Serie: Die Angreifer:Rendezvous mit dem Mieter

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Seit das Bestellerprinzip gilt, fordern viele Start-ups die Immobilienmakler heraus. Zum Beispiel das Online-Portal Faceyourbase, das Unternehmen Housy und Nachmieter.de.

Von Felicitas Wilke, München

Christian Dau klickt sich lächelnd durch seine Website. Zwei neue Immobilien sind an diesem Morgen hereingekommen. Seit einer halben Stunde steht die Zweizimmerwohnung mit ihren 59 Quadratmetern online, aber weil die Wohnung in München liegt, in Schwabing sogar, hat sie bereits zehn Interessenten angelockt. Auf Daus Online-Portal Faceyourbase sollen Vermieter und potenzielle Mieter günstig zueinanderfinden. Seit im Juni das Bestellerprinzip in Kraft getreten ist, bieten Start-ups wie seines eine Alternative zum teuren Gang ins Maklerbüro oder zum Immobilienberater bei der Bank. Der Branchendienst Deutsche Startups berichtet von mehr als 30 Firmen, die sich im Zuge der Gesetzesänderung gegründet haben.

Wer den Makler engagiert, zahlt: So funktioniert das Bestellerprinzip. Meist ist es der Vermieter, der einen Makler einschaltet, um das Geschäft möglichst unkompliziert abzuwickeln. Seit das neue Gesetz gilt, ist der Anreiz für die Vermieter gesunken - kommt nun doch eine hohe Maklercourtage von bis zu zwei Monatsmieten auf sie zu. Start-ups wie Housy, Nachmieter.de oder eben Faceyourbase versuchen mit teilweise ähnlichen Geschäftsmodellen, den Makler zu umgehen.

Christian Dau (re.) hat zusammen mit seinen Geschäftspartnern Oskar Hasinski (li.) und Lars Kuhnke Faceyourbase gegründet. (Foto: oh)

"Was wir machen, funktioniert wie Online-Dating, nur eben mit Immobilien", erklärt Christian Dau, der Faceyourbase zusammen mit zwei Geschäftspartnern vor einem Jahr gegründet hat. Der Vermieter stellt kostenlos eine Beschreibung seiner Immobilie auf die Plattform, die Wohnungsinteressenten können sich dann darauf bewerben: Wem es genügt, nur Name, Beruf und Gehalt anzugeben, zahlt nichts. Wer durch mehr Informationen auf sich aufmerksam machen möchte, ergänzt die Bewerbung für einen Euro zum Beispiel um ein Foto und einen Link zu seinem Profil in sozialen Netzwerken. Wer mehr von sich preisgibt, erhöht die Chancen, vom Vermieter berücksichtigt zu werden - das gelte heute überall auf dem Immobilienmarkt, räumt Dau ein. "Aber jede Datenangabe ist freiwillig", sagt er, und die Daten würden nicht an Dritte weitergegeben.

Loggt sich der Vermieter in sein Profil ein, sieht er auf einen Blick, wer sich für seine Wohnung oder sein Haus interessiert. Maximal zehn Bewerbern kann der Vermieter jetzt einen 15-minütigen Besichtigungstermin zuweisen. Wer einen Termin erhält, zahlt zehn Euro, wer den Zuschlag für die Wohnung bekommt, noch einmal knapp 30 Euro. Im Vergleich zu großen Online-Portalen wie Immobilienscout müssten Vermieter auf seiner Plattform nicht "600 Anrufe" von Interessenten entgegennehmen, sagt Dau. Stattdessen könnten sie die Profile der potenziellen Mieter alle auf einer Seite, der sogenannten Bewerberwand, durchsehen. "Wenn es sehr viele Bewerber gibt, kann der Vermieter die Auswahl nach bestimmten Kriterien filtern", sagt der Gründer. Dazu gehörten die Anzahl der Personen im Haushalt, das Gehalt oder Haustiere. Gegenüber Immobilienmaklern habe seine Geschäftsidee zwei Vorteile, findet Dau. Vermieter sparten sich die Kosten, die das Bestellerprinzip mit sich bringt, Mietinteressenten müssten nicht auf Massenbesichtigungen gehen. "Wer erst einmal eingeladen wird, hat eine faire Chance, die Wohnung auch tatsächlich zu bekommen", sagt Dau. Die Chance liegt bei mindestens zehn Prozent.

Maklervereinigungen wie der Immobilienverband Deutschland entgegnen, dass Makler ihren Kunden eine umfassendere Beratung lieferten und zum Beispiel dabei helfen, die Mietverträge zu entwerfen. Dau streitet das nicht ab. Wenn Makler ihre Kunden intensiv betreuten, seien "sie immer besser als wir oder andere Portale". Doch nicht alle Kunden wollten einen Rundumservice. Für sie seien Angebote wie seines die günstigere Lösung.

Die Makler sind für Dau nicht die einzigen Wettbewerber. Da immer mehr Start-ups vom Bestellerprinzip profitieren wollen, ist die Konkurrenz in den vergangenen Monaten gewachsen. So können Wohnungssuchende beim Berliner Unternehmen Housy ihre Wunschkriterien angeben und erhalten im Gegenzug direkt vom Vermieter passende Angebote, auf die sie sich bewerben können. Bei Nachmieter.de kümmert sich der Mieter selbst um seinen Nachfolger und bekommt dafür als Belohnung eine Monatsmiete erlassen.

Obwohl seit Juni immer mehr Start-ups mit ähnlichen Konzepten auf den Markt strömen, zeigt sich Faceyourbase-Gründer Dau überzeugt, dass der Markt "groß genug für viele Angebote" sei. Seit das Bestellerprinzip gilt, erhalte seine Website jeden Tag zehn bis 20 neue Inserate. Im Netz kritisieren einige Nutzer, dass das noch nicht genug ist, um die passende Wohnung zu finden. Den Anwendern stößt vor allem auf, dass die meisten eingestellten Immobilien in bestimmten Städten liegen - vor allem in München, wo Faceyourbase seinen Firmensitz hat. "Als Start-up können wir nicht gleich 100 000 Wohnungen im ganzen Land anbieten", verteidigt sich Dau. Ab August will er sein Unternehmen bekannter machen: mithilfe von Fernsehwerbung.

© SZ vom 20.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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