Euro-Krise:Ende des Abgesangs

Euro-Krise: Ist das Schlimmste überstanden? Einige Nachrichten zeigen tatsächlich eine echte Wende an. Das Vertrauen in die Währungsunion kehrt zurück.

Ist das Schlimmste überstanden? Einige Nachrichten zeigen tatsächlich eine echte Wende an. Das Vertrauen in die Währungsunion kehrt zurück.

(Foto: NASA/AFP)

Das Vertrauen in den Euro kehrt zurück. Nicht nur, weil Krisenstaaten wie Spanien oder Portugal sparen und reformieren. Europas Währung steht gegenüber dem Dollar höher als vor Jahresfrist. Südeuropa schlittert nicht mehr auf eine Pleite zu, sondern bekommt bezahlbare Kredite von Investoren. Vor allem ist die Wende aber ein Verdienst von Zentralbank-Chef Draghi.

Ein Kommentar von Alexander Hagelüken

Nouriel Roubini wusste es ganz genau, damals vor einem Jahr auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos. Binnen zwölf Monaten fliegen die Griechen aus dem Euro, weissagte der amerikanische Professor in den Schweizer Bergen. Roubini ist nicht irgendeine Dorfkassandra. Der Gelehrte warnte anders als viele hochdekorierte Ökonomen vor der Finanzkrise 2007. Und mit ihm wussten vor einem Jahr noch viele andere Propheten ganz genau, dass es nichts werden könne mit diesem Euro, der doch angeblich der Deutschen größtes Unglück darstellt.

Zwölf Monate später stehen sich Freunde und Gegner der Währungsunion weiter unversöhnlich gegenüber. Eines aber erscheint eindeutig: Die Abgesänge haben eine peinlich geringere Haltbarkeitsdauer als der Euro selbst. Europas Währung steht gegenüber dem Dollar höher als vor Jahresfrist. Südeuropa schlittert nicht mehr auf eine Pleite zu, sondern bekommt bezahlbare Kredite von Investoren.

Und die neueste Nachricht zeigt eine echte Wende an: Spanier und Griechen schaffen ihr Geld zurück auf die heimischen Konten, die sie panikartig geleert hatten. Das Vertrauen in die Währungsunion kehrt zurück. Ist es also an der Zeit, das Ende der Euro-Krise auszurufen, auf dass all die Kassandras vor Scham vergehen? So weit ist es leider nicht. Es gibt Hoffnung, reichlich sogar, aber vor einem guten Ende stehen auch noch reichlich Herausforderungen.

Der Italiener mit dem Lächeln eines Raben

Das wird so richtig klar, betrachtet man die Gründe für die Entspannung. Ja, Krisenstaaten wie Spanien oder Portugal sparen und reformieren Staat und Wirtschaft. Doch das allein brachte nicht den Umschwung. Es war der Italiener mit dem Lächeln eines Raben, der die Stimmung drehte: Euro-Lands oberster Notenbanker Mario Draghi mit seinem Versprechen, "alles" zu tun, um die Währung zu retten. Diese Ankündigung war wegen ihrer potenziellen Kosten umstritten - und doch der einzige Weg. Denn das totale Misstrauen gegenüber dem Euro ließ sich nicht durch Fakten erklären: Gegen Japan oder die USA, beide höher verschuldet, spekulierte niemand.

Den Euro dagegen nahmen die Investoren als Abbild seiner 17 streitenden Regierungen wahr - und flüchteten. Der Auftritt Draghis etablierte in Europa, was jeder Brokernovize an der Wall Street beherzigt: Nicht gegen die US-Notenbank spekulieren, weil sie Amerika mit selbst gedrucktem Geld verteidigt. Seit Juli denken das die Investoren auch von Draghi und Europa - und kaufen wieder. Vorher wollten die Anleger nicht an einen Euro ohne politische Union glauben. Nun hat die Zentralbank diese Union temporär ersetzt.

Für Feierabend noch zu früh

Damit wird klar, warum sich die Euro-Krise entspannt hat, aber nicht vorbei ist. Notenbanker kaufen mit ihrem Geld nur Zeit, sie können nicht an die Stelle einer stärkeren politischen Union treten, sie sind dafür demokratisch gar nicht legitimiert. Die Währungsunion muss sich nun endlich ein gemeinsames Wirtschaftsmodell geben, mit Sparhaushalten und wettbewerbsfähigen Firmen. Und sie muss dieses Modell per Mehrheit durchsetzen, zur Not gegen eine national gewählte, aber fiskalisch verantwortungslose Regierung.

European Central Bank Press Conference

Nicht gegen die US-Notenbank spekulieren: Credo von EZB-Chef Mario Draghi.

(Foto: Getty Images)

Zu dieser Art politischer Union gibt es Ansätze, die aber noch keinen Belastungstest hatten. Das schafft Unsicherheit, denn Theo Waigels Stabilitätspakt war ja auch ein Wirtschaftsmodell, das den Euro stabil gehalten hätte - allein, die Regierungen ignorierten die Vorgaben.

Der zweite Unsicherheitsfaktor: Die Rettungsaktion der Notenbanker hat eine Gefahr mit sich gebracht. Sie hat Südeuropa von der Peitsche hoher Strafzinsen befreit und damit den Druck gemindert, zwingende Reformen anzugehen. Dieses Dilemma lässt sich fatal an Italien erkennen, wo Übergangspremier Mario Monti nach ersten Maßnahmen nachließ. Für den Feierabend ist es aber noch zu früh. Nur wenn Südeuropa seinen Weg zu Ende geht, kommt es dem Norden nah genug, sodass eine Währungsunion auf Dauer bestehen kann. Ansonsten bricht Europa in stark und schwach auseinander. Die Währung funktioniert nur als Union.

Es stehen dem Euro also wieder einmal Schicksalsmonate bevor. Lösen die Griechen ihre Versprechen ein? Wählen die Italiener einen fähigen Premier? Startet François Hollande endlich eine Reformagenda à la Gerhard Schröder?

Von solchen Unsicherheiten haben viele Europäer vermutlich genug; sie wollen ein schnelles Happy End. Den ungeduldigen Europäern kann gesagt werden: Europa hat viel geschafft, die Südeuropäer haben viele Opfer gebracht - und daher steht der Euro weit stabiler als vor einem Jahr. Die beste Nachricht ist das für die Deutschen: Ihnen garantiert der Export in einen sicheren Euroraum den Wohlstand, an den sie gewohnt sind.

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