Salesforce:Unterwegs im Schnellboot

Salesforce Tower

Salesforce Tower in San Francisco: Das expandierende Software-Unternehmen ist gerade dabei, eines der höchsten Gebäude der USA zu beziehen.

(Foto: rulenumberone2/CC BY 2.0)

Das Unternehmen wächst und wächst - in Europa vor allem in Deutschland. Operativ-Chef Keith Block spricht über die Gründe und neue Pläne.

Von Helmut Martin-Jung

Man kennt ihn ja, Marc Benioff. Ohne einen Superlativ geht es selten ab, wenn der Chef der Software-Firma Salesforce irgendwo auftritt. Zur jährlichen Hausmesse waren zuletzt mehr als 170 000 Besucher angemeldet, in San Francisco bezieht sein Unternehmen gerade seine neue Zentrale in einem der höchsten Gebäude der USA, und natürlich heißt der 326-Meter-Wolkenkratzer nun Salesforce Tower. Da schien es ins Schema zu passen, dass Benioff 2013 den beim Konkurrenten Oracle gerade entlassenen US-Verkaufschef Keith Block den "besten Verkäufer in der Geschichte der Software" nannte, als er ihn zu seinem Kronprinzen machte.

Tatsache aber ist: Seit Block, 56, das Tagesgeschäft leitet, hat sich der Umsatz verdreifacht - auf geplante gut zehn Milliarden Dollar im bald zu Ende gehenden Geschäftsjahr und 12,5 Milliarden Dollar im Jahr darauf. Wie das? Block, Vollglatze und angedeuteter Schnauzer, lacht erst einmal los. Natürlich sei das nicht allein sein Verdienst, redet er wie ein Fußballer, der die drei Tore eines Spiels geschossen hat und im Interview sagt, er freue sich, dass er der Mannschaft habe helfen können. Eine Bescheidenheit, die sich auch daraus speisen mag, dass das nächste große Ziel nicht unerreichbar scheint, gleichwohl aber viel Arbeit und noch mehr Einsatz bedeutet. Als er antrat, da mochte seine Vorgabe, den Umsatz von Salesforce auf mehr als 20 Milliarden Dollar zu steigern, märchenhaft wirken. Doch nun geht er dieses Ziel ganz konkret an, sagt Block im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung, "die große Frage ist also, wie kommen wir dahin?"

Weiteres Wachstum will Block vor allem dadurch erreichen, dass seine Leute vermehrt auf Unternehmen in verschiedenen Branchen zugehen. "Dazu muss man die Sprache dieser Unternehmen sprechen", sagt er, "wir haben deshalb Leute zum Beispiel aus dem Bankensektor oder dem produzierenden Gewerbe eingestellt." Oder auch eine Reihe von Branchenexperten von der Konkurrenz.

Salesforce hat auch viele Mühe darauf verwendet, ein Netzwerk aus Partnern aufzubauen. "Wenn Mitarbeiter der großen Beratungsfirmen wie PWC, Deloitte oder Accenture in den Vorstandsetagen unterwegs sind und über Digitalisierung reden, sollten sie uns im Hinterkopf haben." Viele dieser Firmen würden inzwischen sogar Salesforce-Produkte vertreiben, und sie setzten sie auch bei sich ein, bei ihrer eigenen Digitalisierung.

Als weiteren Erfolgsfaktor sieht Block die internationale Expansion. "Am Anfang waren wir sehr auf die USA und auf kleine und mittlere Firmen konzentriert", sagt er, "in diesem Jahr gehen 40 Prozent unserer Investitionen ins Ausland - so viel wie noch nie." Das sei aber auch nötig, denn anders als früher gewinnt Salesforce immer mehr große Firmen als Kunden - "da muss man dann einfach global aufgestellt sein".

Nächstes Ziel: Hauptkonkurrent SAP überflügeln

In Europa sei Deutschland die am schnellsten wachsende Region. Das hört man in Walldorf, dem Sitz des Hauptkonkurrenten SAP, nicht gerne. Auch der in Deutschland beheimatete Konzern hat inzwischen das Geschäft mit Software merklich ausgebaut, die nicht mehr auf Rechnern in der Firma läuft, sondern in Rechenzentren. Oder, wie das im IT-Fachsprech heißt, in der Cloud.

Doch Salesforce ist hier im Vorteil. 1999 gegründet, macht das Unternehmen von Beginn an nichts anderes als Cloud. Bekannt geworden vor allem als Plattform zum Management von Kundenbeziehungen (CRM), hat die Firma ihr Angebot Zug um Zug erweitert. Sei es durch Zukäufe wie den der Kommunikationsplattform Quip, durch Eigenentwicklungen wie das Modul für künstliche Intelligenz (Markenname: "Einstein") oder durch Partnerschaften mit den Dickschiffen der Branche wie Google, Microsoft, Amazon und IBM.

Keith Block zögert denn auch keine Sekunde mit seiner Antwort auf die Frage, ob er auch sein zweites Ziel neben den 20 Milliarden Dollar Umsatz erreichen werde. Und das heißt: SAP überflügeln. "Das werden wir schaffen", sagt er, "es ist nur eine Frage der Zeit." Der Markt für CRM-Software wachse stark, aber Salesforce entwickle sich doppelt so schnell wie der Markt. In den vergangenen Jahren ist das Unternehmen mehrmals als am schnellsten wachsendes Softwarehaus seiner Größe ausgezeichnet worden, kein vergleichbares Unternehmen ist so schnell von null auf zehn Milliarden Dollar Umsatz geklettert.

Dass es gerade bei seiner Firma so gut klappt, führt Block auch auf die Unternehmenskultur zurück. "Bei uns geht es nicht hierarchisch zu", sagt Block, "die Chefs haben keine Eckbüros, sondern sitzen in der Mitte ihrer Mitarbeiter - diese Transparenz ist wichtig." Jeder dürfe Ideen einbringen, und die würden auch ernst genommen. Bei denen, die man ausprobiert, gelte das Prinzip "schnell scheitern". Wenn etwas nicht funktioniert, wird es auch bald wieder aufgegeben.

Schnell zu sein, das hält Block für zwingend nötig, denn derzeit gebe es eine noch nie da gewesene stürmische Entwicklung verschiedener Technologien. "Die Wellen kommen so schnell, dass sie eine zutiefst umstürzende Wirkung haben." Manche sähen das positiv, manche negativ. "Der Unterschied zu früher jedenfalls ist die Geschwindigkeit, mit der das passiert."

Viele Unternehmensbosse kämen daher zu Salesforce, um zu besprechen, was die digitale Transformation für sie bedeute. Und für Block ist klar: "Keiner ist dabei ausgenommen." Uberisierung sei längst ein geflügeltes Wort geworden, die Angst also, dass die eigene Branche durch ein Geschäftsmodell wie das des Fahrdienst-Vermittlers Uber umgekrempelt werde. "Die Banken zum Beispiel fragen sich, ob Amazon demnächst ins Bankgeschäft einsteigt."

Und wie hält Salesforce selber Schritt mit dieser rasend schnellen Entwicklung? Schließlich ist das Unternehmen schon lange kein Start-up mehr, sondern ein weltweit agierender Konzern. "Wir sehen uns selber als riesiges Schnellboot", sagt Block. "Die Zahlen sind das eine, wir wollen aber auch immer noch besonders sein." Kein kleiner Anspruch; Marc Benioff wird das gefallen.

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