Rückkehr in die Schweiz:Lufthansa-Chef Franz wechselt zu Pharma-Konzern

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Lufthansa-Chef Christoph Franz im März 2011 - nun verlässt er offenbar das Unternehmen. (Foto: AFP)

Für Lufthansa ist der spektakuläre Abschied ein weiterer Schock zur Unzeit: Konzernchef Christoph Franz übernimmt die Führung beim Basler Pharma-Konzern Roche. Auf der Suche nach Motiven für den Wechsel wird man schnell fündig.

Von Jens Flottau

Christoph Franz hatte zuletzt viel Zeit zum Nachdenken. Einen guten Teil des August verbrachte der 53-Jährige mit Frau und fünf Kindern im Ferienhaus in der Bretagne. Zeit, um Abstand zu gewinnen vom turbulenten und aufreibenden Alltag bei seinem Arbeitgeber Lufthansa.

Und er hatte Zeit, Entscheidungen zu treffen. Franz, der seit Anfang 2011 an der Spitze steht, wird die Fluggesellschaft schon bald überraschend verlassen. Er wird neuer Präsident des Verwaltungsrates des Basler Pharmakonzerns Roche. Er stehe für eine Verlängerung seines noch bis 31. Mai 2014 laufenden Vertrages nicht zur Verfügung, teilte Lufthansa am Montag mit.

Franz verhandele mit dem Aufsichtsrat nur noch die Modalitäten seines Ausstieges, war zuvor aus Konzernkreisen zu hören gewesen. Der Lufthansa-Aufsichtsrat trifft sich turnusgemäß am kommenden Mittwoch. Wichtigster Tagesordnungspunkt war bislang eine mehr als zehn Milliarden Euro große Bestellung neuer Langstreckenjets. Jetzt geht es auch um den Vorstandsvorsitzenden selbst.

Für Lufthansa ist der spektakuläre Abschied ein weiterer Schock zur Unzeit. Das Unternehmen befindet sich in einem weitgehend von Franz gesteuerten Umbau, der tiefe Einschnitte beinhaltet und den Konzern radikal verändert. Franz hat zuletzt den Vorstand fast vollständig neu besetzt, in viele Führungspositionen Leute von außen hereingeholt. Er wollte alte Strukturen aufbrechen und die Sanierung vorantreiben. Um 1,5 Milliarden Euro soll das Ergebnis bis 2015 verbessert werden. Franz hat auch durchgepaukt, dass die Billigtochter Germanwings alle dezentralen Strecken im Europaverkehr übernehmen darf, für viele traditionsbewusste Lufthanseaten lange Zeit undenkbar.

Viele Kämpfe gegen Windmühlen geführt

Auf der Suche nach Motiven für den Wechsel wird man schnell fündig: Franz kennt sich seit seiner Zeit als Swiss-Chef in der Schweiz bestens aus, die Familie wohnt in Zürich, wo die Kinder zur Schule gehen. Er selbst übernachtet in Frankfurt nur im Hotel und fliegt so oft wie möglich nach Hause. Der hoch dotierte Posten als Roche-Präsident ist viel besser bezahlt und weniger aufreibend als der Lufthansa-Job. Dem Pharmakonzern geht es gut. Der Präsident eines Verwaltungsrates in der Schweiz hat deutlich mehr operative Einflussmöglichkeiten als ein deutscher Aufsichtsratschef.

Bei Lufthansa hat Franz viele Kämpfe gegen Windmühlen geführt. Er kam erst vor zwei Jahren an die Spitze und hatte einen schweren Stand. Ihm fehlte der Stallgeruch. Bis in die Konzernspitze hinein musste er Skeptiker überzeugen oder er sorgte dafür, dass diese das Unternehmen verließen, wie der ehemalige Personalvorstand Stefan Lauer. Durch den Umbau des Vorstandes - Franz holte Bettina Volkens (Personal), Simone Menne (Finanzen) und Harry Hohmeister (Verbund-Airlines) neu herein - schien er zuletzt fester im Sattel zu sitzen. Doch schon bahnt sich der nächste Kampf an: Lufthansa hat die Tarifverträge für Pensionen und Übergangsversorgung gekündigt, es drohen Streiks.

Bei Roche ist Franz als Nachfolger des 67-jährigen Franz Humer eingeplant, der im kommenden Frühjahr in den Ruhestand gehen will. Franz sitzt seit 2011 im Roche-Verwaltungsrat. Im Nachhinein erscheint es plausibel, dass er dort schon als Kandidat aufgebaut werden sollte.

Bei Lufthansa stehen theoretisch zwei Manager als Nachfolger von Franz bereit: Carsten Spohr , 47, Leiter des Passagiergeschäftes, und Harry Hohmeister, 49, der auch Swiss-Chef ist und seit Juni die übrigen Airlines wie Austrian und Brussels beaufsichtigt. Spohr dürfte die weit besseren Karten haben, da er als langjähriger Lufthanseat bestens vernetzt ist und über eine große Hausmacht verfügt.

© SZ vom 16.09.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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