SZ-Wirtschaftsgipfel:SAP-Chef Bill McDermott: "Ich bin ein Kämpfer"

SZ-Wirtschaftsgipfel: SAP-Chef Bill McDermott auf dem SZ-Wirtschaftskongress in Berlin.

SAP-Chef Bill McDermott auf dem SZ-Wirtschaftskongress in Berlin.

(Foto: Stephan Rumpf)

Bill McDermott leitet als US-Amerikaner den einzigen deutschen Softwarekonzern mit Weltgeltung. Er findet, dass sich die beiden Kulturen annähern sollten, dann würde eine "Superwelt" entstehen.

Interview von Max Hägler

Bill McDermott sticht heraus in der deutschen Wirtschaft: Keiner führt ein Dax-Unternehmen so emotional wie der 55-jährige Vorstandschef den größten europäischen Softwarekonzern SAP, der seinen Hauptsitz in Walldorf hat.

Mr McDermott, Sie sind Amerikaner, da müssen wir Sie einfach fragen: Haben Sie für Donald Trump gestimmt?

Bill McDermott: (lachend) Ich bin ein Heidelberger. Für wen ich gestimmt habe, das bleibt mein Geheimnis.

So ziemlich jeder in Deutschland war geschockt, als das Ergebnis kann. Sie auch?

Ja, ich denke, jeder war ziemlich geschockt, vielleicht auch Trump selbst. Tatsächlich ist er ein sehr interessanter Typ. Wir haben bei dieser Wahl gelernt, wie wichtig Branding, Markenbildung, ist: "Make America Great Again!" Das war ein Schlüssel für den Erfolg.

Wird er als Präsident moderater sein?

Auf jeden Fall; er wird sich in die Mitte bewegen. Er ist ein Geschäftsmann. Er wird interessiert sein an guten Geschäften, an einer offenen und friedfertigen Gesellschaft.

Trump hat im Wahlkampf auch Ihre Branche angegriffen, Amazon und Facebook etwa. War das klug?

Es gibt viele Leute, die sich nicht auskennen mit der digitalen Wirtschaft. Und so war es klug, politisch gesehen, er konnte so kritische Wähler hinter sich zu vereinen. Aber als Präsident wird er die Macht des Digitalen nicht übersehen. Und er wird erkennen, dass Europa dabei stark ist, beim Internet der Dinge etwa, bei Finanzsoftware.

Das Digitale wird die Welt verändern, Leute werden dabei zurückgelassen. Wie können wir damit umgehen?

Wir müssen junge Leute unterstützen. Wir müssen sie einführen in die digitale Wirtschaft. Es gibt viele Arbeitslose, andererseits sind 800 000 Jobs unbesetzt.

Künstliche Intelligenz wird jedoch noch mehr Arbeitsplätze kosten.

Digitalisierung wird manche Handarbeit ersetzen, stimmt. Aber das schafft auch wieder Jobs, etwa im Vertrieb. Wachstum, Digitalisierung und neue Arbeitsplätze, das Zusammenspiel funktioniert.

Also kein schmerzhafter Übergang?

Nein, mit Investitionen, auch staatlichen, etwa in Bildung können sie die Leute mitnehmen. Und vergessen Sie nicht: Es sind schon weiterhin die Menschen, die Unternehmen stark machen. Denken Sie an die SAP: Hätten nicht Hasso Plattner und Dietmar Hopp, diese Giganten, die Idee gehabt, die SAP zu schaffen, dann hätten weder die 83 000 anderen Mitarbeiter, noch ich selbst einen super Job. Wir brauchen mehr von diesem Geist.

Sehen Sie, dass dieser Geist in Deutschland kommt? Das Gefühl von Palo Alto?

Absolut. Aber darum allein geht es nicht. Den Amerikanern sag ich immer: Ihr müsst ein bisschen wie die Deutschen werden. Und meinen deutschen Freunden sag ich, nehmt ein bisschen was von der US-Kultur an. Wenn wir das mischen, dann haben wir etwas ganz Mächtiges! Wenn wir einander die Fehler vergeben, könnten wir eine Superwelt erschaffen. Deutschland ist gleichberechtigt mit dem Silicon Valley und SAP, eine Firma aus Deutschland, hat eine strahlende Zukunft vor sich.

Im Silicon Valley haben wir eine andere Geschichte gehört: Das Silicon Valley ist die Zukunft - und SAP ist von gestern.

Wir haben mit "Hana" eine Datenbank-Plattform, die in Echtzeit Informationen verwalten kann. Das ist die am schnellsten wachsende Datenbank-Technik in der Welt, und wir sind auch stark in der Cloud: Auch dort sind wir das am schnellsten wachsende Unternehmen. Ich frage also die lieben Kollegen im Silicon Valley: Wieso verdienen wir wohl mehr als Ihr, stellen so viele Leute neu ein? Die sollten sich lieber um ihren eigenen Kram kümmern.

Ihr Konzern hat gerade noch die letzte Ausfahrt erwischt.

Ja, wir brauchten Zeit, auch beim Kulturwandel. Es ist so richtig, was Leonardo da Vinci wichtig fand: Einfachheit. Ich sagte meinen Leuten: Wir müssen einfach sein, die Welt ist schon so komplex. Technik muss entweder unsichtbar oder wunderbar anzusehen sein. Da antworteten mir die Kollegen zuerst: wir wollen nicht einfach sein! Dabei meinte ich natürlich nicht, dass wir einfach gestrickt sein sollen.

Ist SAP in fünf Jahren die größte Software-Firma der Welt?

Jetzt kommen die Fragen, die ich liebe! SAP wird eine von den Leuten bewunderte Datenbank sein. Wir werden auch die Zahltechnik Blockchain einführen und hier führend sein. Wir werden mit selbstlernenden Computern Bewerbungsprozesse verändern: wir können Jobs und Menschen mit ihren Erfahrungen zusammenbringen, ohne Vorurteile. Wir werden im Internet der Dinge beherrschend sein: Für meinen guten Freund Oliver Bierhoff haben wir die deutsche Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft mit Sensoren und Video vernetzt. Wenn Sie ihn fragen, wird er sagen: SAP war der zwölfte Mann auf dem Platz. Kurz: Wir sind die Softwarefirma mit der besten Ausgangsposition. Alle sind glücklich. Entschuldigung, dass ich so prahle.

Sie strahlen enorm viel Energie aus, dabei hatten Sie vor einem Jahr diesen furchtbaren Unfall, haben ein Auge verloren. Wie haben Sie sich aufgerappelt?

Eine Vision ist nicht nur das, was man sehen kann, es ist auch das, was man fühlen kann. Ich bin ein Kämpfer. Sie müssen in der Lage sein, Kampfgeist zu entwickeln, das zum Vergnügen zu machen. Raffen Sie sich auf! Und Sie müssen immer daran denken, wieso Sie da sind: Wegen der Menschen, die Sie lieben. Wegen der Leute, mit denen Sie arbeiten. Schließlich müssen Sie sich fragen: Welches Erbe hinterlasse ich?

Wenn Sie den Blick in die Zukunft wagen: Bleiben Sie bei SAP - oder gehen Sie zu einem abgefahrenen Start-up nach Berlin?

Das wichtigste beim Arbeiten ist, seinen Job zu lieben. Solange man relevant ist, was bewirkt, wieso sollte man sich nach etwas anderem umsehen?

Was kann SAP machen, damit Deutschland digitaler wird?

Als ich angefangen habe, ging es darum: Make the world run better - die Sachen einfacher machen. Das geht voran, in der Wirtschaft, aber auch in der Ökologie oder Gesundheit. Wir retten Regenwälder und kümmern uns um personalisierte Therapien in der Medizin.

All das, was Sie sagen, braucht eine offene Gesellschaft. Aber die Welt läuft in einen Protektionismus.

Das ist ein weltweites Phänomen, in Großbritannien, in den USA. Es liegt wohl auch daran, dass sich sehr viele Menschen von der Wirtschaft ausgeschlossen fühlen. Wir müssen auf sie zugehen.

Digitalisierung kann da helfen? Und ist nicht im Gegenteil eine Gefahr?

Ich glaube nicht, dass sich die Welt die Digitalisierung richtig vorstellt. Es kann eine Gefahr sein, wenn man nicht die richtige Wendung bekommt. Ein Einzelhandelsmanager sagte mir: Ich habe Millionen Kunden, aber kenne sie nicht. Wenn ich sie kennen würde, kann ich sie ansprechen - statt dem Wettbewerber. Das ist der Geist. Wenn wir nur fürchten, dass Automatisierung Jobs killt, sind wir Verlierer.

Wo ist die Grenze: wie viel sollte eine Firma von Kunden wissen dürfen?

Eine gute Frage: Privatsphäre sollte geschützt werden, weltweit. Auf der Ebene der Metadaten können Firmen sehr viel gewinnen. Aber der Kunde muss zustimmen.

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