Schnellere Geldgeschäfte:Die neue Währung der Banken

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Um Kosten zu sparen, wollen internationale Finanzinstitute eine digitale Zahlungseinheit schaffen. Sie soll Aktiengeschäfte billiger, schneller und sicherer machen. Die wichtigsten Fragen.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Internationale Großbanken wollen ihre eigene - digitale - Währung schaffen, um künftig bei Wertpapiergeschäften Milliarden Dollar zu sparen. Die Schweizer UBS, die Deutsche Bank, die spanische Santander und die amerikanische BNY Mellon möchten zusammen mit dem Broker ICAP im Jahr 2018 damit an den Start gehen. Die SZ beantwortet die wichtigsten Fragen.

Dürfen Banken eine eigene Währung etablieren?

Das kommt darauf an, was man mit Währung meint. Jeder Bürger darf sich mit dem Nachbarn darauf einigen, dass man sich die Auslagen mit Reis oder Kartoffeln ersetzt. So können Banken untereinander auch festlegen, dass beispielsweise 1,50 Dollar einer digitalen Währungseinheit mit fiktivem Namen entspricht. Man schafft so eine interne, digitale Verrechnungseinheit. Das ist auch der Plan der beteiligten Banken. Mit einer gesetzlichen Währung hat das nichts zu tun. Die Zentralbanken müssen aber auch der internen Währungseinheit zustimmen, wie die Deutsche Bank mitteilt. Die Gespräche laufen erst an. Die Financial Times nennt die US-Notenbank Fed, die Bank of England und die Bank of Canada.

Was wollen die Banken erreichen?

Ihnen geht es um Kosten- und Zeitersparnis im Wertpapierhandel. Jedes Aktiengeschäft zwischen zwei Banken braucht die Hilfe Dritter. Abrechnungsorganisationen wie Clearstream sorgen dafür, dass die Aktie dem Käufer zugeschrieben und gleichzeitig dem Verkäufer der bezahlte Preis gutgeschrieben wird. Die Banken müssen diese Dienstleistungen von Clearstream bezahlen. Die Beratungsagentur Oliver Wyman schätzt die globalen Gesamtkosten für die Verbuchung von Wertpapiergeschäften auf 65 bis 80 Milliarden Dollar. Dazu kommt das Tempo: Heute dauert es zwei Tage, bis jedes Aktiengeschäft ordentlich verbucht ist. Mit der neuen digitalen Währung könnte man die Geschäfte nahezu in Echtzeit verbuchen.

Welche Risiken gibt es?

Die Pläne der Banken sind noch nicht sehr konkret. Das wichtigste Problem stellt sich, wenn eine der beteiligten Banken Pleite gehen würde. Das würde viele Fragen aufwerfen: Was sind die Buchungen in der eigenen, internen Währung wert, wenn der Insolvenzverwalter kommt? Wie ist es dann mit der Haftung? Wer garantiert für die digitale Währung, wenn es sich nicht um Zentralbankgeld handelt? Um Betrug zu verhindern und vielleicht auch mehr Vertrauen zu schaffen, planen die Banken, für die Transaktionen Bargeld bei den Zentralbanken zu hinterlegen.

Welche Technologie steckt dahinter?

Es geht um die Blockchain- oder Distributed ledger technology. Blockchain kann man sich als ein riesiges Netzwerk von einzelnen Computern vorstellen. In diesem verschlüsselten Netzwerk würden dann alle Aktienhandelsgeschäfte der Banken dokumentiert und abgeglichen werden - und zwar auf jedem Rechner. Das soll für Sicherheit sorgen. Manipulationen in solch einem dezentralen System seien viel schwieriger zu bewerkstelligen, als wenn Cyber-Kriminelle ein zentrales Netzwerk attackierten. Blockchain ist damit nichts anderes als eine auf viele Rechner verteilte Buchhaltung. Mit dieser Technologie können Aktien und Anleihengeschäfte direkt zwischen den Banken abgewickelt werden. Die Börsen und die Abrechnungsorganisationen bleiben außen vor. Sie machen deutlich weniger Geschäfte. Die Banken sparen Geld.

Wie sicher ist die Technologie?

Da liegt einiges im Argen. Bitcoin ist eine der bekanntesten digitalen Währungen, die auch Blockchain basieren. Anfang August konnten Hacker Bitcoins im Wert von 58 Millionen Euro stehlen. Dazu kommt der schlechte Ruf. Der Preis für Bitcoins an den Börsen schwankt extrem. Die digitale Währung ist auch schon missbraucht worden, um illegale Drogen- und Waffengeschäfte zu finanzieren.

Kann Blockchain das Bankgeschäft überhaupt stemmen?

Die Belastungsgrenze der Technologie ist noch weitgehend unerforscht. Man weiß nicht, ob das System überhaupt in der Lage ist, täglich Millionen von Aktiengeschäften zu registrieren und zu überprüfen. Da jede Buchung auf allen Rechnern auf Manipulationen überprüft werden soll - die Kette der Transaktionen also immer länger wird - stellt sich irgendwann die Frage, wie lange dieser Prozess dauert. Und ob die Prüfung dann auch wirklich verlässlich ist.

Was machen andere Banken?

Das Konsortium um Deutsche Bank und UBS möchte künftig den Standard setzen. Doch die Konkurrenz schläft nicht. Die US-Bank Citigroup arbeitet an einer "Citi-coin"-Lösung, die Investmentbank Goldman Sachs hat einen Patentantrag laufen für "SETLcoin", wie die Financial Times schreibt. Die von der UBS entwickelte Währung heißt "Utility Settlement Coin".

Was haben Privatanleger davon?

Auch die Aktiengeschäfte der Privatinvestoren können mit der Blockchain-Technologie schneller verbucht werden, und sie sind womöglich auch günstiger. Aber nur dann, wenn die Banken den Kostenvorteil zum Teil an den Endkunden weitergeben. Ob das passiert, ist offen.

© SZ vom 25.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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