Schwarzgeld aus Deutschland:Schweizer Banken drängen Kunden zur Selbstanzeige

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Nicht das einzige Geldinstitut der Schweiz, das deutsche Kunden zur Selbstanzeige bewegen will: Die Credit Suisse in Zürich. (Foto: REUTERS)

Die Schweizer Finanzbranche steht unter Druck: Nach SZ-Informationen wollen eidgenössische Banken deutsche Kunden dazu bewegen, unversteuertes Vermögen dem Fiskus zu melden. Experten erwarten die bislang größte Welle von Selbstanzeigen.

Von Claus Hulverscheidt, Berlin, und Klaus Ott

Die Credit Suisse bietet ihren deutschen Kunden einen ganz besonderen Service. Die Schweizer Großbank hält seit einiger Zeit für reiche Klienten eine Liste von Rechtsanwälten bereit, die gern dabei behilflich sind, unversteuertes Vermögen den Finanzbehörden zu melden und in legales Kapital umzuwandeln. Minus der anfallenden Steuern natürlich.

Die Credit Suisse in Zürich ist nicht das einzige Geldinstitut zwischen Bodensee und Genfer See, das deutsche Kunden dazu bewegen will, verborgene Millionen dem Fiskus per Selbstanzeige zu offenbaren. Steueranwalt Jan Olaf Leisner erwartet in den kommenden beiden Jahren die "bislang größte Welle von Selbstanzeigen" in der Bundesrepublik. Ausgelöst von den Schweizer Banken, die darauf drängen, reinen Tisch zu machen. Leisner betreut mit seiner Kanzlei in München und Zürich viele Mandanten, die dem Finanzamt vieles schuldig sind.

Freiwillig ist der Sinneswandel im Kapitalgewerbe nicht erfolgt. Eidgenössische Geldinstitute haben seit Jahren Ärger mit deutschen Staatsanwälten und Steuerfahndern. Durchsuchungen, mehrere Tausend beschuldigte Kunden, Ermittlungen gegen eigene Mitarbeiter und Geldbußen in Höhe von insgesamt 200 Millionen Euro für die Credit Suisse und Julius Bär schädigten den Ruf der helvetischen Finanzbranche.

Dann scheiterte auch noch das geplante Steuerabkommen zwischen der Bundesrepublik und der Schweiz, das die Ermittler gebremst und die Banker vor weiterem Unheil bewahrt hätte. Jetzt bleibt Credit Suisse, Julius Bär und all den anderen Geldhäusern wie der UBS, bei denen geschätzte 150 bis 200 Milliarden Euro aus Deutschland lagern, nur noch die Flucht nach vorn.

Grüne sehen sich bestätigt

Fachleute erwarten, dass die Schweizer Banken dazu übergehen, jene Kunden hinauszuwerfen, die sich dem Fiskus nicht stellen. Anwalt Leisner sagt, er sei sich sicher, dass schon in wenigen Jahren in der Schweiz "kein unversteuertes Geld" aus Deutschland mehr liegen werde.

Die Grünen sehen sich bestätigt. Sie und die SPD haben im Bundesrat das vom Finanzministerium in Berlin ausgehandelte Steuerabkommen mit der Schweiz scheitern lassen. "Hätte Deutschland als wichtiges Partnerland über das geplante Amnestiegesetz die Anonymität der Bankkunden dauerhaft besiegelt", wäre der Druck auf die eidgenössischen Banken deutlich geringer gewesen, sagt Gerhard Schick, finanzpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion der Grünen.

Schicks Fraktionskollege Thomas Gambke fügt hinzu, nun sei die Schweizer Regierung gefordert. Sie müsse einem automatischen Informationsaustausch in Europa zustimmen. Solange das Nachbarland zu keiner "umfassenden und dauerhaften Lösung" bereit sei, setze es sich dem Verdacht aus, weiterhin "Schlupflöcher für die Steuerflucht offenhalten zu wollen".

Schick und Gambke verweisen darauf, dass der Schweizer Bankenverband bereits 2010 eine "Weißgeldstrategie" angekündigt habe, die aber weitgehend folgenlos geblieben sei.

In den vergangenen Jahren ist der internationale Druck auf das kleine Land mit dem großen Geld aber so stark gestiegen, dass die Regierung in der Hauptstadt Bern jetzt die Banken in die Pflicht nehmen will. Geplant sind "erweiterte Sorgfaltspflichten" für das eidgenössische Finanzgewerbe. Das soll dazu führen, dass neues Schwarzgeld nicht angenommen wird und altes verschwindet.

Banken müssen dann Kunden, bei denen der Verdacht auf Steuerhinterziehung besteht, in die Zange nehmen. Entweder die Klienten weisen nach, dass sie ihr Vermögen ordnungsgemäß versteuern, oder sie fliegen hinaus. "In letzter Konsequenz ist die Geschäftsbeziehung aufzulösen", heißt es in den vorgesehenen Vorschriften.

Was deutschen Geldanlegern in der Schweiz jetzt bevorsteht, widerfährt US-Bürgern schon seit einiger Zeit. Wer nicht nachweisen kann, dass er sein Vermögen versteuert hat, bekommt sein Geld ausbezahlt und muss gehen. Das ist eine Folge des harten Durchgreifens von Justiz und Regierung in den Vereinigten Staaten.

US-Gerichte haben die UBS schon vor Jahren gezwungen, die Kundendaten herauszurücken. Das Bankgeheimnis war geknackt. Von 2014 an gilt das einem Abkommen zwischen den USA und der Schweiz zufolge für alle eidgenössischen Finanzinstitute. Kein Amerikaner kann dann dort noch Schwarzgeld verstecken. Die Furcht der Schweiz vor einem Konflikt mit der Wirtschaftsmacht USA und vor Ausschluss des helvetischen Geldgewerbes von der Wall Street, dem größten Kapitalmarkt der Welt, führt zu rigorosen Reaktionen.

Harte Konsequenzen für Steuersünder

So hat beispielsweise eine Privatbank aus Zürich vor einigen Wochen einem US-Bürger die Konten gekündigt und mitgeteilt, bis April 2013 liege ein Scheck bereit. Der Klient möge seine Steuerangelegenheiten in Ordnung bringen. Nur dann könne er sein Konto behalten. Das ist nur eines von vielen solcher Schreiben an US-Bürger, mit denen nun auch deutsche Kapitalanleger rechnen müssen.

Falls Kunden ihre Steuerangelegenheiten nicht freiwillig in Ordnung brächten, will die Credit Suisse "entsprechende Konsequenzen" ziehen, droht Verwaltungsratspräsident Urs Rohner seit Monaten. "Wir wollen kein Geschäft mit unversteuertem Vermögen betreiben." Steueranwalt Leisner glaubt, das seien "keine leeren Worte". Die eidgenössischen Banken meinten es ernst mit ihrer Weißgeld-Strategie und wollten das Kapitel Schwarzgeld beenden.

Dem deutschen Fiskus wird das wahrscheinlich viel mehr bringen als das gescheiterte Abkommen zwischen der Bundesrepublik und der Schweiz, dem eigentlich nur noch das Finanzministerium nachtrauert. Deutsche Steuerfahnder sagen, sie seien froh, dass dieses Abkommen "gestorben ist" und die helvetische Finanzbranche weiter unter Druck steht.

© SZ vom 04.03.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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