Schutz vor der Sonne:Gefragter Stoff

Seit in Frankreich heftig über den Burkini diskutiert wird, sind die Verkaufszahlen um fast 200 Prozent gestiegen. Doch nicht nur Muslime greifen zu. Ein großer Teil der Käufer will sich mit dem Ganzkörperbadeanzug nur vor der Sonne schützen.

Von Nils Wischmeyer

Aheda Zanetti ist derzeit eine gefragte Frau. Sie hat den Burkini erfunden, einen Badeanzug, der den Körper der Trägerin verdeckt. Nur Gesicht, Hände und Füße lässt er frei. Das Stück Stoff ist vor allem in Frankreich zum Objekt heftiger Auseinandersetzungen geworden. Davon profitiert Zanetti. Seit die Verbotsdebatte ausgebrochen ist, läuft das Geschäft der Australierin so gut wie bislang noch nie, erzählte sie. Um 200 Prozent seien die Online-Verkäufe für ihre Burkinis in den vergangenen Tagen gestiegen, sagte Zanetti internationalen Medien.

Ein Großteil dieser Anfragen komme von Nicht-Musliminnen, die jetzt auf den Burkini aufmerksam geworden seien berichtet Zanetti. Insbesondere Menschen, die starke Sonneneinstrahlung nicht vertragen und sich vor der Sonne schützen wollen, würden ihre Erfindung bestellen. Dazu gehörten etwa Hautkrebspatientinnen.

Viele der Käufer sind keine Muslime. Sie wollen sich nur vor der Sonne schützen

Ein Burkini für Nicht-Muslime - das kennt Zanetti bereits. 700 000 Stück habe ihre Firma Ahiida seit 2008 verkauft. Davon gingen 40 Prozent an Menschen, die mit dem Islam nichts zu tun hätten, schätzt die 49-jährige Unternehmerin. Beliebt sei der Ganzkörperbadeanzug unter anderem bei Jüdinnen, Mormoninnen, Buddhistinnen oder Müttern, die nicht zu viel Haut zeigen wollten. Auch nach Europa liefert Ahiida. Knapp 40 Prozent aller Burkinis der Firma werden von Kundinnen in der Europäischen Union bestellt.

Zanetti hat mittlerweile aber auch Konkurrenten. In den USA gibt es beispielsweise ein Burkini-Model namens Splashgear. Es wird schon seit Mitte der Neunzigerjahre vertrieben. In der Türkei verkauft Hasema, ein Modelabel, dass sich auf muslimische Mode spezialisiert hat, seit mehr als zehn Jahren einen Ganzkörperbadeanzug unter dem Namen Haschema. Das Unternehmen verkauft nach jüngsten Angaben jährlich 40 000 bis 50 000 Stück. Und auch die erste große Bademodenfirma ist in das Geschäft eingestiegen: Speedo, sonst eher für ihre knappen Badehosen bekannt, verkauft eine Version des Ganzkörperbadeanzugs seit einiger Zeit über seinen internationalen Online-Shop.

Dass jetzt vielleicht auch weitere Firmen einsteigen und die Branche an sich bekannter wird, dürfte Zanetti trotz der Konkurrenz durchaus freuen. Ihre Intention sei von Beginn an gewesen, dass muslimische Frauen freier werden und am Strandleben teilhaben können, sagte sie. Es spiele keine Rolle, warum Frauen tragen, was sie tragen, sagte sie. "Der Strand ist für alle da. Wir Frauen sollten in der Lage sein, das anzuziehen, was wir wollen - und damit zu machen, was wir wollen", sagte sie.

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