Schwächeres Wachstum erwartet:Regierung will Bürger entlasten

Konjunkturpaket light: Womöglich können Beiträge zur Krankenversicherung schon vor 2010 abgesetzt werden. Außerdem soll es Hilfen für Autokäufer geben.

Nico Fried

Die Regierung will angesichts der schlechteren Wachstumsprognosen und der Finanzkrise die Konjunktur mit einzelnen Maßnahmen stützen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihr Vize Frank-Walter Steinmeier (SPD) sprachen am Wochenende von Hilfen für die Autoindustrie. Geprüft werden soll auch eine steuerliche Entlastung der Bürger, um die Nachfrage anzukurbeln.

Schwächeres Wachstum erwartet: Angela Merkel: Hilfe für die Autoindustrie

Angela Merkel: Hilfe für die Autoindustrie

(Foto: Foto: AP)

Es müsse alles getan werden, um Investitionen und Arbeitsplätze zu stärken, sagte Merkel auf dem Landesparteitag der baden-württembergischen CDU in Karlsruhe. Bei der Kabinettssitzung am kommenden Mittwoch in Berlin solle das Thema noch einmal mit dem Wirtschafts- und dem Finanzminister besprochen werden. Zugleich schränkte Merkel ein, sie halte "nichts von breit gestreuten Konjunkturprogrammen", könne sich aber beispielsweise vorstellen, Anreize zu schaffen, damit sich die Verbraucher ein Auto mit weniger Schadstoffen kauften.

"Anreize für Automobilindustrie"

Steinmeier äußerte auf dem Sonderparteitag der SPD in Berlin ebenfalls die Bereitschaft, die Kraftfahrzeugsteuer zu reformieren, "um Anreize für die Automobilindustrie zu schaffen". Die SPD will zudem eine Milliarde Euro mehr Fördermittel für die Gebäudesanierung, zusätzliche Programme der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) für Mittelstand und Handwerk sowie zusätzliche Förderprogramme der Europäischen Investitionsbank durchsetzen.

Indirekt schloss Steinmeier auch zusätzliche Belastungen für den Bundeshaushalt nicht aus. Die Bundesregierung hatte bereits in der vergangenen Woche ihr Ziel relativiert, die Neuverschuldung bis zum Jahr 2011 auf null zurückzuführen. Steinmeier sagte jetzt: "Wenn es im nächsten Jahr schlechter läuft, wenn Steuereinnahmen rückläufig sein sollten, werden wir den Leuten nicht in die Tasche greifen dürfen." Auch dürften keine Sozialleistungen gekürzt werden. Stattdessen müssten Investitionen stabilisiert und "ein Schutzschirm für Arbeitsplätze" aufgespannt werden.

Auch der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Michael Sommer, forderte steuerliche Anreize zugunsten der Autoindustrie. "Eine Senkung der Kfz-Steuer würde den bedrohlichen Nachfragerückgang bei der Automobilindustrie stoppen", sagte er der Netzeitung.

Dagegen warnte der haushaltspolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Steffen Kampeter (CDU), vor voreiligen Maßnahmen. Die Koalition laufe Gefahr, durch unabgestimmte Vorschläge der Konjunktur eher zu schaden als zu nützen. "Die Tinte unter dem Rettungsschirm für die Banken und damit für die Konjunktur ist noch nicht trocken, da laufen die Leute wie ein aufgeregter Hühnerhaufen umher", sagte Kampeter der Nachrichtenagentur Reuters. Die Politik drohe durch unabgestimmtes Handeln "Opfer wohlorganisierter Lobbyinteressen" zu werden, etwa der Autoindustrie, sagte Kampeter.

"Höchste Zeit" für steuerliche Entlastungen

Unklar ist, inwieweit die Regierung auch steuerliche Erleichterungen für die Bürger ins Auge fasst. Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) sagte, es sei höchste Zeit, in einer wirtschaftlich schwierigen Phase, eine konjunkturgerechte Wachstumspolitik voranzubringen "und die Bürger nachhaltig zu entlasten". Glos hob damit vor allem auf Überlegungen ab, die steuerliche Absetzbarkeit für die Beiträge zur Krankenversicherung von 2010 um ein Jahr vorzuziehen. Unions-Fraktionschef Volker Kauder bestätigte, dass dies in seiner Fraktion geprüft werde.

Auch in der Bundesregierung wächst offenbar die Bereitschaft, diese vorzeitige Entlastung der Bürger in Höhe von etwa neun Milliarden Euro in Betracht zu ziehen. In Regierungskreisen wurde aber darauf verwiesen, dass dies noch nicht entschieden sei. Offenbar gibt es aus Sorge um den Etat im Finanzministerium von Peer Steinbrück Vorbehalte gegen einen solchen Schritt. Dessen Parteifreund Steinmeier nannte für das Inkrafttreten der Entlastung auf dem Parteitag ausdrücklich das Jahr 2010.

Der Vorsitzende der Linkspartei, Oskar Lafontaine, forderte stärkere Investitionen des Staates in Infrastruktur und Bildung. "Wir dürfen die Wirtschaft jetzt nicht abschmieren lassen", sagte Lafontaine auf einem kleinen Parteitag der saarländischen Linken in Neunkirchen.

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