Schuldenkrise in Griechenland:Gebt Athen mehr Zeit!

Endlich wacht die griechische Regierung auf. Bisher trafen die Sparbemühungen nur die Wehrlosen - jetzt sollen die Privilegierten ihre Opfer bringen. Das ist richtig, dauert aber lange. Deshalb sollten die europäischen Geldgeber ihren Zeitplan ändern.

Kai Strittmatter

Eine letzte Verzweiflungstat? Oder eine letzte Chance? Die nächsten Wochen werden es zeigen. Immerhin: Die griechische Presse meldet, die Regierung in Athen wolle endlich auch da die Axt ansetzen, wo der Baum schon lange am morschesten ist: beim aufgeblähten, ineffizienten Staatsapparat. Der war die letzten Jahre über zuallerletzt dazu da, dem Staat zu dienen, war zuallererst den Parteien Beute, die dort Freunde und Vettern unterbrachten.

Die Proteste gegen die Sparpläne der griechischen Regierung werden wieder größer. (Foto: dpa)

Die Schrumpfkur wäre ein zweifacher Segen: Zum einen stiehlt die monströse Bürokratie dem Staat die Ressourcen, die er so dringend braucht. Im Durchschnitt verdient ein Angestellter des Staates doppelt so viel wie einer in der Privatwirtschaft. Zum anderen verstand ein Teil des Apparates seinen Daseinszweck stets in der Behinderung von Investoren und im Handaufhalten.

Die Regierung von Giorgos Papandreou muss aber auch deshalb Ernst machen, weil dies ein Zeichen ist an die große Mehrheit der zornigen Wehrlosen, die bisher die Last der Sparmaßnahmen allein trägt. Es müssen auch die ersten der Privilegierten ihre Opfer bringen.

Gleichzeitig sollten die Reformen den Geldgebern Anlass dafür sein, ihren Zeitplan zu überdenken. Die ehrgeizigen Sparziele von EU und IWF lassen sich kaum erreichen, wenn man die Wirtschaft weiter in den Würgegriff nimmt. Steuern kann man über Nacht erhöhen, die kaputte Finanzverwaltung aber zu sanieren, das verlangt Monate.

Selbst wo die Regierung guten Willens ist, hat sie es mit einer maroden Justiz und einer oft sabotierenden Bürokratie zu tun. Athen braucht mehr Zeit. Wenn die Regierung zeigt, dass sie nun aufgewacht ist, sollte man sie ihr geben.

© SZ vom 22.09.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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