Rimowa:Bewährung am Rhein

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Rimowa-Chef Alexandre Arnault, hier mit dem Model Karlie Kloss. (Foto: Etienne Laurent/dpa)

Alexandre Arnault, Erbe des Luxuskonzerns LVMH, soll sich beweisen - als Chef der Kölner Koffermanufaktur Rimowa. Dort kann er zeigen, ob er für höhere Aufgaben bereit ist.

Von Leo Klimm, Paris

Diskret weist ein Mitarbeiter Alexandre Arnault den Platz zu, der ihm als Chef einer Marke des LVMH-Konzerns ab sofort gebührt. Es ist ein Platz in der ersten Reihe des Auditoriums in der Pariser LVMH-Zentrale. Ein Sitz direkt gegenüber Vater Bernard Arnault, dem Herrscher über den weltweit größten Luxuskonzern, der auf der Bühne seinen Platz hat.

Neben Alexandre sitzen die älteren Halbgeschwister Delphine und Antoine. Sie kennen das Ritual der Vorstellung der LVMH-Jahresbilanz schon länger. Alexandre dagegen, gerade 24 Jahre alt und seit Montag Chef des deutschen Kofferherstellers Rimowa, wirkt unsicher. Schüchtern tippt er der Schwester auf die Schulter, die etwas distanziert die Begrüßung erwidert.

Bei der LVMH-Bilanz wird deutlich: Der scheue Schlaks zählt jetzt neben seinen älteren Geschwistern zum Kreis der Kandidaten für die Nachfolge des 67-jährigen Milliardärs Bernard Arnault. Schon der Umstand, dass Arnault senior Sohn Alexandre kürzlich mitnahm, um ihn im New Yorker Trump-Tower dem neuen US-Präsidenten vorzustellen, war ein unmissverständliches Indiz. Und die deutsche Firma Rimowa, Hersteller der berühmten gerippten Aluminiumkoffer, ist die Bewährungsprobe, bei der Alexandre seine Cheftauglichkeit beweisen soll.

Im Oktober hatte Papa Bernard, einer der reichsten Menschen der Welt, dem bisherigen Rimowa-Eigner Dieter Morszeck für 640 Millionen Euro 80 Prozent an der Firma abgekauft, ausgestattet mit einer Option auf die übrigen 20 Prozent. Diese Woche wurde der Deal wirksam und Alexandre Arnault Geschäftsführer neben Morszeck. Der junge Mann soll sich vor allem um Marketing und Vertrieb kümmern. Brancheninsider erzählen, dass Morszeck, der Rimowa in dritter Familiengeneration führt, Schwierigkeiten bei der Regelung seiner Nachfolge hatte. Das Problem löst jetzt der Arnault-Sprössling.

Bei Rimowa gerät Vater Bernard Arnault ins Schwärmen

"Ich möchte Rimowa Kontinuität verleihen", sagt Alexandre Arnault. "Vielleicht erweitern wir das Produktangebot auch." Sparprogramme müssten die etwa 3000 Rimowa-Mitarbeiter jedenfalls nicht fürchten, versichert er. Eher denke er daran, neue Leute einzustellen. Die Gewinnmarge bei Rimowa, einer Firma mit gut 400 Millionen Euro Umsatz, sei zwar durchaus steigerbar. "Aber ich will mich erst einmal einfinden", sagt Alexandre in bestem Deutsch. Er hat es zwölf Jahre lang in der Schule gelernt. Höflich, vorsichtig, demütig - so zeigt er sich vor der Bewährungsprobe. Kaum zu glauben, dass "Double A", so der Spitzname, vor ein paar Jahren als DJ noch wilde Partys im Nobelklub VIP Room in Saint-Tropez schmiss. Jetzt heißt es Köln statt Côte d'Azur. Und als allererstes braucht der Informatiker eine Wohnung. Vielleicht im Rheinauhafen, dort gefällt es ihm ganz gut.

Als Vater Bernard bei der LVMH-Bilanzpräsentation auf Rimowa zu sprechen kommt, wird er schwärmerisch. "Das ist ein kleines Wunderwerk mit großem Potenzial, hervorragende deutsche Qualität", sagt der Patriarch. Dabei sieht er freundlich zu Alexandre herüber, als wolle er sagen: Nutze deine Chance! Anerkennende Blicke für die beiden Geschwister neben ihm sind an diesem Abend hingegen rar.

Delphine, 41, und Antoine, 39, haben im Rennen um die Nachfolge einen Vorsprung. Wie Alexandre wurden sie von klein auf vorbereitet auf eine Karriere im Konzern. Die älteste Tochter hatte erst einen Führungsjob beim LVMH-Edelschneider Dior, jetzt ist sie Vizechefin bei der Kernmarke Louis Vuitton - weshalb sie vielen als Favoritin auf den Chefposten gilt. Antoine ist Chef des konzerneigenen Herrenschusters Berluti. Schon vor 20 Jahren sollen sich die beiden versprochen haben, sich nie um das Erbe des Vaters zu streiten. Ob der Schwur auch für den jungen Alexandre und dessen beiden noch jüngeren Brüder gilt? Unklar. Klar dagegen ist der Maßstab des Vaters: Alle seine Kinder wüssten, "dass sie sich ihren möglichen Platz im Unternehmen verdienen müssen", sagte Bernard Arnault einmal. Nur Leistung zählt.

Bernard Arnaults eigene Leistung ist beeindruckend - jedenfalls, soweit sie in Euro ausgedrückt wird. 2016 hat sein Luxuskonglomerat wieder die Erlöse stark gesteigert, auf 37,6 Milliarden Euro. Der Nettogewinn stieg gar um elf Prozent auf fast vier Milliarden Euro. Für 2017 jedoch ist der Konzernchef vorsichtig. Obwohl er in Donald Trumps Wirtschaftspolitik "viel mehr positive als negative Aspekte" erkennt, hat Arnault senior das ungute Gefühl, die Geschäfte würden bald schwieriger. "Das sagt mir meine bescheidene Erfahrung", sagt er. "Aber unser Unternehmen ist noch klein", sagt er auch noch. Ganz im Ernst. "Wir stehen am Anfang."

Alexandre Arnault sitzt an seinem Platz, in der ersten Reihe. Und hört aufmerksam zu. Nur Leistung zählt, das müsste angekommen sein. Bringen muss er sie jetzt bei Rimowa in Köln.

© SZ vom 28.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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