SAP:Schneller in die Wolke

IBM eröffnet "Watson IoT" Zentrale in München, 2015

Der Technologiekonzern IBM hat im vergangenen Jahr seine Watson IoT-Entwicklungszentrale in München eröffnet.

(Foto: Stephan Rumpf)

SAP ist beim Thema Cloud ins Hintertreffen geraten. Eine Kooperation mit IBM soll helfen aufzuholen.

Von Helmut Martin-Jung

- Der Arztbrief des langjährigen Krebspatienten ist zu einem umfänglichen Dossier angewachsen. "Und auf Seite 33 unten links steht, dass der Patient allergisch auf ein bestimmtes Medikament reagiert", erläutert der Physiker Dirk Michelsen, der beim Technologiekonzern IBM arbeitet. "Wie leicht könnte ein Onkologe, der das Dossier liest, das übersehen?" Ein Fall für Watson. Nicht Dr. Watson, den Mediziner und Sidekick des Meisterdetektivs Sherlock Holmes. Sondern für das IT-System, das IBM unter diesem plakativen Namen vertreibt.

Watson ist der breiten Öffentlichkeit bekannt geworden, als eine Computeranlage, bestehend aus mehreren Racks jeweils von der Größe eines Gefrierschranks, die beiden langjährigen Champions der US-Quizshow Jeopardy geschlagen hat. So sehr das Watson populär gemacht hat, mittlerweile muss IBM eher daran arbeiten, ein falsches Bild zu korrigieren, das dadurch entstand.

Langfristig könnte dazu auch eine jetzt bekannt gegebene Kooperation mit dem deutschen Software-Hersteller SAP beitragen. Wie die Unternehmen mitteilten, wollen sie ihre seit vielen Jahren bestehende Partnerschaft erweitern und SAPs Datenbank Hana für Server mit IBMs Technik optimieren. Eine Beziehung, die durchaus vielversprechend ist. SAP kann damit seine aktuelle Sammlung von Firmensoftware einem neuen Kundenkreis anbieten, der eher auf IBM setzt anstatt auf Server-Technik, die mit Prozessoren von Intel arbeitet.

Und natürlich hofft IBM auch darauf, über die vertiefte Zusammenarbeit mit SAP auch noch mehr Kunden für seine Watson-Technologie zu gewinnen. Im Grunde genommen ist IBM ja inzwischen nicht mehr ganz so glücklich mit der Jeopardy-Story. "Wir reden nicht mehr über das eine Watson, das monolithisch irgendwo steht", sagt Dirk Heitmann, der bei IBM in Europa diesen Geschäftszweig verantwortet. Denn Watson, das ist eigentlich kein Gerät, kein Supercomputer. Es ist vielmehr eine hoch spezialisierte Software, die in der Lage ist, elektronische Dateien nicht bloß nach Stichworten zu durchforsten, sondern auch deren Inhalt zu erfassen und zu bewerten.

Vielmehr gibt es mittlerweile um die 50 Andockstellen, sogenannte APIs, über die andere Computersysteme Informationen mit Watson austauschen können. Die Watson-Software kann dabei in einem Rechenzentrum laufen oder auf Rechnern des Kunden. So gibt es bereits Projekte, bei denen Personalverwaltungs-Software mithilfe von Watson die Unterlagen von Bewerbern sichtet und zusätzlich mit Informationen bewertet, die Watson gesammelt hat. Dabei können zum Beispiel auch die Daten von Profilen bei Business-Netzwerken wie Linkedin oder Xing mit einfließen. Was erfasst wird, legt der Kunde fest. Die 50 Programmierschnittstellen können nach Art eines Baukastens genutzt werden.

Die Walldorfer könnten ihr Angebot mit Hilfe von Watson attraktiver machen

Und was hat SAP von dem Deal? Die Datenbank Hana zeichnet sich dadurch aus, dass sie vollständig im schnellen Hauptspeicher von Computern läuft. Dadurch wird es möglich, auch Analysen über umfangreiche Datenbestände sehr schnell, oft in Echtzeit, zu fahren. Das aber wird im Hinblick auf die mehr und mehr vernetzte Produktion immer wichtiger. Das um Watsons analytische Fähigkeiten erweiterte Angebot von SAP wäre daher attraktiver. Allerdings arbeitet auch SAP selbst mit seinem Team in Potsdam an kognitiver Software ähnlich der von IBM.

Die Kooperation mit IBM geht aber über die zugrunde liegende Technik hinaus. Der ehemalige Computerriese, der sich inzwischen mehr und mehr zu einem Beratungsunternehmen gewandelt hat, wird SAP auch dabei helfen, die Anwendungen so zu gestalten, dass sie auch auf einem Smartphone laufen und dabei auch flüssig und unkompliziert zu bedienen sind. Letzteres hatten Konkurrenten wie etwa Salesforce den Deutschen in jüngerer Zeit vorgemacht. Doch SAP hat erkannt, wie wichtig diese Themen sind und will aufholen.

Für die Kooperation soll am Stammsitz von SAP in Walldorf sowie in Palo Alto im Silicon Valley Personal eingestellt werden. Einen hohen zweistelligen Millionenbetrag, so ein IBM-Sprecher, würden die Unternehmen dafür in diesem Jahr investieren. Sowohl IBM, das mehr und mehr auf Dienstleistung und Beratung als Unternehmensstandbein setzt, als auch SAP sind stark im Wandel begriffen. IBM hat sich nahezu völlig von Hardware verabschiedet, nur Großrechner, sogenannte Mainframes, stellt man noch her.

Bei SAP dreht sich der Wandel vor allem um den Trend zur Cloud, darum also, dass mehr und mehr Unternehmen vor allem aus Kostengründen, IT-Dienstleistungen aus Rechenzentren beziehen. Das geht von einfachen Anwendungen wie etwa E-Mails bis zu kompletten Geschäftssoftware-Lösungen. SAP hatte relativ lange auf Installationen beim Kunden gesetzt und ist nun massiv dabei, unter dem Druck von Konkurrenten wie Salesforce den Wandel zur Cloud voranzutreiben. Die Kooperation mit IBM ist daher als ein weiterer Schritt in diese Richtung zu sehen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: