Schienenverkehr:Die Bahn muss sich endlich auf das Bahnfahren konzentrieren

Lokführer steuert ICE

Das zusätzliche Geld für die Bahn ist sinnvoll. Aber es gibt noch viele Baustellen im Konzern.

(Foto: picture alliance / dpa)

Das Unternehmen bekommt mehr Geld vom Staat: Gut so! Aber das reicht nicht aus. Der Staatskonzern muss sich auch von Teilen seines Geschäfts trennen.

Kommentar von Caspar Busse

Von einer "neuen Ära" schwärmte Rüdiger Grube, der Chef der Deutschen Bahn, als er in der vergangenen Woche bei einem Festakt in Berlin den neuen ICE 4 vorstellte. Die Züge, die das Staatsunternehmen bei Siemens bestellt hat, sollen von Ende 2017 an unterwegs sein und helfen, endlich viele Probleme zu beseitigen. Die Klimaanlagen, die so oft ausfallen, sollen besser sein, kostenloses Wlan soll für die Kunden verfügbar sein, mehr Plätze werden angeboten, modernes Design soll für ein besseres Reisgefühl sorgen. Sogar Fahrräder dürfen künftig im ICE mitgenommen werden.

Ob das schon reicht, um die Deutsche Bahn wieder auf Erfolgskurs zu bringen? Die Lage ist in der Tat schwierig, 2015 lag der Verlust bei 1,3 Milliarden Euro. Umsatz und Gewinn waren zuletzt weiter rückläufig, vielfach jammern die Kunden über schlechten Service und Verspätungen. Billig-Tickets sorgen zwar für volle Züge, doch in der Kasse der Bahn bleibt dann nicht viel hängen.

Grund dafür ist auch eine lange Phase des Missmanagements, in der sich die Deutsche Bahn auf einen möglichen Börsengang kaprizierte. Damals war eine Privatisierung des Staatsunternehmens über den Aktienmarkt geplant, die glücklicherweise dann doch nicht kam. Eine börsennotierte Bahn hätte sich dem Druck der Finanzmärkte beugen müssen - vor allem dem Willen der dann zum Teil auch privaten Eigentümer, die auf eine hohe Ausschüttung und steigende Aktienkurse setzen. Schon in der Vorbereitung des Börsengangs wurde nur an einer kurzfristigen Optimierung des Angebots gearbeitet.

Jetzt steuert die Bundesregierung um und will bis zum Jahr 2020 rund 2,4 Milliarden Euro zusätzlich in die hochverschuldete Deutsche Bahn stecken. Mit dem Geld sollen unter anderem weitere Investitionen ermöglicht werden. Auch die bislang fest vereinbarten Dividendenzahlungen für die Zukunft werden reduziert, damit wird erheblich Druck von der Bahn genommen. Der Kurswechsel war lange überfällig, auch wenn die nun vorgesehenen Rettungsmaßnahmen mit den Milliarden der Steuerzahler finanziert werden. Aus eigener Kraft schafft es die Deutsche Bahn offenbar nicht, wieder auf Kurs zu kommen und die Fehler der Vergangenheit zu korrigieren. Wie bei privatwirtschaftlichen Unternehmen ist in der Krise der Eigentümer in der Verantwortung, in diesem Fall der Bund.

Neues Geld in das Unternehmen zu pumpen, wird aber alleine nicht reichen. Das Behandeln von Symptomen sorgt zwar kurzfristig für Erleichterung, darf aber nicht einen langfristigen Plan zur Gesundung ersetzen. Bahn-Chef Grube, dessen Vertrag noch in diesem Jahr verlängert werden soll, muss vielmehr nachhaltig umsteuern und auf eine neue Strategie setzen. Es sollte dringend verhindert werden, dass die Deutsche Bahn zu einem dauerhaften Sanierungsfall wird. Bahnfahren muss wieder attraktiv und erschwinglich werden und Spaß machen (wozu zum Beispiel der ICE 4 beitragen kann). Denn es gibt eigentlich kaum ein Verkehrsmittel, das umweltfreundlicher, zuverlässiger und sicherer ist. Viele Staaten beneiden Deutschland um seine flächendeckende und funktionierende Bahn-Infrastruktur.

Die internationale Expansion ist ein Irrweg

Künftig sollte sich der Staatskonzern allein auf sein Kerngeschäft, nämlich den Transport von Passagieren auf der Schiene, konzentrieren. Gerade erst wurde ein Teil der Fernbusaktivitäten eingestellt. Die Experten der Monopolkommission, einem Beratergremium der Bundesregierung, hatten im vergangenen Jahr außerdem mit Recht gefordert, dass sich der Konzern von anderen Aktivitäten trennen soll, etwa vom britischen Nahverkehrsanbieter Arriva (der allerdings derzeit mit hohen Gewinnen das Bahn-Geschäft subventioniert) oder der Speditionsfirma Schenker. Die internationale Expansion, die die Bahn in der Vergangenheit mit den beiden Tochterfirmen vorangetrieben hat, war falsch. Er wäre richtig, sich davon wieder zu trennen, damit die Bahn ihre eigentlichen Aufgaben richtig erledigen kann.

Durchaus verständlich ist jedoch der Protest der Konkurrenten, die angesichts der neuen Milliarden für die Bahn nun weitere Wettbewerbsverzerrungen fürchten. Nur: Mit einer dauerhaft geschwächten Deutschen Bahn ist langfristig niemandem geholfen - nicht den Kunden, aber auch nicht der Konkurrenz, wenn der Staatskonzern in seiner Verzweiflung mit Dumpingangeboten die Preise kaputt macht. Wichtig ist, dass die Milliarden, die Verkehrsminister Alexander Dobrindt nun aus der Steuerkasse spendiert, zu einer wirklich neuen Ära bei der Deutschen Bahn führen.

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