Schlecker:Insolvenzverwalter setzt auf KfW-Darlehen

Hoffnung für die Schlecker-Mitarbeiter: Baden-Württemberg will nach SZ-Informationen 75 Millionen Euro für die Transfergesellschaft bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau organisieren.

Max Hägler, Stuttgart

Still ziehen die Schlecker-Mitarbeiterinnen durch die Straßen zum Stuttgarter Schloßplatz. Still - aber wütend. "Ehrensold für uns", steht auf einem großen Plakat. Eine Frau hat sich ein Schild umgehängt mit dem Spruch: "Anton, Anton, was hast Du uns angetan, Du hast den Karren an die Wand gefahren."

Kundgebung von ver.di fuer die 'Schlecker Frauen' anlaesslich des Internationalen Frauentages

Es ist Welt-Frauentag. Auf dem Stuttgarter Schlossplatz demonstrieren die Mitarbeiterinnen von Schlecker gegen den drohenden Stellenabbau.

(Foto: dapd)

Passend zum Weltfrauentag ist die überwiegend weibliche Belegschaft der insolventen Drogerie-Kette Schlecker aufgewacht. Wie in Stuttgart demonstrierten die Frauen am Donnerstag mit über hundert Aktionen in ganz Deutschland. Und zeigten, wen die Pleite besonders betrifft.

30.000 Menschen sind in Deutschland beim insolventen Drogisten Anton Schlecker und dessen Tochterfirmen beschäftigt. Über 12.000 müssen wohl gehen. Auch der Rest bangt, denn Ende März läuft das Insolvenzgeld aus, das der Staat zur Überbrückung zahlt. Das ist dann auch eine der Forderungen an diesem Tag: Der Staat soll das Insolvenzgeld verlängern, damit mehr Zeit zum Ordnen der über 5000 Filialen bleibt, damit sich vielleicht doch ein Investor findet. "Wir erwarten, dass sich alle zuständig fühlen", ruft die Gewerkschaftsfunktionärin Leni Breymaier.

Zumindest Katrin Altpeter, die SPD-Sozialministerin aus Baden-Württemberg, gibt sich als Zuständige. Sie steht inmitten der Schlecker-Frauen am Schloßplatz. Über ihr ein Transparent mit der Aufschrift "Wir kämpfen!" Auf dem Mantel ein Anstecker mit Schlecker-Logo und der Aufschrift: "Belegschaftsunterstützer".

Ihre Regierung hat dieser Tage eine Gruppe einberufen, die sie Taskforce nennt, und die die Schlecker-Rettung koordinieren soll. "Es darf nicht sein, dass die Mitarbeiterinnen allein die Zeche zahlen für das Missmanagement", ruft Altpeter ins Megafon. Solche Worte spenden Kraft, am Ende der Demo lachen einige der Frauen sogar.

Eine neue Liste mit Standortschließungen bestimmt die Lage

Stunden später, nach einem Gespräch mit dem Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz, gibt es ein erstes Ergebnis der Arbeitsgruppe: Die Landesregierung wird sich beim Bundeswirtschaftsministerium um ein Darlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau bemühen, erfuhr die Süddeutsche Zeitung aus Regierungskreisen.

70 bis 75 Millionen Euro braucht Geiwitz, dann kann er die überzähligen Mitarbeiter in einer Transfergesellschaft unterbringen. Das würde ihnen eine Kündigung ersparen und einem möglichen Investor wohl tausende von Kündigungsschutzklagen.

Untertags ist diese Abfederung noch nicht bekannt, eine neue Liste mit Standortschließungen bestimmt vielerorts die Lage. "Es hat deswegen Tränen gegeben", berichtet eine Verdi-Sprecherin aus Brandenburg. Und leise ist dabei Kritik zu hören: Die Kriterien, nach denen die Unternehmensberatung McKinsey die Standorte ausgewählt habe, seien nicht klar. Das müsse zu Beginn der kommenden Woche nochmals diskutiert werden, fordert Verdi.

Offenbar habe überwiegend die Rentabilität im Vordergrund gestanden. Das aber widerspricht einem mittlerweile zentralen Argument des Gesamtbetriebsrats und der Verdi-Führung: Schlecker sei als Nahversorger gesellschaftlich relevant und dürfe nicht nur nach Marktgesetzen beurteilt werden, fordern sie immer lauter.

Oft sei Schlecker das letzte Geschäft im Ort

Bei den Demos ist die Rede davon, aber auch in Briefen, die Verdi in diesen Tagen an Politiker in ganz Deutschland verschickt. Die Schließung von 3000 Filialen in oft strukturschwachen Gebieten hätte zur Folge, "dass in hunderten, wenn nicht tausenden Gemeinden die Grundversorgung eingeschränkt ist". Denn oft sei Schlecker das letzte Geschäft im Ort, heißt es in dem Brief.

Würden nun diese Filialen geschlossen, verschärften sich überall die Infrastrukturprobleme. Da sei es billiger, den Filialen finanziell zu helfen, etwa mit rechtlich möglichen Fördermitteln. Den Schreiben, das Bürgermeister bekommen, ist auch gleich noch ein entsprechender Förderantrag beigelegt. Allerdings gibt es bereits kritische Stimmen. Subventionen seien im Fall Schlecker wohl nicht nachhaltig, heißt es etwa aus dem Wirtschaftsministerium in Sachsen-Anhalt. Schlimmstenfalls würden Arbeitsplätze bei rentablen Mitbewerbern gefährdet.

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