Ryanair-Chef Michael O'Leary:"Die Umwelt interessiert mich einen Dreck"

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Michael O'Leary ist Chef des Billigfliegers Ryanair. Ein Gespräch über seine Zweifel am Klimawandel, unnötiges Gepäck - und die Idee, im Flugzeug Toiletten-Gebühren einzuführen.

J. Flottau und A. Oldag

Flughafen Dublin, ein kleines Bürogebäude am Rand des Geländes. Im Eingang stehen Müllsäcke, der abgeschabte Rezeptionstisch hat auch schon bessere Zeiten gesehen. Michael O'Leary, 49, hetzt in Jeans, Turnschuhen, offenem Hemd und ärmellosem Anorak herein, schnappt sich die Post und verschwindet durch eine Flügeltür. 15 Minuten später sitzt der Chef der Billigfluglinie Ryanair in seinem abgewetzten Büro vor einem Pappbecher Cappuccino und sagt, er habe fünf Minuten Zeit. Es wird dann doch länger.

Ryanair-Chef Michael O'Leary provoziert gerne. (Foto: Tobias Schwarz/Reuters)

SZ: Wann sind Sie das letzte Mal Lufthansa und Air Berlin geflogen?

Michael O'Leary: Ich bin noch nie mit Air Berlin geflogen, ich mag keine teuren Fluggesellschaften. Ich bin, glaube ich, einmal Lufthansa von Dublin nach Frankfurt geflogen. Erstaunlicherweise waren sie billiger als Aer Lingus. Es war eine sehr angenehme Erfahrung. Das Flugzeug war leer, der Vorhang der Business Class war bei Reihe 29 von 32. Economy war drei Reihen und voll.

SZ: Saßen Sie vor dem Vorhang?

O'Leary: Dahinter. Ich fliege nicht Business, außer auf Langstrecken. Es hat keinen Sinn, es gibt keinen zusätzlichen Service. Auf Kurzstrecken will ich einfach nur zum Flughafen und losfliegen. Ich brauche keine 50 Jahre alte Stewardess, die mir Champagner ausschenkt, den ich eh nicht trinken kann, weil ich auf dem Weg zur Arbeit bin.

SZ: Wird Air Berlin überleben?

O'Leary: Ich glaube nicht, dass Air Berlin als unabhängige Airline überleben wird. Es ist nur die Frage, wer sie wann kaufen wird. Sie werden es weiterhin schwer haben, aber am Ende wird sie wohl Lufthansa kaufen müssen, freiwillig oder nicht. Air France hat alle französischen Airlines gekauft, Iberia alle spanischen.

SZ: Sie haben versucht, mit Aer Lingus die andere irische Airline zu kaufen.

O'Leary: Ja, aber erstaunlicherweise lässt mich Brüssel nicht. Anscheinend ist es schlecht für die Verbraucher, wenn wir die Preise senken wollen.

SZ: Also macht Brüssel eine schlechte Politik in Sachen Airline-Industrie?

O'Leary: Ja, aber nicht nur da. Brüssel macht für alle Industrien schlechte Politik. Brüssel versucht, die Branche zu re-regulieren. Aber die Deregulierung Ende der 1970er und Anfang der 1980er Jahre war gut für Verbraucher, die Ticketpreise sind immer weiter gefallen. Jetzt haben wir diese verrückten Richtlinien, wegen derer wir Entschädigungen zahlen müssen, wenn ein Flug ausfällt.

SZ: Sollten Sie aber auch, wenn sie die Leute irgendwo stehenlassen.

O'Leary: Aber warum, wenn es nicht der Fehler der Airline ist?

SZ: Sie haben sich verpflichtet, die Passagiere zu transportieren.

O'Leary: Stimmt, aber das ist das einzige Beispiel einer Richtlinie, wo derjenige eine Entschädigung zahlen muss, der gar nicht verantwortlich ist.

SZ: Was sollen Familien tun, die nachts an irgendwelchen Flughäfen stranden?

O'Leary: Die sollen sich ein Hotel suchen. Was haben wir damit zu tun? Die Londoner Flughäfen waren im Dezember geschlossen, weil die nicht in der Lage waren, die Bahnen freizuhalten. Warum soll ich dafür Entschädigung zahlen? Die Fluglotsen in Deutschland, Frankreich oder Spanien streiken regelmäßig. Da kann ich doch nichts dafür. Wenn wir davon abgehalten werden, den Service zu liefern, sollten wir keine Kompensation zahlen müssen. Wo bekomme ich denn meine Entschädigung her?

SZ: Sie nerven Ihre Passagiere mit immer neuen Gebühren für Gepäck und sogar dafür, dass sie online einchecken. Das wird sich doch irgendwann rächen.

O'Leary: Bevor wir Gebühren verlangt haben, haben 80 Prozent unserer Passagiere Taschen eingecheckt. Jetzt sind es nur noch 20 Prozent. Also haben fast 60 Prozent unserer Passagiere Gepäck mitgebracht, das sie eigentlich gar nicht gebraucht haben. Praktisch 100 Prozent checken online ein, sie müssen nun weniger Zeit am Flughafen verbringen, haben nur Handgepäck, der Flug ist pünktlicher und sie haben niedrigere Preise.

SZ: Finden Sie es in Ordnung, sechs Pfund für Online-Check-in zu verlangen?

O'Leary: Ja.

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SZ: Wir nicht.

O'Leary: Wen interessiert denn, was Sie glauben? Ich habe 78 Millionen Passagiere, die das Gegenteil sagen.

SZ: Das heißt aber nicht, dass die das toll finden.

O'Leary: Aber womit argumentieren Sie denn? Es ist doch Ihre Wahl, ob Sie mit uns fliegen oder nicht. Aber bitte kommen Sie doch hier nicht rein und teilen mir mit, dass wir falschliegen, wenn 78 Millionen Passagiere mir sagen, dass wir recht haben und Sie nicht. Haben Sie noch ein paar Verbraucherbeschwerden?

SZ: Uns würden noch ein paar einfallen. Wie sehr machen Sie sich Sorgen wegen des Gerichtsurteils zu den Airport-Subventionen?

O'Leary: Warum sollte ich? Unsere Vereinbarungen mit dem Flughafen Frankfurt-Hahn stimmen voll mit den EU-Regeln überein. Und das Gericht hat nur gesagt, dass Lufthansa und Air Berlin Einblick bekommen können in unsere Vereinbarungen mit Lübeck und Hahn. Das stand sowieso schon alles in der Zeitung.

SZ: Wie sehr sind Sie von Flughafen-Subventionen abhängig?

O'Leary: Gar nicht. Wir haben nie welche bekommen.

SZ: Es beschweren sich aber viele Lokalpolitiker über . .

O'Leary: . . .glauben Sie Politikern?

SZ: Nicht zwangsläufig.

O'Leary: Also: Preisnachlässe und Marketingzuschüsse sind keine Subventionen. Alles, was wir bekommen, steht allen anderen Airlines auch zur Verfügung. Wenn Lufthansa unsere Kostenstruktur haben will, soll sie doch nach Frankfurt-Hahn umziehen. Und forschen Sie doch mal nach, wie viel Marketinghilfen Lufthansa und Air France bekommen.

SZ: Die deutsche Luftverkehrsabgabe.

O'Leary: Oh, Sie meinen die Steuer, die aus Umweltgründen im Luftverkehr erhoben werden, aber nicht bei konkurrierenden Verkehrsträgern. Es ist verrückt. Jedes Land, das so etwas eingeführt hat, hat hinterher einen Rückgang im Tourismus gesehen. Es ist einfach nur eine einfache Methode, den Leuten noch mehr Geld zu klauen. Die Abgabe wird über kurz oder lang wieder abgeschafft.

SZ: Sind Sie nicht wegen der Erderwärmung besorgt?

O'Leary: Nein.

SZ: Weil Sie nicht existiert?

O'Leary: Das wäre ein bisschen zu viel gesagt, sie ist nicht bewiesen. Den Klimawandel kann ich nicht bestreiten, aber es ist bezeichnend, dass die Unweltlobby nicht mehr von Erwärmung, sondern von Wandel spricht. Die Welt ist in den letzten zehn Jahren nicht wärmer geworden. Von 1950 bis 1975 sind die Temperaturen gefallen, die nächsten 25 Jahre gestiegen. Ich finde es extrem arrogant von der Umweltlobby, die ansonsten aus einer Menge arbeitsloser Wissenschaftler bestehen würde, zu glauben, dass sie vorhersagen kann, wie warm es in 50 Jahren sein wird. Ich bestreite die Sicherheit der Prognose, dass es wärmer wird.

SZ: War die Luftverkehrsabgabe nicht eine gute Ausrede dafür, Strecken, die ohnehin nicht gut gelaufen sind, zu streichen?

O'Leary: Nein, ich wollte mehr Strecken eröffnen. Erst jetzt haben wir das umgedreht, weil es zu teuer geworden ist. Lufthansa lacht sich tot. Die Steuer wird bei Frachtflugzeugen nicht erhoben. Erklären Sie mir das einmal. Sind die etwa umweltfreundlicher? Sie wird nicht angewandt bei Umsteigern. Warum?

SZ: Sie sollten mal über Ihre Lobby-Arbeit in Berlin nachdenken.

O'Leary: Oder Business Class: Die Passagiere in der Business Class nehmen viel mehr Platz weg, sie sollten eine höhere Steuer zahlen. Tun sie aber nicht, weil es nicht um die Umwelt geht, es ist nur eine blöde Steuer.

SZ: Wie haben Sie denn die Steuer in den Vorausbuchungen gemerkt?

O'Leary: Im Flugplan werden wir das erst im Sommer sehen, da wird es einen großen Rückgang geben. In den aktuellen Buchungen sehen Sie es gar nicht, weil wir einfach die Preise gesenkt haben. Ryanair hat die acht Euro auf dem Tisch liegen lassen.

SZ: Irgendwann werden bei Ryanair die Wachstumsraten kleiner werden.

O'Leary: Ja, klar, das passiert ja jetzt schon. Wir haben mit 20 Prozent angefangen, dann 15, letztes Jahr waren es elf und dieses Jahr vielleicht neun Prozent. In den nächsten zwei Jahren wird das auf sieben bis fünf Prozent sinken. Aber vergessen Sie nicht: wir haben mittlerweile 280 Flugzeuge.

SZ: Welches Wachstum ist realistisch?

O'Leary: Das hängt davon ab, ob wir an Flugzeuge kommen, aber ich würde sagen drei bis fünf Prozent.

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SZ: Verhandeln Sie mit Boeing?

O'Leary: Nein, Boeing muss zu uns kommen. Wir hatten alles vereinbart: Preise, Lieferzeiten. Aber dann ging es plötzlich um das Kleingedruckte, die Garantien und so, die Vorauszahlungen.

SZ: Wie viel hätten Sie bezahlt?

O'Leary: Wenig. Ich könnte es Ihnen sagen, aber dann müsste ich Sie anschließend umbringen.

SZ: Sie könnten jetzt auch in Russland oder China einkaufen.

O'Leary: Wir haben mit beiden geredet. Sie sind beide sehr interessiert daran, mit Ryanair zu arbeiten. Bei den Flugzeugen ist das meiste sowieso westliche Technologie: das Cockpit, die Triebwerke. Aber keiner von beiden ist bislang zu uns mit einem akzeptablen Angebot beim Preis gekommen und wir haben keine Sicherheit, dass sie wirklich pünktlich liefern. Im Moment sind das nur schöne Broschüren. Bis zum echten Flugzeug ist es ein langer Weg. Selbst wenn die morgen hier hereinkämen und uns einen Super-Deal anbieten würden, würde es keinen Sinn machen, weil ich nicht weiß, ob sie wirklich 2016 fertig sind.

SZ: Wenn Sie nur noch mit drei Prozent pro Jahr wachsen, müssen Sie sich nach anderen Märkten umsehen?

O'Leary: Aha, wonach zum Beispiel?

SZ: Mehr Geschäftsreisende, zentral gelegene Flughäfen.

O'Leary: 30 Prozent meiner Passagiere reisen geschäftlich. Aber es ist mir doch egal, ob die geschäftlich oder privat reisen, wo ist der Unterschied? Die Business Class wird in Europa in den nächsten fünf bis zehn Jahren verschwinden. Business Class auf der Kurzstrecke ist Unsinn, das ist der Triumph von Marketing über den gesunden Menschenverstand.

SZ: Also müssen Sie nichts ändern?

O'Leary: Nein, seit Adam Smith, seit Ende des 18. Jahrhunderts gilt: Unternehmen wachsen, wenn sie die Preise senken. Was soll ich denn ändern?

SZ: Aber die Preise sinken im Moment gar nicht, schon alleine wegen der Passagierabgabe. Und die Treibstoffpreise steigen, das trifft die Billigairlines.

O'Leary: Nein, weniger, zumindest im Fall Ryanair. Wir haben viel größere Margen als Lufthansa, Air France oder BA. Und jedes Mal, wenn Treibstoff teurer wird, erhöhen die im Gegensatz zu uns die Zuschläge. Bei uns gehen dann die Ticketpreise hoch.

SZ: Was dasselbe in Grün ist.

O'Leary: Nein. Wenn Sie heute buchen, würden Sie auf jeder Ryanair-Strecke in den nächsten zwei oder drei Wochen Sitze bekommen, die insgesamt weniger als der Lufthansa-Zuschlag kosten. Folgendes passiert: Wenn die anderen noch teurer werden, flüchten die Passagiere zu uns, wo sie, was für ein Schock, für Gepäck extra zahlen.

SZ: Was war Ihre schlimmste Erfahrung in den vergangenen zehn Jahren?

O'Leary: Puh (lange Pause). Weiß ich nicht. Ich habe viele Fehler gemacht, aber vor allem kleine.

SZ: Was war der größte?

O'Leary: Vor ein paar Jahren haben wir bei der Treibstoffsicherung danebengelegen. Andererseits haben wir davon profitiert, als die Preise wieder gefallen sind. Ich kann mich nicht an den einen, riesigen Fehler erinnern. Meine größte Sorge hier gilt der Sicherheit. Ich will auf keinen Fall einen Ryanair-Unfall erleben. Darüber habe ich schlaflose Nächte. Ich will sicherstellen, dass wir die neuesten Flugzeuge haben und viel in Wartung investieren.

SZ: Wie würden Sie reagieren, wenn etwas passiert?

O'Leary: Ich würde versuchen, die Situation so gut wie möglich zu regeln. Wir trainieren diesen Fall hier zweimal im Jahr, aber solange es nicht passiert, wissen wir nicht, ob es funktioniert oder nicht. Die beste Vorsorge sind neue Flugzeuge und ein sicherer Flugbetrieb. Wir fliegen nicht die Nacht durch, die Piloten und Flugbegleiter haben gute Arbeitszeiten. Es gibt keine Hotelübernachtungen für die Besatzungen. Und wir haben in 27 Jahren keinen Unfall gehabt.

SZ: Wie würden Sie Ihren Führungsstil beschreiben?

O'Leary: Warm, mitfühlend, sensibel.

SZ: Sind Sie ein Teamspieler?

O'Leary: Ja, alle lieben mich, hören Sie sich da draußen im Büro um.

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SZ: Die Entscheidungen treffen Sie.

O'Leary: Weiß ich nicht. Wir haben jeden Montagmorgen um 8.30 Uhr ein Management-Treffen mit allen Führungsleuten und mir. Dabei wird alles diskutiert und entschieden. Ich setze mich oft durch, aber nicht immer. Wir versuchen aber, Einigkeit bei den Entscheidungen herzustellen. Und dann werden sie schnell umgesetzt. Wir haben noch nie Berater angeworben. Die sind komplett nutzlos, wenn sie gut wären, würden sie etwas Sinnvolles machen. Gute Leute agieren, nutzlose Leute beraten.

SZ: Und wann hören Sie auf?

O'Leary: In den nächsten zwei bis drei Jahren.

SZ: Das sagen Sie aber schon seit sechs Jahren oder so.

O'Leary: Ehrlich gesagt seit 20 Jahren. Aber mal ehrlich: in den nächsten zwei bis drei Jahren wird das wohl echt passieren. Denn wenn die Airline langsam abbremst auf drei, vier oder fünf Prozent Wachstum pro Jahr und Ryanair zusammen mit Lufthansa, BA und Air France eine der vier großen europäischen Airlines ist, ist ein anderer Stil nötig als der, den ich in den vergangenen 20 Jahren verfolgt habe.

SZ: Warum funktioniert Ihrer dann nicht mehr?

O'Leary: Wenn Sie schnell wachsen, lassen Ihnen die Leute vieles durchgehen. Ich kann ihnen sagen: Wenn Sie meine Gepäckgebühren nicht mögen, halten Sie die Klappe und hauen ab! Ich müsste dann vielleicht sagen, dass mir ihre Bedenken sehr nahegehen und mir alles so leidtut. Das geht leider nicht.

SZ: Aber das wäre langweilig für Sie.

O'Leary: Ja, sterbenslangweilig. Und ich müsste Lügen erzählen wie 'Ja, wir sind besorgt wegen der Umwelt'. Die Umwelt interessiert mich einen Dreck. Es interessiert mich, wenn das Öl 100 Dollar kostet, deswegen will ich so wenig wie möglich davon kaufen. Jede Firma, die eine Umweltstrategie verfolgt, verarscht die Leute nur. Das ist doch nur Zeug aus der Marketingabteilung.

SZ: Ihre ganzen komischen neuen Ideen - Toilettengebühr, Stehplätze und so - das war doch alles nur der Versuch, Aufmerksamkeit zu erregen, oder?

O'Leary: Die Klogebühr war absolut ernst und sehr intelligent. Unsere durchschnittliche Flugzeit ist eine Stunde. Wir haben drei Toiletten an Bord, ich würde das gerne auf eine reduzieren. Dann würde ich sechs zusätzliche Sitze unterbringen und könnte für alle die Preise noch einmal um fünf Prozent senken.

SZ: Damit würden Sie ältere Männer diskriminieren, die oft aufs Klo müssen

O'Leary: Wenn ich am Flughafen in Dublin aufs Klo muss, muss ich dafür auch zahlen. In der Geschichte der öffentlichen Toilette musste man immer zahlen, warum auch nicht? Aber okay: Wenn Sie wollen, stifte ich das Geld, das ich mit meiner einen Toilette einnehme, einer wohltätigen Organisation, die sich um alte Männer mit Harndrang kümmert.

SZ: Und der Spruch mit den Stehplätzen?

O'Leary: Na ja, das war nicht so ernst gemeint. Das wird wohl nicht kommen, aber es war großartige PR.

SZ: Genauso wie die Forderung, einen der beiden Piloten wegzulassen.

O'Leary: Nein, das wird irgendwann kommen, genauso wie das Flugzeug ohne Piloten. Das sind doch glorifizierte Taxifahrer. In Irland dürfen Piloten nur 900 Stunden pro Jahr fliegen - das sind 18 Stunden pro Woche und sie bekommen 200.000 im Jahr.

SZ: Das ist eine Frage der Sicherheit.

O'Leary: Ja, klar, aber die fliegen doch nur 18 Stunden pro Woche. Sie sollten also genügend Schlaf bekommen. Aber man wird erst dann nur noch einen Piloten einsetzen, wenn die Flugzeuge de facto von alleine fliegen wie die Drohnen über Irak. Die Technologie dafür gibt's heute schon. Wir brauchen dann die Piloten nur noch, um zu schauen, dass die Tür zur Bezahl-Toilette nicht klemmt.

Steckbrief: Am 20. März 1961 wird Michael O'Leary im südirischen County Cork als Sohn einer Gutsbesitzerfamilie geboren, er hat fünf Geschwister. Das Betriebswirtschaftsstudium bricht er ab, 1986 wird er Steuerberater. O'Leary fängt als Finanzberater beim irischen Unternehmer Tony Ryan an, der hatte eine Flugzeugleasing-Firma aufgebaut und ab 1985 begonnen, preisgünstige Flüge in Großbritannien und Irland anzubieten, doch das Geschäft lief nicht.

1988 ging O'Leary zu Ryanair. 1990 stand die Fluglinie vor dem Aus, O'Leary wurde Teilhaber. Nach dem Vorbild der US-Fluglinie Southwest wurde eine konsequente Billig-Strategie umgesetzt. 1994 stieg O'Leary zum Chef von Ryanair auf. Seit der Deregulierung des Luftverkehrs fliegt Ryanair vor allem in Europa, und auch nach Deutschland, und ist einer der größten Billigflieger. O'Leary ist seit 2003 mit einer Bankerin verheiratet und hat einen Sohn. Er lebt auf einem Gut in der Nähe von Dublin.

© SZ vom 28.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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