Bank Sarasin:Schadensersatzklage plus Strafanzeige gegen Schweizer Bank

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Privatbank im Zwielicht: Züricher Niederlassung des Bankinstituts Sarasin (Foto: Bloomberg)

Schwere Attacke auf die traditionsreiche Privatbank Sarasin: Ein deutscher Kapitalanleger verklagt das Schweizer Institut. Er investierte 50 Millionen Euro und könnte das meiste Geld verlieren - bei fragwürdigen Geschäften mit Steuertricks.

Von Klaus Ott

Die Schweizer Privatbank Sarasin, eines der ältesten eidgenössischen Geldhäuser, war früher im "Haus zum Eichbaum" in Basel ansässig. So ergab es sich, dass die Eiche zum Firmensymbol wurde. Bis heute rühmt sich Sarasin, die Eigenschaften des Baums seien auch die "unverwechselbaren Markenzeichen" der Bank: feste Wurzeln, kräftiger Stamm, gesundes Wachstum.

Dass das für alle Geschäfte des nahezu weltweit agierenden Kreditinstituts aus Basel zutrifft, mag der Stuttgarter Rechtsanwalt Eckart Seith nicht so recht glauben. Der schwäbische Jurist vertritt einen vermögenden Kapitalanleger aus Deutschland, der 50 Millionen Euro in ein von Sarasin angebotenes Investment gesteckt hatte und sich nun hintergangen fühlt. Fast das ganze Geld sei weg.

Im Auftrag seines Klienten verklagt Seith die Bank auf Schadensersatz. Außerdem hat der Stuttgarter Anwalt bei der Staatsanwaltschaft Zürich wegen Anlagebetruges und arglistiger Täuschung Strafanzeige gegen gleich drei Sarasin-Manager und einen ehemaligen Geschäftsführer erstattet. Der Namen seines Mandanten will Seith allerdings nicht veröffentlichen. Der Kapitalanleger wolle nicht in den Medien genannt werden, erklärt der Anwalt dazu.

Schadensersatzklage plus Strafanzeige, das sind schwere Attacken auf die Bank mit der Eiche. Verbunden mit schweren Vorwürfen, die mitten hinein führen in einen Wirtschaftskrimi, bei dem es für den deutschen Fiskus um viel Geld geht.

Banken und deren Partner sollen die Finanzbehörden beim Handel mit Aktien gezielt ausgetrickst und mit einem sogenannten Dividenden-Stripping Steuererstattungen in Milliardenhöhe erschwindelt haben. Das sei auch das geplante Modell bei dem speziellen, von Sarasin angebotenen Investment gewesen, behauptet Seith. Den von der Schweizer Bank geworbenen Anlegern sei das Investment als absolut sicher verkauft worden. Sie hätten keine Ahnung davon gehabt, dass dieses Geschäft darauf beruht habe, das Bonner Bundeszentralamt für Steuern systematisch zu täuschen und sich am Fiskus "hemmungslos zu bereichern". Das sei erst im Nachhinein zutage getreten. Seith sagt, hätte sein Mandant das auch nur geahnt, dann hätte er nie und nimmer bei dem Investment mitgemacht.

Sarasin wollte sich dazu auf mehrere Anfragen der Süddeutschen Zeitung per Mail und Telefon nicht äußern. Die traditionsreiche Privatbank wurde bereits vor einem halben Jahr in einem anderen Fall, der vor allem die Hypo-Vereinsbank (HVB) betrifft, von Ermittlern durchsucht. Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt geht dem Verdacht der schweren Steuerhinterziehung nach. Die HVB, die inzwischen zur italienischen Unicredit gehört, soll zusammen mit Geschäftspartnern bei Aktien-Deals Kapitalertragsteuern in Höhe von mehr als 100 Millionen, die nie gezahlt worden seien, vom Fiskus zurückverlangt und auch bekommen haben. Sarasin soll dabei behilflich gewesen sein.

Die Baseler Bank erklärte nach der Razzia vom November des vergangenen Jahres, man habe "derzeit keine Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten". Inzwischen sagt Sarasin nichts mehr. Gar nichts. Auch nichts dazu, dass ein an solchen Deals beteiligter Manager die Bank verließ. Oder verlassen musste?

Genau dieser Sarasin-Manager soll sich auch um jenes Investment gekümmert haben, für das der von Rechtsanwalt Seith vertretene Kapitalanleger 50 Millionen Euro springen ließ, von denen bislang nur etwas mehr als fünf Millionen Euro zurückgeflossen seien. Insgesamt hatte die Schweizer Bank bei vermögenden Kunden rund 250 Millionen Euro eingesammelt, die über einen Luxemburger Fonds an sechs amerikanische Pensionsfonds gingen. Letztere wiederum nutzten das Geld und diverse Kredite, um für etliche Milliarden Euro Aktien kurz vor der Dividenden-Ausschüttung zu kaufen und anschließend schnell wieder zu veräußern.

Die von Sarasin den Anlegern angekündigte Rendite lässt aber offenbar auf sich warten. Internen Unterlagen des Luxemburger Fonds zufolge liegt das daran, dass die amerikanischen Pensionsfonds bislang die beim deutschen Fiskus beantragten Kapitalertragsteuer-Erstattungen nicht erhalten haben. Das Bundeszentralamt für Steuern prüft und prüft. Mittlerweile haben die amerikanischen Fonds Schadensersatzklage beim Landgericht Bonn eingereicht.

Anwalt Seith sagt, die US-Fonds wollten Steuern in Höhe von mehreren Hundert Millionen Euro zurückbekommen, die zuvor nie bezahlt worden seien. Dem Bundeszentralamt für Steuern hat Anwalt Seith geschrieben, sein Mandant habe nunmehr das Geschäftsmodell durchschaut und wolle seinen Beitrag dazu leisten, dass "weiterer Schaden zum Nachteil des Bundeshaushalts abgewendet wird". Sein Klient habe ihn gebeten, die Bonner Steuerbehörde über alle seine Erkenntnisse zu informieren.

Diese Erkenntnisse sehen so aus: Sarasin und die Partner der Bank hätten bei ihren Geschäften im Jahr 2011 eine - erst im vergangenen Jahr endgültig geschlossene - Gesetzeslücke ausnutzen wollen. Diese Lücke hätte es ermöglichen sollen, mit komplizierten Transaktionen über mehrere Stationen beträchtliche Kapitalertragsteuer-Erstattungen zu kassieren, obwohl zuvor weit geringere oder sogar überhaupt keine Steuern an den Fiskus gezahlt worden seien.

Der Stuttgarter Anwalt hat dem Bundeszentralamt die Struktur des gesamten Geschäftes geschildert, das von Deutschland über die Schweiz, Luxemburg und die USA wieder zurück nach Deutschland führe, sodass die Bonner Behörde jetzt erstmals ein Gesamtbild habe. Seith vergleicht das, was er vorgefunden habe, mit kriminellen "Umsatzsteuer-Karussellen", die nach dem gleichen Prinzip funktionierten. Bei solchen Karussellen wird der Staat getäuscht und erstattet Umsatzsteuern, die er gar nicht kassiert hat.

Anders als die Schweizer Bank nimmt der zwischen Sarasin und die amerikanischen Fonds geschaltete Luxemburger Fonds dazu Stellung und weist sämtliche Anschuldigungen zurück. Das Geschäft sei sauber gewesen, heißt es, der Fiskus werde nicht hintergangen. Vielmehr verweigere das Bundeszentralamt für Steuern seit zwei Jahren rechtswidrig die Steuererstattung.

Darüber wird demnächst wohl an gleich mehreren Gerichten verhandelt, weil sich nahezu alle beteiligten Parteien gegenseitig beschuldigen. Der Wirtschaftskrimi wird so auch noch zum Justizkrimi. Und die Bank mit dem Eichbaum ist mittendrin.

© SZ vom 27.05.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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