Robotik:Zupackend

Robotik: „Was ich selber kaufen würde, kann ich auch verkaufen“: Enrico Iversen war sehr überzeugt von seiner ersten Robotik-Firma.

„Was ich selber kaufen würde, kann ich auch verkaufen“: Enrico Iversen war sehr überzeugt von seiner ersten Robotik-Firma.

(Foto: Nils Lund Pedersen/OH)

Der erfolgreiche dänische Robotik-Unternehmer Enrico Krog Iversen will mit Greifern für Roboter zum Weltmarktführer werden.

Von Elisabeth Dostert

Enrico Krog Iversen ist 53 Jahre alt. Er weiß, was ihm liegt und was nicht: "Ich bin kein Gründer, dazu fehlen mir die Ideen. Aber ich habe Spaß daran, Firmen aufzubauen." Gerade hat er drei Start-ups, an denen er beteiligt war, zusammengeführt. Drei Firmen, drei Länder: On Robot aus Dänemark, Perception Robotics aus den USA und den Sensorik-Spezialisten Opto Force aus Ungarn. Die neue Firma heißt On Robot, wie eine der alten, und sitzt in Odense. Iversen ist Vorstandschef.

In den vergangenen Jahren hat sich Odense auf der süddänischen Insel Fünen zu einem Zentrum für Robotik und Automatisierung entwickelt. Mittlerweile arbeiten dort mehr als 120 Firmen - Hersteller und Zulieferer - mit fast 3200 Beschäftigten, heißt es auf der Internetseite des Clusters Odense Robotics. Die Automatisierung diene am Ende immer dazu, die Kosten zu senken, sagt Iversen. Keiner kaufe Technologie nur um der Technologie willen. Iversen ist ein Mann klarer Worte.

Die neue Firma On Robot ist mit 80 Mitarbeitern und sechs Millionen Euro Umsatz noch klein. Sie soll ein weltweit führendes Unternehmen in der Entwicklung und Produktion von Greifsystemen für kollaborative Roboter, sogenannte Cobots, werden, die eng mit Menschen zusammenarbeiten. On Robot will mit seinen Produkten die Cobots feinfühliger machen. Die Greifer von Perception Robotics etwa funktionieren wie die Füße eines Geckos, sie können auch flache Teile fassen.

Iversen hat ein gutes Gespür für Technologien, und er erkennt ein Marktpotenzial. Aber die wahre Kunst liegt für ihn darin, eine erfolgreiche Firma zu bauen. Er hat Freude an jungen Unternehmen und daran, sie groß zu machen. "Ich liebe das Risiko, dann bin ich hellwach, dann treffe ich die besten Entscheidungen." Er beherrscht diese Kunst, das hat er schon ein paar Mal bewiesen, schon in der Firma seiner Familie. Sie stellte auf Fünen Öfen her. Nach dem Studium und ein paar Jahren im dänischen Konzern A. P. Møller-Mærsk trat Iversen in das Familienunternehmen ein, rationalisierte, expandierte, steigerte den Umsatz und verkaufte sie 2005 an den norwegischen Hersteller Jøtul. Iversen hat dann eine Weile als Berater gearbeitet und mit seiner Frau ein Unternehmen für Kindermode gegründet. Das ging schief. 2008 wurde sie geschlossen. "Es gibt immer Erfolge und Niederlagen", sagt er. Nichts von beidem scheint ihn aus der Bahn zu werfen.

Irgendwann hat er in einer dänischen Wirtschaftszeitung eine Chiffre-Anzeige aufgegeben und seine Dienste angeboten. Es habe viele Interessenten gegeben, darunter auch den staatlichen dänischen Wachstumsfonds Vækstfonden. "Die wollten in das dänische Start-up Universal Robots investieren und suchten einen Vorstandschef", erzählt der 53-Jährige. Universal Robots war ein paar Jahre zuvor von Esben Østergaard, Kasper Støy und Kristian Kassow gegründet worden. Sie hatten sich an der Universität von Odense kennengelernt und hegten schon dort die Idee, einen Leichtroboter zu entwickeln. Bis dahin waren die meisten Roboter groß und schwer.

Auf das Bankkonto zu starren, macht ihm keinen Spaß

"Ich habe mir damals die Firma angeschaut", erzählt Iversen, "und dachte, solche Roboter hätten wir ganz gut gebrauchen können, um unsere Ofenfirma zu automatisieren. Was ich selber kaufen würde, kann ich auch verkaufen." Er übernahm den Posten, investierte selbst Geld und entwickelte binnen ein paar Monaten eine neue Strategie. 2008 brachte Universal Robots mit dem UR5 den ersten kollaborativen Roboter auf den Markt. 2009, im ersten vollen Jahr unter seiner Führung, setzte Universal Robots Iversen zufolge rund 400 000 Euro um. 2015, beim Verkauf an den börsennotierten US-Konzern Teradyne für knapp 300 Millionen Dollar, waren es knapp 60 Millionen Euro. Iversen blieb noch ein Jahr Vorstandschef. Ab einer gewissen Größe, "400, 500 Mitarbeiter", hat er keinen Spaß mehr, weil die Bürokratie in einer Firma dann zunimmt.

Am Verkauf haben er und seine Familie mehr als 100 Millionen Euro verdient. Er hätte sich zur Ruhe setzen können. Auf das Bankkonto zu starren, mache ihm keinen Spaß. Inversen will jetzt aus On Robot einen Erfolg machen. Technische Rückschläge fürchtet er nicht, die lassen sich in den Griff bekommen. "Die größten Fehler haben immer mit Menschen zu tun." Er müsse die richtigen Leute finden und die Kulturen zusammenbringen zu einer Unternehmenskultur. Er mag es nicht, wenn Leute zu viel reden, statt zu handeln. Binnen fünf Jahren sollen die Erlöse von On Robot auf 250 Millionen Euro steigen. Iversen hält ein Fünftel des Kapitals, der Vækstfonden rund ein Viertel, der Rest ist gestreut. Iversen kann sich einen Börsengang vorstellen, auch einen Verkauf. Zur Ruhe wird er sich nicht setzen.

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