Rückschlag für Håkan Samuelsson:VW pokert um die Macht bei MAN

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Bernd Pischetsrieder verlangt vom Nutzfahrzeugkonzern die Rücknahme des Übernahmeangebots für Scania. Der Volkswagen-Chef strebt offenbar eine andere Konstellation der drei Firmen an. Das Ziel dabei: Mehr Macht für VW.

Karl-Heinz Büschemann

,,Ich habe nicht die Absicht, meine Meinung zu ändern'', sagte der VW-Chef in einem Interview der Financial Times. Pischetsrieder hat offenbar Pläne mit dem bisherigen Nutzfahrzeuggeschäft von Volkswagen, die sich mit dem Vorhaben Samuelssons nicht verwirklichen lassen.

Versucht eine Position der Stärke zu erlangen: Volkswagen-Chef Bernd Pischetsrieder (Foto: Foto: ddp)

Der Vorstoß von MAN, der in der vergangenen Woche erfolgte, ist damit auf eine Hürde gestoßen. Denn ohne die Unterstützung von Volkswagen ist es für ihn schwieriger, die Übernahme von Scania zu erreichen. Auch die schwedische Großaktionärsfamilie Wallenberg, die knapp 20 Prozent der Scania-Aktien hält, hatte die Übernahmeofferte von MAN als unzureichend abgelehnt.

9,6-Milliarden-Euro-Offerte

Das Angebot sah vor, dass der Münchner Nutzfahrzeug- und Maschinenbaukonzern den schwedischen Lkw-Hersteller für 9,6 Milliarden Euro übernimmt.

Pischetsrieder erwartet nun von Samuelsson getrennte Verhandlungen der Großaktionäre mit MAN hinter den Kulissen. Bei MAN war die Reaktion auf die harsche Ablehnung am Dienstag zurückhaltend.

Das Projekt sei auch nach der Absage längst nicht gescheitert. Man hoffe, die beiden Großaktionäre noch für den Übernahmeplan gewinnen zu können, sagte ein MAN-Sprecher. Man habe noch viereinhalb Wochen Zeit bis zur gesetzlich vorgeschriebenen Vorlage des offiziellen Angebots, um die zögernden Großaktionäre zu überzeugen.

"Industriell hochinteressant"

Samuelsson, der vor seiner Zeit bei MAN im Vorstand von Scania saß, hatte vor einer Woche erklärt, sein Angebot zur Übernahme von Scania sei industriell hochinteressant. Das Konzept sei bestechend. Sowohl Wallenberg als auch Volkswagen seien schon vor Monaten informiert worden und hätten deutliche Sympathien dafür gezeigt.

Die harte Ablehnung Pischetsrieders vermittelt allerdings den Eindruck, als könnte MAN das Angebot nicht aufrechterhalten. Pischetsrieder, der zugleich Vorsitzender des Verwaltungsrates von Scania ist, schloss aber auch ein Gegenangebot zur Übernahme von MAN durch Scania aus. Darüber war mehrfach spekuliert worden.

VW an Zusammenarbeit mit MAN und Scania interessiert

Pischetsrieder machte deutlich, dass er an einer Zusammenarbeit von VW mit MAN und Scania interessiert sei. Er sagte aber nicht, in welcher Form er sich das vorstellen könnte.

Offenbar will Pischetsrieder auf das neue Unternehmen maßgeblichen Einfluss nehmen. Diese Position der Stärke sei aber für ihn nicht zu erreichen, wenn das jetzige Übernahmeangebot bestehen bleibe. Danach müsste MAN allen Aktionären das gleiche Angebot machen.

Pischetsrieder will aber mehr. Er will offenbar seine 34-Prozent-Beteiligung an Scania, das Schwerlastwagen-Geschäft von Volkswagen in Brasilien und die Transporter-Sparte als Ganzes in die neue Gesellschaft mit MAN einbringen.

Anteil zu klein

Nach der Berechnung von Investmentbankern würde das zusammen für VW an der neuen MAN-Scania-Gesellschaft aber nur einen Anteil von weniger als 20 Prozent erbringen. Volkswagen strebt aber offenbar mindestens eine 25-prozentige Beteiligung an. Der Einfluss von VW in dem neuen Konzern dürfe nicht schwächer sein als heute bei Scania.

Volkswagen hatte im Jahr 2000 für umgerechnet 1,6 Milliarden Euro Scania-Aktien gekauft, die 34 Prozent der Stimmen entsprechen, aber weniger als 20 Prozent des Grundkapitals. Für diese so genannten A-Aktien, die zehnmal mehr Stimmrechte haben als die B-Papiere des Unternehmens, hatte Volkswagen damals einen Aufschlag von 50 Prozent bezahlt.

Sperrminorität

In Schweden liegt die Sperrminorität bei 34 Prozent der Stimmen, in Deutschland bei 25 Prozent. Bei dem bisherigen Angebot von MAN ist vorgesehen, die beiden Aktienklassen im Preis gleich zu behandeln.

MAN-Chef Samuelsson hat bereits signalisiert, dass er bereit wäre, das Übernahmeangebot aufzubessern. Er hat auch stets durchblicken lassen, dass er an einer Zusammenarbeit mit VW interessiert sei und ihn auch ein einflussreicher Aktienanteil nicht stören würde. ,,Jeder Aktionär ist uns willkommen.''

Bei einem Zusammenschluss von Scania und MAN würde ein Konzern mit 20 Milliarden Euro Umsatz und einer Produktion von 132.000 Fahrzeugen im Jahr entstehen, der in Europa einen Marktanteil von etwa 30 Prozent hätte.

Marken sollen weiterbestehen

Damit wäre er europäischer Marktführer. Der bisherige Primus Volvo-Renault, der einen Marktanteil von 25 Prozent hält, würde auf Rang zwei fallen und DaimlerChrysler mit 20 Prozent auf Rang drei verweisen. Die Marken MAN und Scania sollten weiterbestehen.

© SZ vom 27.09.06 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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