Schweizer Konto:Drogerie-König Müller hat vor Jahren Steuern in Millionenhöhe hinterzogen

Filiale des Drogeriemarktes Müller

Mit der Drogeriemarktkette Müller machte Erwin Müller Milliarden. Einen Teil seines Vermögens versteckte er bei einer Bank in der Schweiz.

(Foto: DPA)
  • Der Drogerie-Unternehmer Erwin Müller hat von 1999 bis 2007 Steuern hinterzogen, angeblich insgesamt ein bis zwei Millionen Euro.
  • Er hat 2010 Selbstanzeige erstattet und alles nachgezahlt, inklusive Zinsen.
  • 2012 hat der Fiskus allerdings noch ein zweites Konto gefunden. Laut Müller liegt der Fehler hier aber bei der Schweizer Bank Sarasin.
  • Die Bank ist seit einer Anzeige Müllers im Visier der Kölner Staatsanwaltschaft.

Von Klaus Ott

Streit, den hat Erwin Müller nie gescheut, und das ist auch ein Teil seines Erfolgsgeheimnisses. Gegen heftige Konkurrenz hat der Unternehmer aus Ulm eine der größten Drogerieketten in Deutschland und Mitteleuropa geschaffen. Dabei gab es reichlich Konflikte. Mal mit den Wettbewerbern, mal mit Banken, mal mit den Gewerkschaften. Nichts davon dürfte Müller bereut haben. Bei einer Sache, die dem inzwischen 82-jährigen Patriarchen heute ziemlichen Ärger bereitet, könnte das anders sein.

Der Milliardär hat jahrelang einen wenn auch kleinen Teil seines Vermögens bei der Bank Sarasin in der Schweiz versteckt. Er hat von 1999 bis 2007 Steuern hinterzogen, angeblich insgesamt ein bis zwei Millionen Euro; er hat 2010 Selbstanzeige erstattet und alles nachgezahlt, inklusive Zinsen.

Doch dann fiel dem Fiskus im Jahr 2012 noch ein weiteres Konto auf, dessen Gewinne und Verluste den Behörden offenbar nicht vollständig bekannt waren. Deshalb läuft heute bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart ein Steuerstrafverfahren gegen den schwäbischen Konzernherrn. Hat Müller Erträge dieses Kontos in seiner Selbstanzeige absichtlich verschwiegen? Oder war es ein Versehen?

Die Selbstanzeige sei wirksam, erklärt Müllers Sprecher

Das habe seine damalige Hausbank Sarasin verbockt, lässt Müller über einen Sprecher ausrichten. "Dieser Fehler liegt bei der Bank und war weder durch Herrn Müller noch durch seine Steuerberater zu erkennen." Sarasin habe es versäumt, dieses Konto für diese zwei Jahre "in die Erträgnisaufstellung aufzunehmen". Unter dem Strich sei in den zwei Jahren 2005 und 2006 bei diesem Konto ein Gewinn in Höhe eines "niedrigen einstelligen Millionenbetrags" angefallen.

Es sei Müller wichtig gewesen, sagte sein Sprecher am Wochenende, mit der Selbstanzeige "begangene Fehler vollständig zu korrigieren". Von dem einen Konto, das nun für Ärger sorgt, habe der Fiskus sogar gewusst, mit Ausnahme der Zahlen für die Jahre 2005 und 2006. Es hätte also gar keinen Sinn ergeben, so Müllers Sprecher, ein Konto, welches dem Finanzamt ohnehin bekannt sei, "für einen Zeitraum von zwei Jahren nicht anzugeben." Die Selbstanzeige von Müller sei wirksam, erklärte sein Sprecher.

Schweizer Konto: Züricher Filiale der Bank Sarasin: Der Milliardär Erwin Müller hat jahrelang einen Teil seines Vermögens in der Schweiz versteckt.

Züricher Filiale der Bank Sarasin: Der Milliardär Erwin Müller hat jahrelang einen Teil seines Vermögens in der Schweiz versteckt.

(Foto: Fabrice Coffrini/AFP)

Das durch die Selbstanzeige vom Mai 2010 ausgelöste Verfahren gegen den Drogerie-Unternehmer wurde Ende 2011 vom Ulmer Fiskus eingestellt. Das neue Verfahren wegen des weiteren Kontos begann im August 2012 wieder beim Fiskus in Ulm und wurde 2013 an die Staatsanwaltschaft Stuttgart abgegeben.

Dass die ganze Sache jetzt publik wird, hat mit Müllers vielen Konflikten zu tun. Der Unternehmer verklagt die frühere Hausbank, die heute J. Safra Sarasin heißt, auf fast 50 Millionen Euro Schadensersatz. Er sieht sich bei einer Geldanlage getäuscht. Und er hat bei Staatsanwälten in Zürich und Köln mehrere Schweizer Banker wegen Betrugs angezeigt. Unter anderem auch Eric Sarasin, zuletzt Vizechef des Geldinstituts mit Stammsitz in Basel.

J. Safra Sarasin äußert sich nicht

Mit seiner Anzeige hat der Drogerie-Gründer dazu beigetragen, dass die Kölner Staatsanwaltschaft im Oktober 2014 die Schweizer Bank und viele Fonds aus vielen Ländern durchsuchte. Sie alle sollen bei sogenannten Cum-Ex-Geschäften, also beim schnellen Handel von Aktien mit (Cum) und ohne (Ex) Dividende, den deutschen Fiskus hintergangen oder das zumindest versucht haben. Ziel der dubiosen Börsendeals sei es gewesen, mehr Kapitalertragssteuern erstattet zu bekommen, als überhaupt gezahlt worden waren.

Viele Banken stehen unter Verdacht, so agiert zu haben, und viele Staatsanwälte ermitteln. Das größte Verfahren ist inzwischen das in Köln. Ermittelt wird gegen mehr als 30 Beschuldigte, darunter gegen Eric Sarasin. Der ist Ende Oktober 2014, kurz nach der Razzia, als Vizechef der Bank aus Basel zurückgetreten, um Schaden von dem Institut abzuwenden.

Der Streit wird zunehmend heftiger

Sarasin, der zu den bekanntesten Bankern in der Schweiz zählt, weist die Verdächtigungen entschieden zurück. Das Geldinstitut, das den Namen seiner Familie trägt, dementiert ebenfalls vehement. Das gilt auch für Müllers Vorwurf, man habe ihm Cum-Ex-Aktiendeals schmackhaft gemacht, ohne ihm zu sagen, dass der Fiskus betrogen werden solle.

Seit Ende vergangenen Jahres kursiert im Umfeld der Bank ein Vermerk, der auf den 9. Dezember 2014 datiert ist und von Eric Sarasin stammen soll. Darin steht, die Bank aus Basel habe 2010 die Unterlagen für Müllers Selbstanzeige beim deutschen Fiskus zusammengestellt. Die Selbstanzeige sei aber nicht vollständig gewesen. Zu diesem Vorgang müsse es noch Unterlagen in der Bank geben.

Der Vermerk, der den Ulmer Patriarchen wegen seiner Attacken auf Sarasin in Misskredit bringen soll, wurde der Presse zugespielt. Ob das Papier wirklich von Eric Sarasin stammt, oder ob sein Name benutzt wird, ist offen und lässt sich derzeit nicht klären. Eric Sarasins Anwälte äußern sich nicht.

Genauso ungewiss ist, ob Müllers Vorwurf zutrifft, an den Steuer-Ermittlungen gegen ihn sei letztlich die Bank aus Basel schuld. J. Safra Sarasin äußert sich nicht zu diesem Vorgang. Vor knapp zwei Jahren hat der Ulmer Unternehmer mit seinen harten Attacken begonnen; seither wehrt sich die Bank genauso hart gegen die Vorwürfe. Sicher ist nur eines: Der Streit geht weiter, und wird zunehmend heftiger. So heftig hat selbst Müller noch nie gestritten.

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