Schleichwerbung:Wildwuchs im Fernsehgarten

Wie sich PR-Beiträge ausbreiten.

Die Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg hat einen flotten Namen, der so gar nicht zum muffigen Image der Bundesanstalt für Arbeit passt, wie die Behörde einst hieß.

Schon seit längerem setzt sie, ganz modern, aufs Fernsehen. Der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) strahlt etwa die wöchentliche Servicesendung Arbeitsmarkt aktuell aus, die im Auftrag der ARD-Anstalt von der Firma Film und Video Studio Berlin produziert wird - als Finanzier wirkt die Bundesagentur.

Die eigene Redaktion nehme die Beiträge ab und trage die Verantwortung, so ein RBB-Sprecher, die Kooperation werde im Abspann ausgewiesen. Zum Jahresende wird das Gratisprogramm eingestellt.

Ähnlich ist die Konstellation bei den Sendungen Mit Rat und Tat sowie JoJo - das Jobjournal, die der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) ausstrahlt. Auch hier arbeitet eine externe Produktionsfirma mit der Nürnberger Behörde zusammen und liefert die Beiträge.

"Die Hoheit über die Inhalte liegt ganz allein bei den Redaktionen des MDR", betont ein Sprecher. Und doch: Dass staatliche Institutionen sich quasi ihr eigenes Fernsehen finanzieren, ist nicht im Sinne der Erfinder des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Der soll schließlich staatsfern seinem Programmauftrag nachkommen.

Subtiles Lob

Umso erstaunlicher sind solche Kooperationen, die sich auch im ZDF entfalteten. Der in Mainz ansässige Sender promotete in der Serie Sabine! pfälzischen Wein - und das dortige Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau zahlte.

Eine Szene spielt in einem Berliner Restaurant, das teils einer Bank des Landes Rheinland-Pfalz gehört. Titelfigur Sabine, eine kecke Lehrerin, bekommt hier bei einem Besuch vom Kellner zu hören: "Wenn ich Ihnen einen Pfälzer Riesling empfehlen dürfte.

Unser Weinbauminister und seine Gäste trinken ihn auch gerade." Dann schwenkt die Kamera auf den echten rheinland-pfälzischen Wirtschaftsminister Hans-Artur Bauckhage, der seinen Gästen zuprostet. "Ja dann!", sagt Sabine.

100.000 Euro ließ sich das Land die Wein-PR kosten. Genauso viel zahlte VW für seinen New Beetle in Sabine!; der Agrar-Marketingklub CMA überwies 170.000 Euro für subtiles Lob von Milch.

Sabine fragt: "Es gibt hier eine Milchbar?" Der Schuldirektor antwortet: "Ja, Milch macht klug." Die insgesamt vier Firmenpartner für Sabine! erhielten offiziell die "nicht-gewerblichen Nutzungsrechte" an den TV-Stückchen, angeblich für eigene Vorführungen. Diesen Trick hat das ZDF gern praktiziert.

So waren für die Teilnahme an der Reihe König Kunde und andere Katastrophen in einem Fall 90.000 Euro zu zahlen, die der kommerzielle Partner später auf 50.000 Euro kürzen konnte - ebenfalls deklariert als Entgelt "nicht gewerbliche" Nutzungsrechte. Wildwuchs auch im Fernsehgarten.

Ein "Kooperationsvertrag" sah vor drei Jahren in einem Fall vor, dass das eingeschaltete Unternehmen gut 10.000 Euro für solche Rechte ans ZDF zahlt und seinerseits Requisiten "inklusive Firmenemblemen" bereitstellt sowie "abgestimmte Interviewpartner" vermittelt.

Dass es sich um bezahlte Auftritte in der Sonntagsshow handelte, sollte das Publikum auf keinen Fall erfahren. In dem Abkommen steht deshalb wohl auch der Satz, der Vertragspartner sei nicht berechtigt, "in seiner Werbung und/oder PR-Arbeit auf die Zusammenarbeit mit dem ZDF hinzuweisen."

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