Sanktionen:Europa gegen Trump

Kaum ist der Streit um Stahlimporte in die USA entschärft, droht ein neuer Handelskrieg - um Energie. Die Sorgen der Europäer und allen voran der Deutschen sind so groß, dass alle diplomatische Vorsicht inzwischen abgelegt ist.

Von Cerstin Gammelin und Claus Hulverscheidt, Berlin/New York

Auf dem G-20-Gipfeltreffen in Hamburg war es den Europäern mühsam gelungen, die USA von empfindlichen Strafmaßnahmen wie Einfuhrzöllen auf Stahlimporte aus Europa abzubringen. Jetzt droht der nächste Handelskonflikt zu eskalieren, dieses Mal geht es um Energie. Die Europäer werfen den USA vor, dass sie über die geplanten Sanktionen gegen Russland die europäische Energieversorgung kontrollieren wollen. Sie fürchten, dass die Sanktionen europäische Unternehmen treffen könnten. Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) droht damit, einseitige Einschränkungen für deutsche Unternehmen nicht hinnehmen zu wollen. "Es gibt die Möglichkeit von Gegensanktionen, das sieht die Welthandelsorganisation so vor", sagte Zypries am Donnerstag.

Der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft warf den USA Interessenpolitik vor. Es sei zwar das Allerletzte, was man sich wünsche, sagte der Geschäftsführer des Verbandes, Michael Harms, in Berlin. Aber man müsse sich die Möglichkeit von Gegensanktionen offenhalten. Zuvor hatte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker Washington gewarnt, einseitige Sanktionen gegen Moskau zu erlassen, die auch Unternehmen aus unbeteiligten Drittstaaten in Europa schädigen könnten. Wie beim G-20 in Hamburg, drohte Juncker, die Europäische Union sei auf Gegenmaßnahmen eingestellt. Dem Vernehmen nach könnten neben deutschen Firmen auch welche aus Österreich und Italien betroffen sein.

Amerika schießt mit Sanktionen gegen Russland, könnte aber auch Europa treffen

Der US-Kongress hatte das Sanktionsgesetz gegen Russland in einer erster Fassung mit überwältigender Mehrheit gebilligt. Im Senat votierten 98 von 100 Senatoren dafür, im Repräsentantenhaus waren es 419 von 422 anwesenden Abgeordneten. Zwar geht das Gesetz jetzt noch einmal in den Senat, weil Änderungen am Entwurf vorgenommen worden waren, an einer Zustimmung besteht aber kein Zweifel. "Russland ist unser Gegner, nicht unser Alliierter", sagte der republikanische Abgeordnete Will Hurd dem Fernsehsender CNN. Präsident Donald Trump, der auf bessere Beziehungen zu Russland setzt, würde dem Antrag gern seine Unterschrift verweigern. Laut US-Medien ist man sich im Weißen Haus aber darüber im Klaren, dass Trump angesichts der parteiübergreifenden Mehrheiten in beiden Parlamentskammern kaum anders kann, als das Gesetz durchzuwinken. Inzwischen überlege Trump offenbar sogar, die Sanktionen gegen Russland noch schärfer auszulegen. Deutschland und die EU werfen den USA vor, die Sanktionen zu nutzen, um selbst mehr Öl und Gas nach Europa zu verkaufen. Ost-Ausschuss-Geschäftsführer Harms sagte, die USA zielten darauf ab, das Gaspipeline-Projekt Nord Stream 2 in der Ostsee zu verhindern, das der russische Gazprom-Konzern mit europäischen Unternehmen plant.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: