Wir können unsere Lesegeräte so ausstatten, dass sie nicht nur Karten, sondern auch Daten von Handys akzeptieren", sagt er. Für den Händler sei das praktisch: Er habe weiter sein gewohntes, kleines Lesegerät, und das komme dann mit allen verschiedenen Zahlungssystemen klar. "Kein Händler will sich mehrere Geräte zulegen müssen", sagt der Manager. Willkommen in der schönen neuen Welt des Geldes - ganz ohne Bares.

Die Digitalisierung hat die Finanzbranche voll erfasst, immer mehr Start-up-Unternehmen fordern die Banken heraus. In dieser Serie stellt die SZ die Angreifer vor.

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