Schaeffler/Conti:"Eine Teilverstaatlichung rettet Arbeitsplätze"

Kaum ein Ökonom meldet sich in der Finanzkrise lauter zu Wort als Rudolf Hickel. Nun schlägt er eine Teilverstaatlichung von Continental vor.

Paul Katzenberger

Bei dem unter Druck geratenen Schaeffler-Konzern kritisieren Experten inzwischen die waghalsige Wachstumsstrategie der vergangenen Jahre und sprechen sich für eine Rückabwicklung der Zukäufe aus.

Schaeffler/Conti: Ökonom Rudolf Hickel: "Continental ist in seiner ursprünglichen Form als Unternehmen gut fortführbar."

Ökonom Rudolf Hickel: "Continental ist in seiner ursprünglichen Form als Unternehmen gut fortführbar."

(Foto: Foto: dpa)

Schaeffler werde "so oder so" seine Gummisparte verkaufen müssen, sagte Rudolf Hickel vom Institut für Wirtschaft und Arbeit der Universität Bremen zu sueddeutsche.de.

Mit dem Herauslösen der Continental-Gummisparte aus dem Schaeffler-Konzern werde nicht nur die feindliche Übernahme durch Schaeffler zum Teil zurückgenommen sondern auch der Zukauf der früheren Siemens-Automobilzulieferersparte VDO durch Continental.

"Aus dem Deal muss VDO wieder raus, eine solche Rückabwicklung ist sinnvoll", sagte Hickel. Continental sei in seiner ursprünglichen Form als Unternehmen gut fortführbar. Wichtig sei dabei allerdings, dass sich das Land Niedersachsen an dem verkleinerten Continental-Konzern beteilige.

Bayern und Niedersachsen fürchten um Arbeitsplätze

Schaeffler bittet derzeit Bund und Länder insgesamt um Bürgschaften von bis zu vier Milliarden Euro. Zuvor war bereits bekannt geworden, dass auch die beiden Länder Bayern und Niedersachsen Hilfen bereitstellen könnten. Schaeffler und Continental produzieren in den beiden Ländern - die Landesregierungen fürchten um Arbeitsplätze. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) lehnte bislang Staatshilfen für Schaeffler allerdings strikt ab.

Bei Continental wird offensichtlich darauf spekuliert, dass die Gummisparte aus dem Schaeffler-Verbund herausgelöst und Niedersachsen einsteigen könnte. Eine solche Landesbeteiligung müsse aber "unbedingt mit einer Sperrminorität erfolgen", sagte Hickel. Denn halte Niedersachsen mindestens 25 Prozent und eine Aktie, könne das Land durch das damit verknüpfte Vetorecht den Abbau von Arbeitsplätzen verhindern.

"Damit wird verhindert, dass ein Konkurrent wie Goodyear oder Bridgestone den Markt bereinigt", sagte Hickel. Denn steige statt des Staates ein anderer großer Reifenhersteller bei Continental ein, könne es durchaus zum massenhaften Abbau von Arbeitsplätzen bei Continental kommen. Dann drohe "eine Zerschlagung, die viele der bundesweit 80.000 Stellen kosten könnte". Allein in Niedersachsen beschäftigt das Unternehmen 10.500 Menschen.

Ob sich überhaupt ein Wettbewerber findet, der an der Continental-Reifensparte interessiert sein könnte, ist allerdings fraglich. So hatte bereits im Oktober der französische Wettbewerber Michelin zunächst Interesse bekundet, nach einer kartellrechtlichen Prüfung aber abgwinkt. Denn in vielen Ländern würde ein kombinierter Conti-Michelin-Konzern eine Größe erreichen, die den Wettbewerbshütern wohl ein Dorn im Auge wäre.

"Gute Erfahrungen mit Staatsbeteiligungen"

So geht zwar auch Willi Diez vom Institut für Automobilwirtschaft (IFA) der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen davon aus, dass ein Teil des Konzerns verkauft werde. "Das Abstoßen der Reifenproduktion ist plausibel, doch es bleibt fraglich, ob sich ein Käufer findet und genügend Geld in die Kasse kommt", sagte er.

In dieser Situation biete sich der Staat als Unternehmenskäufer geradezu an, betonte hingegen Hickel: "Wir diskutieren gerade über die Verstaatlichung von Banken, doch der Einstieg des Staates kann auch bei anderen volkswirtschaftlich wichtigen Unternehmen völlig sinnvoll sein. Niedersachsen habe zudem bereits gute Erfahrungen mit strategischen Staatsbeteiligungen. Das Engagement bei Salzgitter verlaufe beispielsweise sehr erfolgreich, so der Ökonom.

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