Schutz deutscher Firmen:Plaudertasche Glos

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Der Wirtschaftsminister verwirrt mit Plänen zum Schutz deutscher Firmen vor Auslandsinvestoren. Es könnte Taktik dahinter stehen, aber auch Tollpatschigkeit ist nicht ausgeschlossen.

Nina Bovensiepen und Andreas Hoffmann

War es Taktik oder Tollpatschigkeit? Sicher ist nur, dass jetzt auch Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) im Sommerloch für Aufregung sorgt.

Eigentlich hatte der Minister diese Woche nur zu einer Pressekonferenz zum Ende der Steinkohle geladen. Angesichts von Themenarmut der Medien und Plauderlaune des Ministers verwandelte diese sich in eine Tour d'Horizon: Glos warnte vor Bahnstreiks, sprach über Klimaschutz, die Krise der IKB-Bank und redete schließlich davon, wie deutsche Firmen vor unerwünschten ausländischen Investoren geschützt werden sollten.

Konkret berichtete er von einer generellen Meldepflicht, wonach Ausländer die Bundesregierung informieren müssten, wollen sie bei einem größeren Unternehmen einsteigen.

Bislang zurückhaltend

Eine Meldepflicht? Ausgerechnet von Michael Glos, der sonst gern vor Staatseinfluss warnt? Bisher waren die Politiker von Union und SPD zurückhaltend, wenn es darum ging, den drohenden Aufmarsch asiatischer oder russischer Staatsfonds zu stoppen.

In der zuständigen Arbeitsgruppe der Regierung kursieren Pläne, eventuelle Übernahmen in sensiblen Branchen wie Telekommunikation, Post, Bahn und Energie stärker zu überwachen.

Von Meldepflichten und Einspruchsrechten war keine Rede - bis Glos vor die Mikros trat. Dort nannte er auch Details, für wen die Regelung gelten sollte. Etwa Firmen, die im Jahr mehr als 500 Millionen Euro umsetzen oder bei denen der Auslandsinvestor mehr als 25 Prozent der Anteile kaufen will.

Veto-Recht

Auch ein Veto-Recht der Regierung brachte Glos ins Gespräch. In einem ZDF-Interview ergänzte er seine Überlegungen weiter, es gehe darum, "bei unerwünschten Unternehmen zumindest ein Einspruchsrecht wie andere europäische Länder auch zu haben".

Kaum hatte er dies gesagt, fügte er hinzu, dass er persönlich die Firmen nicht übermäßig gegen Übernahmen schützen wolle. "Ich stehe nicht auf dem Gaspedal, sondern auf der Bremse", sagte der Minister.

Das interpretierten einige SPD-Politiker flugs anders. Der Wirtschaftspolitiker Rainer Wend begrüßte die Glos-Idee ebenso wie sein Kollege Ludwig Stiegler. "Ich kann einer Meldepflicht viel abgewinnen. Wir sollten wissen, wem die Unternehmen gehören", sagte Stiegler.

Sonderregeln

Er halte viel von offenen Märkten, in sensiblen Branchen wie Telekommunikation oder Stromversorgung müssten aber Sonderregeln und ein Gegenseitigkeitsprinzip gelten. Der russische Energiekonzern Gazprom könnte dann bei hiesigen Unternehmen nur einsteigen, wenn im Gegenzug auch die Deutschen bei den Russen zugreifen dürften.

Doch ob es dazu kommt? Derzeit ruht die Debatte um den Schutz vor Auslandsinvestoren schon deshalb, weil die zuständige Regierungs-Arbeitsgruppe im Urlaub weilt.

Dem Kreis gehören die Staatssekretäre Thomas Mirow (Finanzen) und Bernd Pfaffenbach (Wirtschaft) sowie Merkels Chef-Wirtschaftsberater Jens Weidmann an. Aus deren Umfeld ist zu hören, dass es keine spruchreifen Pläne gibt. Erst auf der Klausur in Meseberg Ende August könnte das Kabinett Eckpunkte festlegen.

Zwei Erklärungsvarianten

Warum aber ist Glos vorgeprescht? Dazu gibt es eben zwei Erklärungen: Taktik oder Tollpatschigkeit. Die erste Variante geht so: Der Minister übernimmt die Maximalforderungen jener, die einen starken Schutz befürworten. Es folgt ein Aufschrei der Union und der Wirtschaftsverbände - worauf die Pläne vom Tisch sind. Variante zwei lautet: Einmal in Plauderlaune, erzählte Glos zu dem Thema mehr, als er ursprünglich wollte.

© SZ vom 10.08.07 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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