Sachverständigenrat:Weniger Regeln

Die Wirtschaftsweisen warnen: Die notwendige Digitalisierung kann in Deutschland nur mit gelockerten Arbeitsbedingungen gelingen. Vor allem aber braucht es mehr Computer in Schulen und Universitäten.

Von Guido Bohsem, Berlin

Die fünf Wirtschaftsweisen sehen durch die Digitalisierung der Wirtschaft ein enormes Wachstumspotenzial. Nach ihrer Einschätzung wird der positive Einfluss von Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) hierzulande aber durch eine zu große Regulierung gehemmt. Durch das Setzen von günstigen Rahmenbedingungen könne die Bundesrepublik aber von den technologischen Umbrüchen durch die Computertechnologie profitieren, heißt es in dem Jahresgutachten der Sachverständigen zur Begutachtung des der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.

"Der digitale Wandel bietet ein großes Potenzial für eine Steigerung der Arbeitsproduktivität", urteilen die Ökonomen. Bereits heute hinterlasse er deutliche Spuren, indem sich die Berufslandschaft und die Beschäftigungsformen änderten. Zudem ändere sich die Qualifikation der Beschäftigten. "Auf nationaler Ebene sollte der digitale Wandel nicht durch zu starre regulatorische Hürden behindert werden", fordern die Sachverständigen.

Sie zielen dabei insbesondere auf die Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt. Im Gegensatz zu den USA, wo die Nutzung der IKT deutlich höhere Produktivitätsgewinne mit sich bringe, setzte man in der Bundesrepublik nur wenig auf flexible Entlohnungselemente und mehr auf rigide Beschäftigungsstrukturen. So lasse sich erklären, dass hierzulande Investitionen in die IKT vor allem im Dienstleistungsgewerbe nur wenig Effizienzgewinne mit sich brächten. Hier bestehe Handlungsbedarf des Gesetzgebers, diese rigiden Strukturen aufzubrechen. "Dies dürfte sowohl den Wettbewerb zwischen innovativen Unternehmen beflügeln als auch deren unternehmerische Freiheit fördern und somit Produktivitätspotenziale freisetzen."

Derzeit spiele das Thema Industrie 4.0, unter dem man eine totale Vernetzung von Maschinen und Produkten versteht, nur in wenigen Unternehmen eine große Rolle. Insbesondere die mittelständisch geprägte Wirtschaft sei sehr zurückhaltend. Drei von vier Maschinen- und Anlagebauern hätten noch keine oder erst wenige Schritte zur Umsetzung von entsprechenden Konzepten unternommen, heißt es in dem Gutachten.

Nach Einschätzung der Sachverständigen sollte die Bundesregierung vor allem auf den Ausbau des Breitbandnetzes setzen und damit schnellere Internetanschlüsse ermöglichen. Studien zeigten, dass damit das Wirtschaftswachstum angehoben werden könne. Die Ökonomen warnen dabei davor, zu sehr auf die Glasfasertechnologie zu setzen. Diese sei sehr teuer und könne sich im Nachhinein als Fehlinvestition erweisen, weil sie etwa von Funktechnologie überholt werden könne.

Schulen und Berufsschulen sollen mehr Computerkenntnisse vermitteln

Handlungsbedarf sieht der Rat auch im Bereich der Bildungs-und Weiterbildungspolitik. Unterricht in Schulen und Berufsschulen sollte die nötigen Computerkenntnisse vermitteln. Dazu seien aber eine Aufrüstung der IT-Infrastruktur und die Weiterentwicklung digitaler Lehrkonzepte für Schüler und Lehrer notwendig. Zudem sollte die Politik Erwachsenen stärker als bislang die Möglichkeit geben, sich mithilfe von Weiterbildungsangeboten IT-Kenntnisse anzueignen. Nur so könnten die Potenziale der Digitalisierung ausgeschöpft werden.

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