Schuldenkrise in Irland:Sparen lohnt sich

Ireland Struggles Under The Weight Of An Economic Crisis After EU Bailout

Der Rettungsschirm geht, das schlechte Wetter bleibt

(Foto: Getty Images)

Irland schreibt ein Erfolgskapitel in der langen Geschichte der Euro-Rettung. Die Insel verlässt als erstes Land den Rettungsschirm. Der Etappensieg bedeutet nicht, dass die Euro-Zone aus dem Gröbsten heraus ist - doch sie liefert wichtige Lehren für andere Krisenstaaten.

Ein Kommentar von Björn Finke, London

Der historische Vergleich ist gewagt, zeigt aber, für wie dramatisch viele Iren die Ereignisse halten: Die Zeit seit dem Beginn der Finanzkrise 2008 sei die schlimmste Epoche Irlands seit der Großen Hungersnot in den 1840er-Jahren gewesen, sagte Finanzminister Michael Noonan am Wochenende. Damals starben eine Million Iren.

Auch wenn diesmal kein Bürger verhungerte - die Finanzkrise erschütterte das wirtschaftliche Fundament der Republik. Die Regierung musste den aufgeblähten Bankensektor retten und für faule Milliardenkredite einstehen. Die Staatsverschuldung stieg ins Astronomische. Daher schlüpfte Irland als erstes Land unter den Euro-Rettungsschirm und stutzte danach den Haushalt radikal. Die Rosskur zahlt sich aus. Am Sonntag verließen die Iren den Schutz des Schirms: In der langen Geschichte der Euro-Rettung schreiben sie das erste Erfolgskapitel.

Das ist ein guter Tag für die gebeutelte Euro-Zone. Er zeigt, dass das Kalkül der Währungsretter aufgeht. Die Troika aus EU, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds gewährte 2010 milliardenschwere Hilfskredite, im Gegenzug senkte die Regierung mit Steuererhöhungen und drastischen Ausgabenkürzungen das Staatsdefizit. Nun braucht das Inselvolk den Schirm nicht mehr - private Investoren fassten nach den harten Reformen wieder Vertrauen und gewähren zu vernünftigen Zinssätzen Darlehen, mit denen die Iren ihr Defizit und fällige Anleihen finanzieren können.

Wichtige Lehren für andere Krisenstaaten

Allerdings bedeutet dieser eine gute Tag nicht, dass die Euro-Zone aus dem Gröbsten heraus ist. Irland selbst hat ebenfalls einen weiten Weg vor sich, bis die Wirtschaft wieder auf einem wirklich stabilen Fundament steht. Trotzdem liefert der Etappensieg der Iren wichtige Lehren für die anderen Krisenstaaten, deren Abschied vom Schirm noch auf sich warten lässt: Portugal, Griechenland und Zypern. Spanien folgt den Iren bereits Anfang 2014 in die unbeschirmte Freiheit.

Die erste Lehre ist, dass sich Sparen lohnt, auch wenn es unbeliebt ist. Irlands Ausstieg bietet den Regierungen der anderen Krisenstaaten ein Mut machendes Beispiel, das sie ihren zweifelnden Völkern präsentieren können. Es ist tatsächlich möglich, mit heftigen Einschnitten das Vertrauen der Investoren zurückzugewinnen, wieder kreditwürdig zu werden und die lästigen Oberlehrer von der Troika nach Hause schicken zu können.

Die zweite Lehre: Dieser Vertrauensgewinn gelingt einfacher, wenn der Staat über ein im Kern vernünftiges Wirtschaftsmodell verfügt. Irland hat ja keineswegs solide Finanzen. Der Schuldenstand des Staates übersteigt weiter die jährliche Wirtschaftsleistung, das Haushaltsdefizit 2014 soll bei fast fünf Prozent liegen. Zahlreiche Bürger können ihre Hypotheken nicht bedienen, die Arbeitslosigkeit ist hoch, wenn auch fallend.

Bester Standort für Investitionen

Doch trauen Kreditgeber der Regierung inzwischen wieder zu, diese Probleme lösen und die Außenstände langfristig senken zu können. Und zwar deswegen, weil das Land jenseits von maroden Banken und Immobilienfirmen eine recht gesunde Wirtschaft hat und attraktiv für ausländische Konzerne ist. Die Bevölkerung ist jung, gut ausgebildet und spricht englisch, die Steuersätze für Unternehmen sind niedrig, der Arbeitsmarkt ist flexibel. Das Wirtschaftsmagazin Forbes kürte die Inselrepublik erst vor zwei Wochen zum weltweit besten Standort für Investitionen.

Griechenland, Zypern und Portugal landen in der Rangliste auf Plätzen zwischen 20 und 46. Auch diese Länder müssen künftige private Kreditgeber überzeugen, dass ihre Volkswirtschaften wettbewerbsfähig sind und ohne die Schuldenexzesse der Vergangenheit funktionieren. Dabei helfen die ungeliebten Reformen, welche die Troika als Gegenleistung für Hilfen fordert. Märkte sollen liberalisiert, Steuersysteme vereinfacht, aufgeblähte Bürokratenapparate gestutzt werden.

Die dritte Lehre aus Irlands Schicksal: Es ist richtig, bei Schieflagen von Banken in Zukunft die Staatshaushalte zu schonen. Denn bis auf den Immobilien- und Finanzsektor war die Wirtschaft der Insel 2008 halbwegs gesund. Doch weil die Regierung die Banken rettete und für deren Irrsinn geradestand, verdoppelte sich die Staatsverschuldung binnen zweier Jahre. Das trieb eine stabile Volkswirtschaft an den Rand des Bankrotts. Die EU-Finanzminister beschlossen vorige Woche, künftig müssten zunächst Aktionäre und Anleihekäufer einer taumelnden Bank bluten. Erst wenn gar nichts anderes mehr hilft, sollen Staaten Geld zuschießen.

Hätte diese Regelung schon 2008 gegolten, wäre den Iren eine historische Tragödie erspart geblieben.

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