Saab:Schelte aus Amerika

GM-Vize-Chef Bob Lutz nennt die Tochterfirma Saab eine "finanzielle Katastrophe" - und denkt sogar über eine Schließung nach.

Gunnar Herrmann

Mit dem Begriff "amerikanische Konzerne" verbinden viele Europäer Profitgier und knallharte Managementmethoden. Nicht so in Trollhättan: In der schwedischen Kleinstadt galt der "amerikanische Konzern" stets als Retter in der Not. Trollhättan ist der Hauptsitz des Unternehmens Saab, das seit 20 Jahren zum Reich von General Motors (GM) gehört. Die Amerikaner hatten die Automarke vor zwei Jahrzehnten vor dem Untergang bewahrt und seit dem stets freundlich behandelt: Oft hatten sie ein paar Dollar und aufmunternde Worte übrig, wenn die Bilanzen der kleinen Tochter mal wieder schlecht waren. Nun geht dem ehemals reichen Onkel aus Detroit das Geld und die Geduld aus. GM-Vizechef Bob Lutz hielt Saab am Dienstag in der Zeitung Svenska Dagbladet eine öffentliche Standpauke und drohte mit dem Ende der Traditionsmarke.

Saab Schelte aus Amerika AFP

Saab-Arbeiter im Werk in Trollhättan: Es sieht schlecht aus bei dem schwedischen Autobauer. Der Mutterkonzern GM prüft alle Optionen.

(Foto: Foto: AFP)

"Saab war eine finanzielle Katastrophe", sagte Lutz. "Die haben nur ein einziges Jahr Gewinn gemacht, in den 20 Jahren, in denen GM Eigentümer war. " Das war eigentlich schon bekannt. Neu ist aber, dass dies in Detroit so schonungslos ausgesprochen wird. Bislang verwiesen die US-Manager im Zusammenhang mit den Verlusten stets auch auf den "strategischen Wert" der "europäischen Premiummarke" Saab. Das tat Lutz diesmal nicht. Strategen sind gerade nicht so gefragt in Detroit.

Jetzt muss gehandelt werden

Die Krise ist die Stunde der Buchhalter. "Wir müssen jetzt etwas tun", so der Vizechef. GM hat bereits begonnen, seine stark mit dem Konzern verwobene Tochter abzunabeln. Sie soll so eigenständig wie möglich werden, um einen Verkauf zu erleichtern. "Ich hoffe wirklich, dass wir einen Käufer finden", sagte Lutz. "Aber auch eine Schließung ist eine Alternative, wir ziehen alles in Betracht." Das Dementi aus Trollhättan brachte das Svenska Dagbladet noch auf der selben Seite. "Eine Schließung ist nichts, womit wir uns beschäftigen", sagte überraschend eigenständig Jan-Åke Jonsson, Geschäftsführer bei Saab Automobile."Wir beschäftigen uns damit, die Finanzierung unserer künftigen Unternehmungen zu sichern."

Lesen Sie auf der nächsten Seite, warum eine staatliche Finanzspritze nur bedingt Abhilfe schaffen kann.

Schelte aus Amerika

Jonsson und eine ganze Reihe anderer GM-Manager haben in den vergangenen Tagen über die Presse und in Gesprächen versucht, Staatshilfen von der schwedischen Regierung zu bekommen. Die Regierung hatte schon im Dezember ein 2,6 Milliarden Euro schweres Hilfspaket für die Autoindustrie zugesichert. Neben Saab soll auch die Ford-Tochter Volvo davon profitieren. Der Göteborger Autobauer kämpft ebenfalls mit schweren Problemen und gab gerade den Abbau von 1620 Arbeitsplätzen an.

Staatshilfe für Saab schwierig

Die Steuergelder aus Stockholm sollen nur unter der Bedingung fließen, dass sie in Schweden bleiben. Für Volvo ist das kein großes Problem - die Göteborger konnten sich im Ford-Konzern viel Eigenständigkeit bewahren. Saab ist dagegen sehr eng mit GM verflochten. So soll der neue Saab 9-5 Ende 2009 in Rüsselsheim vom Band laufen. Auch das Designcenter befindet sich in Deutschland. Eine gezielte Förderung der schwedischen Autoindustrie ist da schwierig.

Die Stockholmer Regierung hatte ihren Staatssekretär Jöran Hägglund zum Autosalon nach Detroit geschickt, um dort direkt über diese Fragen zu verhandeln. Von GM bekam Hägglund das Versprechen, dass die Regierung Einsicht in alle Beschlüsse nehmen dürfe, die Saab betreffen. Damit soll die Regierung kontrollieren können, dass ihr Geld auch an der richtigen Stelle ankommt.

"Die Offenheit und Bescheidenheit die sie gezeigt haben, war positiv", kommentierte Hägglund sein Treffen mit den GM-Chefs. "Aber wir sitzen ja auch auf einer ganzen Menge Geld, an dem die interessiert sind." Hilfen werde es nur in Form von Krediten oder Kreditgarantien geben, sagte Hägglund weiter. "Unter keinen Umständen" werde der schwedische Staat einen Autobauer als Eigentümer ganz oder teilweise übernehmen, betonte er.

"Ja, ich bin beunruhigt"

Der Zeitung Dagens Industri zufolge hatte GM der Regierung angeboten, sie könne bei Saab als Teilhaber mit einsteigen. "Das hätte die Finanzierung erleichtert", sagte Carl-Peter Forster, Europachef bei GM. Es gehe aber auch ohne Staatsbeteiligung und mit Krediten. Saab sei aber in jedem Fall in den kommenden Monaten dringend auf öffentliche Hilfen angewiesen. "Ein Ja oder Nein der Regierung entscheidet über Saabs Zukunft", so Forster. Binnen zwei Monaten müsse man sich einig sein. "Sonst haben wir ein Problem."

Anderswo wird ebenfalls sehnlich auf die Kronen aus Stockholm gewartet. Neben den beiden großen Autoherstellern soll auch die mittelständische Zuliefererindustrie mit dem Hilfspaket der Regierung gerettet werden. Insgesamt sind Schätzungen zufolge 90.000 Arbeitsplätze bedroht. Ende Januar wird bereits das erste Geld an solche kleineren Betriebe fließen. Insgesamt hätten schon 15 Unternehmen um Unterstützung gebeten, sagte Hägglund und fügte hinzu: "Ja, ich bin beunruhigt."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: