Schwindel mit Markennamen:Falsche Versprechen

Dubiose Geschäftsleute missbrauchen die Namen bekannter Unternehmen. So locken sie zum Beispiel ältere Menschen auf Kaffeefahrten, um überteuerte Ware zu verkaufen. Jetzt drohen Strafanzeigen.

Klaus Ott

Die Einladung klang vielversprechend. Das Kundenkonto weise ein Guthaben von 245,37 Euro auf, jetzt habe man die Chance, den Betrag einzulösen. Man müsse nur zu einer "interessanten Info-Show" kommen, bei der es auch ein reichhaltiges Essen gebe. Und einen großen Präsentkorb, gefüllt mit frischem Landbrot, Honig, Obst, Wein und anderen Leckereien. Außerdem noch ein Navigationsgerät oder ein Markenhandy, alles kostenlos natürlich.

Der "Bauer-Versand" lockt Rentner auf Kaffeefahrten.

Der "Bauer-Versand" lockt Rentner auf Kaffeefahrten.

Absender des Schreibens, das kürzlich vor allem an Menschen in Süd- und Ostdeutschland ging, war die Abteilung Kundenbetreuung des Bauer Versands. Bei etlichen Veranstaltungen sollten die Guthaben in Form von Gutscheinen ausbezahlt und die Geschenke überreicht werden. In Altötting, Oberbayern, in Feuchtwangen, Mittelfranken, oder in Gera, Thüringen, um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Der Haken: Beim Absender handelte es sich gar nicht um das namhafte Versandhaus mit Hauptsitz in Burgkunstadt in Nordbayern, das Millionen Kunden mit Waren beliefert, vor allem Kleidung, und zum Otto-Konzern gehört. Die Otto-Tochter schreibt sich nämlich ohne "e": Baur-Versand. Doch wer schaut schon genau hin, wenn er derart tolle Neuigkeiten über das angeblich gut gefüllte Kundenkonto erfährt. Der bekannte Name lockte zahlreiche Leute an, die wohl gezielt angeschrieben worden waren: schon etwas ältere Damen und Herren. Solche Adressen sind heutzutage leicht zu kaufen.

Die mit tollen Versprechen geköderten Gäste sollten dann, um in den Genuss der angekündigten Präsente zu kommen, erst einmal für viel Geld vermeintlich wertvolle Medizinprodukte kaufen. Zum Beispiel Pillen, die das Leben verlängern, zum Preis von mehr als 1000 Euro. Die angekündigten Info-Shows erwiesen sich als sogenannte Kaffeefahrt-Veranstaltungen, bei denen geschulte Verkäufer mit allerlei Psychotricks versuchen, eine schon etwas betagte und leichtgläubige Kundschaft zum Erwerb von irgendwelchem Krimskrams zu überreden. Heizdecken etwa, die man im Alter gut brauchen könne, die aber ihr Geld nicht wert sind.

Solche Nepper, Schlepper und Bauernfänger, wie sie im Volksmund genannt werden, sind seit Jahrzehnten unterwegs. Meist locken sie mit recht günstigen Kurzausflügen ans Meer oder in die Berge, in schöne Landschaften halt, und präsentieren unterwegs bei Kaffee und Kuchen geschickt ihre Ware. Doch nun gibt es eine neue Masche. Gerissene Geschäftsleute, die aus dem Dunkeln heraus agieren, nutzen die Namen bekannter und seriöser Unternehmen. So sollen möglichst viele Opfer in gutbürgerliche Gasthäuser gelockt werden, in denen dann Handelsvertreter ihre Show abziehen.

Mit dem "Reiseclub Bertelmann" ging das im vergangenen Jahr los. Auch hier fehlte nur ein Buchstabe. Bertelsmann heißt der echte Club, der Bücher und Reisen anbietet und Teil eines der weltweit größten Medienkonzerne ist. Das sei eine "missbräuchliche Markennutzung" gewesen, sagt ein Sprecher des Club Bertelsmann, die dann aber aufgehört habe. Vielleicht war das ja nur eine Art Testlauf für das Projekt Bau(e)r.

Im Herbst erhielt das echte Versandhaus plötzlich Anrufe vieler Kunden, die sich für die gerade erhaltenen Einladungen bedankten oder noch Fragen hatten. Die Baur-Geschäftsführung war entsetzt, ging der Sache nach und stieß auf mindestens acht Veranstaltungen dieser Art. Es habe vermutlich noch viel mehr gegeben, sagt ein Baur-Sprecher, die "Dunkelziffer" sei sicher hoch. Das Versandhaus schaltete Polizei und Gewerbeaufsicht ein. Die Beamten schauten bei den Info-Shows, von denen das Versandhaus erfahren hatte, nach dem Rechten und notierten die Namen der vor Ort angetroffenen Verkäufer.

Spuren führen in die Niederlande

Denen behagte das Auftauchen der Ordnungshüter gar nicht, sie brachen einige ihrer Veranstaltungen daraufhin lieber ab, als sich bei fragwürdigen Geschäften ertappen zu lassen. Baur will gegen die Verkäufer und deren Hintermänner vorgehen. "Die missbrauchen unseren guten Namen", sagt ein Unternehmenssprecher. Die Juristen der Konzernmutter Otto bereiten Strafanzeigen vor. Der Otto Versand und die Tochter Baur fürchten um ihren Ruf. Ehrlichkeit und Wertschätzung der Kunden lauten die Unternehmens-Prinzipien. Für die Organisatoren der Info-Shows dürfte das weniger zutreffen.

Wer hinter der neuen Masche steckt, ist noch unklar. Auf den Einladungen des Bauer Versands mit "e" ist nur Zeit und Ort der Veranstaltungen genannt. Unterzeichnet hat eine Kundenbetreuerin, die sich Maria G. nennt, aber unerreichbar ist: keine Telefonnummer, keine Adresse, nichts. Die wenigen bislang sichtbaren Spuren führen bis in die Niederlande. Ein Dienstleistungsunternehmen aus Amsterdam hat für den angeblichen Bauer Versand die Gaststätten angemietet, per Fax. Man benötige seperate Zimmer, steht in dem Fax. Sollte das nicht möglich sein, dann "muss die Gaststätte für die Dauer der Veranstaltung für den normalen Publikumsverkehr geschlossen werden". Zuhörer, die nicht zum Zielpublikum gehörten, waren offenbar unerwünscht.

Um warum wird das alles vom fernen Amsterdam aus bewerkstelligt? Von einer Firma, auf deren Fax nur eine Postfach-Adresse angegeben ist; und eine Handy-Nummer, unter der sich ein schweigsamer Mann mit dem Allerweltsnamen Müller meldet. Man habe die Gasthäuser im Auftrag eines anderen niederländischen Unternehmens reserviert, sagt Müller. Dieses Unternehmen habe dann deutsche Handelsvertreter eingesetzt.

Den Namen des Unternehmens, das all dies steuert, verrät Herr Müller nicht. Dafür weiß er zu berichten, dass die ganze Sache ganz legal sei. Normalerweise müssten solche Verkaufs-Veranstaltungen vierzehn Tage vorher nach deutschem Recht als "Wanderlager" bei den Behörden angemeldet werden. Laut einer neuen Dienstleistungs-Richtlinie der Europäischen Union gelte das aber nicht mehr für Unternehmen aus dem Ausland.

Also keine Anmeldung bei den Behörden. Und keine Namen und Adressen von denjenigen, die hinter all dem stecken. Nur ein paar reisende Händler, die vor Ort die Ware feilbieten, und die nicht sagen wollen, vom wem sie geschickt werden. Umso besser erklären können die Verkäufer, warum das Guthaben und die Geschenke nicht einfach ausbezahlt und verteilt werden. Da stehe doch "Sonderverlosung Reisescheck" und "Prämie".

Man müsse erst eine Reise nach Spanien buchen, um das Guthaben einlösen zu können. Und sich das Navigationsgerät oder das Markenhandy verdienen, indem man weitere Kunden besorge. Auf das Kleingedruckte kommt es eben an. Großgedruckt sind nur der Kontostand: 245,37 Euro. Und der Name Bauer Versand. Für den hat einer der Handelsvertreter übrigens eine besonders originelle Erklärung. Die Einladungen seien von einer Firma Bauer verschickt worden, also sei das doch ein Versand-Unternehmen.

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