Scheinselbständigkeit:Ryanair will Piloten feste Jobs geben - aber kein festes Gehalt

Ryanair Billigflieger Flughafen Frankfurt-Hahn

Der irische Billigflieger Ryanair ist für seine aggressive Preispolitik bekannt. Dazu tragen auch die extrem flexiblen und dadurch billigen Piloten bei.

(Foto: Thomas Frey/dpa)
  • Die Billigfluggesellschaft Ryanair will offenbar viele bisher freiberuflich beschäftigte Piloten doch fest anstellen - bei Zeitarbeitsfirmen.
  • Derweil wird gegen rund 100 Piloten und Personaldienstleister wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung und des Sozialversicherungsbetruges ermittelt, weil die Piloten scheinselbständig sein könnten.
  • Die Arbeitsbedingungen werden sich für sie nun aber wohl kaum verbessern.

Von Jens Flottau

Die irische Billigfluggesellschaft Ryanair zieht Konsequenzen aus den Ermittlungen gegen viele ihrer selbständigen Piloten in Deutschland. Diese Piloten, die an den deutschen Ryanair-Basen eingesetzt werden, sollen nach Informationen von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung bald bei Zeitarbeitsfirmen fest angestellt werden. An der vergleichsweise schlechten Absicherung ändert sich aber offenbar nicht viel.

Die Staatsanwaltschaft Koblenz ermittelt gegen rund 100 Piloten und Personaldienstleister wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung und des Sozialversicherungsbetruges. Im Juli hatte die Behörde Wohnungen von Piloten durchsucht und an den Basen Befragungen durchgeführt. Im Kern geht es um den Vorwurf der Scheinselbständigkeit.

Die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) kritisiert seit längerem, dass etwa die Hälfte der in Deutschland eingesetzten Piloten als Scheinselbständige tätig seien und mit deutlich schlechteren Arbeitsbedingungen leben müssten als ihre fest angestellten Kollegen. Das Risiko liege einseitig bei den Piloten, die kein Grundgehalt bekämen, während Ryanair extrem flexibel sei.

Bei Krankheit verdienen die Piloten weiterhin nichts

Das neue Modell sieht den Informationen zufolge vor, dass die bisher offiziell selbständigen Piloten bei zwei Personaldienstleistern, Bluesky Resources und McGinley, fest angestellt werden. Mit McGinley arbeitet Ryanair schon bislang zusammen, Bluesky wurde erst im August 2016 gegründet und steht offenbar in Verbindung mit der Crewlink Ireland. Die beiden Firmen haben die gleiche Geschäftsadresse, die beiden Eigentümer von Crewlink sind auch Bluesky-Direktoren. Crewlink ist darauf spezialisiert, Flugbegleiter zu rekrutieren und zu schulen. Ryanair sagte auf Anfrage lediglich, man kommentiere "keine Spekulationen, die vertrauliche Vertragsabsprachen mit unseren Mitarbeitern oder Contractorpiloten betreffen." Bluesky Resources antwortete gar nicht.

In einem internen Bluesky-Schreiben, das WDR, NDR und SZ vorliegt, werden die Details der neuen Arbeitsverträge dargestellt. Demnach werden die Piloten weiterhin nur nach Stunden bezahlt, Kapitäne bekommen rund 125 Euro, Co-Piloten 63 Euro, hinzu kommt noch Urlaubsgeld. Erreichen die Piloten die maximal zulässige Zahl von 900 Stunden pro Jahr, verdienen Kapitäne etwa 125 000 Euro, die Co-Piloten etwa die Hälfte. Allerdings zahlt Bluesky dem Schreiben zufolge kein Basisgehalt und will nur 450 Flugstunden pro Jahr garantieren. Bei Krankheit verdienen die Piloten nichts.

Bluesky behauptet, die Vertragskonstruktion sei mit den deutschen Steuerbehörden abgesprochen. Demnach versteuern die Piloten ihre Einnahmen in Irland, unterliegen aber der deutschen Sozialversicherung.

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