Schweinegrippe und Wirtschaft:Die Angst vor der Angst

Seuchen können verheerende Auswirkungen auf die Wirtschaft haben. Doch bei der Schweinegrippe reagieren die Finanzmärkte erstaunlich gelassen.

Hans von der Hagen

Eine Pandemie kann die Finanzkrise vergessen machen. Drei Billionen Dollar, so hatte die Weltbank im vergangenen Jahr schon mal durchgerechnet, könnte eine weltweite Seuche kosten.

Roche, Tamiflu, Schweinegrippe, ddp

Grippemedikament Tamiflu: Wie beherrschbar ist die Schweinegrippe?

(Foto: Foto: ddp)

Die globale Wirtschaftsleistung droht dann dramatisch zu schrumpfen - um bis zu fünf Prozent. Zum Vergleich: Die Finanzkrise soll die Weltwirtschaft nach der jüngsten Schätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) lediglich um 1,3 Prozent einbrachen lassen.

Die Lage beruhigt sich

Schon der Ausbruch der Lungenkrankheit Sars hatte schlimme Folgen: Nicht nur, dass 775 der insgesamt 8000 Infizierten in 25 Ländern starben - auch die Kosten waren enorm. Allein schon für die vor allem betroffene asiatisch-pazifische Region beliefen sie sich nach Expertenschätzungen auf 40 Milliarden Dollar.

Es sind diese Erfahrungen, die nun auch nach Ausbruch der Schweinegrippe für Hektik bei Unternehmen und Anlegern sorgen. Aufmerksam wird die Verbreitung der Krankheit verfolgt. Und immer steht die Frage im Raum: Hat sie das Zeug zur Pandemie? Welche Branchen werden besonders leiden? Und welche profitieren?

Nach der ersten Aufregung beruhigt sich jetzt zunächst die Lage: Es gibt wirksame Medikamente auf dem Markt, mit denen die Schweinegrippe behandelt werden kann und oft genug scheint der Krankheitsverlauf harmlos zu sein. Und anders als etwa bei der Vogelgrippe zeigen sich Experten zuversichtlich, dass sie rasch einen Impfstoff entwickeln können.

Pharma-Aktien wieder schwächer

Der Wirtschaft signalisiert das: Die Krankheit ist - irgendwie - beherrschbar. Das macht sich sofort bemerkbar. Die Aktien von Fluggesellschaften, die in den letzten Tagen herbe zurückgestuft wurden, verbuchten am Mittwoch wieder kräftige Gewinne. Die Papiere der spanischen Iberia etwa - das Unternehmen erwirtschaftet immerhin ein Drittel der Umsätze im lateinamerikanischen Raum - legten um mehr als fünf Prozent zu. Auch bei der Lufthansa ging es deutlich nach oben.

Im Gegenzug gaben die Papiere der Pharmakonzerne wieder nach. Die Aktien von Roche, dem Hersteller des rege nachgefragten Grippemedikaments Tamiflu, verloren fast zwei Prozent.

Etwas anders sieht allerdings die Lage in Mexiko aus: Rund 2500 Menschen haben Symptome, die einen Verdacht auf Schweinegrippe nahelegen, fast die Hälfte von ihnen wurde in ein Krankhaus eingeliefert. Knapp 160 Menschen sollen bisher an der Krankheit gestorben sein, allerdings wurde die Zahl der bestätigten Todesfälle am Mittwoch von 20 auf sieben herunterkorrigiert.

Besonders bemerkbar machen sich die wirtschaftlichen Auswirkungen der Krankheit in Mexiko-Stadt. In der Stadt, die mehr als ein Fünftel der mexikanischen Wirtschaftsleistung erbringt, mussten am Dienstag auf Anordnung der Stadtverwaltung alle 35.000 Restaurants geschlossen werden. Zugleich hieß es, dass die wirtschaftlichen Aktivitäten um 60 Prozent gefallen seien.

Besonnene Reaktionen

Gut möglich, dass die ohnehin schon pessimistischen Prognosen für die Wirtschaftsleistung 2009 noch weiter heruntergestuft werden und die mexikanische Zentralbank die Zinsen aggressiver senkt als bislang geplant.

Dennoch: Auch in Mexiko reagieren die Finanzmärkte viel besonnener als es die Schlagzeilen suggerieren: Die Landeswährung Peso und die mexikanische Börse verloren zwar am Montag deutlich, doch seither ist die Lage ruhig.

Und dann gibt es auch noch sie - die stillen Gewinner der Krise: Die Aktien der malaysischen Unternehmen Kossan und Top Glove schnellten in den letzten Tagen nach oben. Sie stellen Gummihandschuhe her.

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