SAP:Alles fantastisch

SAP SE Present Fourth Quarter Earnings, Announces $2.4 Billion Cloud Deal

Seit bald neun Jahren ist Bill McDermott SAP-Chef – aus seiner Sicht eine einzigartige Erfolgsgeschichte. Nicht zuletzt wurde er zum bestbezahlten Dax-Chef.

(Foto: Alex Kraus/Bloomberg)

Wenn das wertvollste deutsche Unternehmen Zahlen vorlegt, dann ist das auch eine persönliche Bilanz seines exzentrischen Chefs: Bill McDermott sieht sich und den Software-Konzern auf allerbestem Weg.

Von Stefan Mayr, Walldorf

Bill McDermott hat auch in seinem neunten Jahr als Chef des Software-herstellers SAP nichts von seinem Selbstbewusstsein und seinem Showtalent eingebüßt. Zwar sind die Geschäftszahlen, die er am Dienstag in Walldorf verkündet, nicht gerade berauschend, dennoch tönt der US-Amerikaner: "Die Welt braucht SAP."

Größenwahn? Vor einer Woche, beim Weltwirtschaftsgipfel in Davos, saß er neben US-Präsident Donald Trump und fasste das Abendessen mit den Top-Managern Europas vor laufender Kamera so zusammen: "Sie alle sind Kunden von SAP." Das gilt auch für Trump, viele US-Behörden nutzen Computer-Programme aus dem nordbadischen Örtchen Walldorf.

Total aus der Luft gegriffen sind McDermotts Sprüche also nicht. Immerhin gilt SAP mit einer Marktbewertung von mehr als 110 Milliarden Euro als größtes Dax-Unternehmen und als wertvollster Software-Konzern Europas. Zudem ist McDermott mit 14 Millionen Euro Jahresgehalt der Topverdiener unter den Dax-Managern.

Es war also kein Zufall, dass er beim Dinner in Davos direkt zur Rechten des US-Präsidenten saß. Überraschender war, dass er Trumps protektionistische Politik lobte und ihm dankte, weil er "Schwung in die Weltwirtschaft" gebracht habe. Diese Aussage verteidigt McDermott bei der Bilanz-Pressekonferenz am Dienstag. "Es gibt keine Zweifel, dass die Steuerpolitik von Trump sehr positive Auswirkungen auf Wachstum und Fortschritt in den Vereinigten Staaten hat." Er werde sich nie kritisch gegen Trump äußern, betont McDermott. Erstens, weil ihm seine Mutter gelehrt habe, an das Gute im Menschen zu glauben. Und zweitens, weil er als Repräsentant der SAP alle Regierungschef der freien Welt respektiere. Nicht zuletzt, weil sie Kunden sind. "Die USA ist wichtig für SAP, und SAP ist wichtig für die USA."

Daran glaubt allerdings nicht jeder. Zum Beispiel der aufstrebende Konkurrent Salesforce. Das US-Unternehmen hat sich ganz offiziell zum Ziel gesetzt, SAP zu überrunden. Derzeit gelten die Deutschen auf dem Markt der Unternehmens-Software als Nummer drei hinter Oracle und Microsoft. Salesforce sieht sich bereits auf Rang vier. Noch sind die Kalifornier mit 25 000 Mitarbeitern zwar viel kleiner als SAP (90 000), sie gelten aber als eines der am schnellsten wachsenden Unternehmen der Welt (siehe Artikel unten).

Kürzlich hat Salesforce in München eine neue Außenstelle eröffnet, was man als direkte Attacke auf SAP werten kann. Nun schlägt SAP zurück - und zwar exakt in dem Marktsegment, das Salesforce dominiert. Für zwei Milliarden Euro kauft SAP die US-Firma CallidusCloud, die auf das Management von Kundenbeziehungen (englisch: CRM) spezialisiert ist. Genau in diesem Feld gilt Salesforce weltweit als Marktführer - vor Oracle und SAP. Wenn die Callidus-Aktionäre und die Kartellbehörden grünes Licht geben, kann SAP hier noch in diesem Jahr Gas geben. McDermott drückt es so aus: "Wir werden wie die Hunde kämpfen, um unsere Führung zu halten und auszubauen." Seine Hoffnung: So manches Unternehmen, das bereits SAP-Kunde ist, aber sein Kundenmanagement mit Salesforce-Programmen betreibt, könnte künftig das Komplettpaket von SAP bestellen.

Alle wichtigen Kennzahlen habe er verdoppelt oder verdreifacht, lobt sich der Chef

Noch bevor McDermott am Dienstag die Zahlen für das Geschäftsjahr 2017 vorstellt, präsentiert er eine Art persönliche Bilanz. Seit 2009 hätten sich alle wichtigen Kennziffern verdoppelt oder verdreifacht, betont er. Umsatz und operatives Ergebnis seien heute zweimal, der Marktwert dreimal so groß. Warum ausgerechnet der Vergleich mit 2009? Nun, Bill McDermott rückte 2010 auf den Chefposten. Und der US-Amerikaner lässt keinen Zweifel aufkommen, dass er mit seinem Wirken zufrieden ist: "Wir haben sehr große Versprechen gemacht und wir haben sie gehalten."

Im Geschäftsjahr 2017 machte SAP 23,5 Milliarden Euro Umsatz - das ist ein Plus von sechs Prozent. Das operative Ergebnis legte um bescheidene zwei Prozent auf 6,77 Milliarden Euro zu. Dabei wird das Geschäft mit Mietsoftware aus dem Internet immer wichtiger. Dabei wird die Software nicht auf dem stationären Computer angelegt, sondern online aus der sogenannten Datenwolke (Cloud) heruntergeladen. Im Gegensatz dazu stagnieren die Umsätze mit Software-Lizenzen. 2018 will SAP erstmals mehr Umsatz in der Cloud als mit Lizenzen machen. "Die Zukunft von SAP ist grundsolide", ruft McDermott.

In Südafrika und am Golf hat SAP mit Korruptions-Affären zu kämpfen

In Südafrika und in der Golfregion hat er allerdings mit Korruptions-Affären zu kämpfen, deren Ausgang noch offen ist. In beiden Regionen trennte sich das Unternehmen von jeweils drei hochrangigen Managern. Nach Medienberichten hat SAP Schmiergelder an eine Firma der einflussreichen Gupta-Familie gezahlt, die mit Präsident Jacob Zuma befreundet ist. Nach Bekanntwerden dieser Affäre hat SAP zusätzliche Vorkehrungen gegen unsaubere Geschäftspraktiken eingeführt: In Ländern mit hohem Korruptionsrisiko zahlt SAP im öffentlichen Sektor keine Vertriebsprovisionen mehr. Zudem wurden konzernintern die Kontroll-Strukturen ausgebaut.

Die Vorgänge in den Vereinigten Arabischen Emiraten und im Oman seien davon unabhängig, teilt SAP mit. In beiden Fällen ermitteln das US-Departement of Justice und die Börsenaufsicht SEC. "Es ist noch zu früh, um über mögliche Ergebnisse dieser Verfahren etwas zu berichten", sagt Finanzvorstand Luka Mucic. Die unbequemen Fragen zu den Schmuddel-Affären lässt Bill McDermott von anderen beantworten - auch das gehört zu seinen perfekten inszenierten Auftritten.

Der Vertrag des 56-Jährigen läuft bis 2021. Gegen eine Verlängerung spricht wenig, siehe persönliche Bilanz. "Wir sind glücklich, hungrig und stolz", sagt McDermott. Nach seinem schweren Unfall, bei dem er 2015 ein Auge verlor, wirkt er ehrgeiziger denn je. Es wird in Walldorf und Davos und anderswo noch viele exzentrische Auftritte des Bill McDermott geben.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: