Reserven der Bundesbank:Warum deutsches Gold im Ausland lagert

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Die Bundesbank besitzt Barren im Wert von vielen Milliarden Euro. Doch das Gold liegt nicht in Deutschland, sondern auch im Ausland, vor allem in den USA. Verschwörungstheoretiker unken, ob das Gold überhaupt noch da ist, und auch der Bundestag will es jetzt genauer wissen. Dabei macht es Sinn, den Schatz auf der Welt zu verteilen.

Markus Zydra und Claus Hulverscheidt

Peter Gauweiler fühlt sich nicht wohl, wenn er an die deutschen Goldreserven denkt. Ein Großteil der 3400 Tonnen ist nämlich in den New Yorker Tresoren der amerikanischen Notenbank Federal Reserve gelagert. "Ich bin nicht zufrieden, dass das Gold physisch in den USA lagert", sagt der Bundestagsabgeordnete und empfiehlt eine Rückführung aller Goldreserven.

Das Gold der Deutschen Bundesbank liegt nicht nur in Frankfurt am Main, sondern auch in New York, London und Paris. (Foto: dpa)

Der CSU-Mann spricht aus, was sowohl unter ehrbaren Zweiflern als auch entrückten Verschwörungstheoretikern ein Dauerthema ist, gerade in dieser Finanzkrise. Gibt es die deutschen Goldreserven überhaupt noch, oder sind die Barren heimlich verliehen oder sogar veräußert worden?

Die Antwort hat Fallhöhe, schließlich beläuft sich der Wert des gesamten deutschen Goldschatzes auf 137 Milliarden Euro.

Die Antwort wäre auch leicht zu geben. Man müsste einfach mal nachschauen in den Tresoren von New York, London und Paris - denn auch bei der britischen und französischen Notenbank lagern deutsche Goldbestände. Bilanzversierte bezeichnen ein solches Nachschauen als "körperliche Bestandsaufnahme".

Doch die Bundesbank möchte eine Inventur vor Ort nicht machen, denn es würde Zwietracht sähen unter den Notenbankern, die weltweit eng zusammenarbeiten, um die Finanzkrise einzudämmen. Misstrauische Kontroll-Visiten passen da nicht ins Konzept.

Der Bundesrechnungshof, wo die Bilanz der Bundesbank jährlich geprüft wird, sieht das anders. Die Beamten fordern regelmäßige Visiten in den Tresoren, um die Barren nachzuzählen. Das soll auch so in einem bislang unveröffentlichten Bericht geschrieben stehen. Offenbar berufen sich die Prüfer in diesem Zusammenhang auf deutsche Bilanzregeln, die eine solche Inaugenscheinnahme mindestens alle drei Jahre vorsehen: zur Überprüfung des Vorratsvermögens - als solches kann das Gold klassifiziert werden -, die Bundesbank ist da jedoch anderer Meinung.

Auch der Bundestag interessiert sich nun für die Sache. Bilanz-Schummel bei der Bundesbank? Da wird mancher unruhig. Der Haushaltsausschuss des Parlaments soll den Bericht deshalb in den nächsten Tagen erhalten, mit einem Vermerk zur Haltung der Bundesbank in dieser Frage - und einem Gegenvermerk des Rechnungshofs. Der Konflikt ist offenkundig, auch wenn man die Dinge im Bundestags-Haushaltsausschuss vorerst sehr gelassen sieht.

Öffentlich äußern wollen sich die führenden Mitglieder nicht, da ihnen der Bericht des Bundesrechnungshofs noch nicht vorliegt. "Wir gehen aber davon aus, dass die Bundesbank genau weiß, wo ihre Goldreserven lagern, und dass sie diese Reserven auch korrekt bilanziert", heißt es übereinstimmend in Kreisen der Koalition und der Opposition. Man habe auch keinerlei Hinweise darauf, dass etwa die US-Notenbank Fed einen Teil der in New York lagernden deutschen Goldbestände verliehen habe.

Zuletzt hatte der CDU-Bundestagsabgeordnete Philipp Mißfelder Anfang März zusammen mit der Bild-Zeitung in New York die deutschen Goldvorräte überprüfen wollen - was ihm aber verwehrt wurde. Mißfelder sagte: "Es kann nicht sein, dass beim Goldvermögen der Deutschen offenbar gegen geltendes Bilanzrecht verstoßen wird."

Die Bundesbank kennt die Vorwürfe und Verdächtigungen. Sie stellt deshalb klar: "Das Bundesbank-Gold liegt bei der Federal Reserve in New York in einem speziell für die Bundesbank angemieteten Abteil." Die Barren hätten eine Prägestempelnummer, die der Bundesbank als Besitzerin zugeordnet sei.

Seit 1978 in New York gelagert

Außerdem habe die Bundesbank in den vergangenen Jahren Besuche bei der Fed gemacht, um sich von der Richtigkeit der Angaben zu überzeugen, im Übrigen liege das Bundesbank-Gold in New York seit 1978 unberührt da. "Das im Ausland gelagerte Gold ist jederzeit rückholbar, die Barren sind nicht verliehen", so die Bundesbank zur SZ.

Warum lagern deutsche Goldbestände überhaupt im Ausland? Es hat mit der besonderen Lage Deutschlands während des Kalten Krieges zu tun. Damals wurden die Goldbestände im westlichen Ausland deponiert, um sie einem Zugriff sowjetischer Truppen im Falle eines Konflikts zu entziehen. Nach der Wiedervereinigung holte die Bundesbank einen Teil des Edelmetalls nach Frankfurt.

Der Haushaltsausschuss wartet nun auf die Zustellung des Berichts vom Rechnungshof. Erst wenn sich zeigen sollte, dass der Rechnungshofbericht zu einem anderen Ergebnis kommt, müsse man möglicherweise handeln. Forderungen, das deutsche Gold "nach Hause" zu holen, finden im Ausschuss bisher keinen nennenswerten Widerhall. Dafür gebe es keinen Grund, außerdem würde ein Rücktransport sehr teuer, heißt es in den Kreisen. Da es grundsätzlich auch möglich sei, dass die Bundesbank kleinere Mengen Gold kauft oder verkauft, sei es auch sinnvoll, einen Teil des Bestands an den wichtigsten Goldhandelsplätzen der Welt zu lagern.

© SZ vom 16.05.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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