Rekordgehälter für VW-Manager:Wall Street in Wolfsburg

Der Boom bei Volkswagen ist für alle gut - vor allem für die Chefetage. Mehr als 70 Millionen Euro werden auf acht Top-Manager aufgeteilt. Konzernchef Winterkorn verdoppelt sein Gehalt und übertrifft sogar den Banker Ackermann deutlich.

Für astronomische Gehälter sind vor allem Top-Banker bekannt. Aber auch als Chef eines boomenden Autokonzerns kann man es auf ein zweistelliges Millionensalär bringen. Der VW-Vorsitzende Martin Winterkorn dürfte mit seinem Gehalt die meisten Banker im Land locker übertreffen. 2011 hat er 17,5 Millionen Euro kassiert - fast doppelt so viel wie im Vorjahr, als er 9,3 Millionen Euro verdiente. Auch seine anderen Kollegen wurden mit Gehältern entlohnt, die eher an Wall Street als an Wolfsburg denken lassen.

An diesem Montag veröffentlichte Volkswagen seinen Geschäftsbericht: Die Wolfsburger verdienten mit ihren inzwischen zehn Marken im abgelaufenen Geschäftsjahr fast 16 Milliarden Euro. Dabei spielte ein einmaliger Gewinn aus Wertpapieren eine Rolle, die nach der vorerst geplatzten Fusion mit Porsche neu bewertet wurden. Im normalen Geschäft macht VW 11,3 Milliarden Euro Gewinn, 60 Prozent mehr als 2010. Der Umsatz wuchs um gut ein Viertel auf mehr als 159 Milliarden Euro. 28.000 Jobs will der Konzern im vergangenen Jahr geschaffen haben. Weltweit, versteht sich.

Pötsch: 8,1 Millionen - Winterkorn: 17,5 Millionen

VW verdient so viel Geld, dass Unternehmen und Betriebsrat vergangene Woche eine Prämie von 7500 Euro für jeden Mitarbeiter in Deutschland beschlossen hatten. In der Vorstandsetage fällt die Prämie für das Rekordjahr 2012 etwas höher aus: 2011 zahlte der Konzern seinen acht obersten Managern insgesamt 70,6 Millionen Euro, doppelt so viel wie im Vorjahr. Alle Prämien für die 90.000 Beschäftigten in Deutschland betragen zusammen 700 Millionen Euro.

So verdiente allein Finanzchef Hans Dieter Pötsch 8,1 Millionen Euro, die übrigen sechs Vorstandsmitglieder zwischen 7,3 und 7,7 Millionen Euro.

Basis des Gehalts ist ein fester Sockel, der aber nur einen vergleichsweise geringen Anteil am Gesamtverdienst ausmacht. Ein variabler Bonus, der sich an der Geschäftsentwicklung der vergangenen zwei Jahre orientiert, fällt weit höher aus. Außerdem hat die VW-Führungsriege seit 2010 Anspruch auf einen sogenannten langfristigen Anreiz. Der bemisst sich unter anderem an Absatz- und Renditesteigerungen, und die sind im Moment sehr hoch bei VW.

Winterkorn liegt mit seinen 17,5 Millionen Euro sogar über dem Rekordverdienst von 2008. Er kassierte damals 12,7 Millionen Euro. Die enorme Summe kam aus dem Verkauf von Aktienoptionen. Damals erlebte die VW-Aktie im Zusammenhang mit dem Übernahmekampf gegen Porsche einen von Spekulanten ausgelösten Höhenflug, der das Papier auf bis zu 1000 Euro Kurswert führte. Die Topmanager verkauften daraufhin ihre über Aktienoptionspläne bezogenen Anteilsscheine mit gigantischen Gewinnen.

Zum Vergleich: Der scheidende Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann verdiente 2010 neun Millionen Euro. Damals lag Winterkorn bereits knapp vor ihm.

Bei Volkswagens Absatzzahlen verzeichnet fast jede Marke in jedem Land Zuwächse im zweistelligen Prozentbereich. Weltweit haben die Verkäufe neuer Pkw und leichter Nutzfahrzeuge um mehr als 14 Prozent zugelegt. Gedrückt wurde der Schnitt durch den Zuwachs in Deutschland. Der fiel mit 11,3 Prozent moderat aus, vergleicht man ihn mit dem der Märkte, in denen das Geschäft richtig boomt: den Schwellenländern.

Schwellenländer lieben Luxus-Marken

In Südafrika verkauft der Konzern fast 40 Prozent mehr Autos als 2010, in Asien 20, in Mexiko 18 Prozent mehr. In Indien konnte VW seinen Absatz sogar mehr als verdoppeln. Allerdings hat das Unternehmen gerade erst begonnen, dort eine ernsthafte Rolle zu spielen, der Marktanteil ist winzig im Vergleich mit anderen Staaten.

Ein weiterer Trend: Je höherklassiger die Marke, desto höher das Wachstum beim Absatz. Audi legt den Zahlen zufolge in den meisten Weltregionen deutlich mehr zu als Autos mit dem Volkswagen-Logo.

Wagen von VWs Nobelmarke Bentley verkaufen sich zwar nach wie vor in geringer Stückzahl, dafür aber immer besser. In China wurden statt 900 wie im Jahr zuvor fast 1800 verkauft. In Europa legten die Bentley-Absatzzahlen überdurchschnittlich zu. In Deutschland wurden 432 der Luxuskarossen verkauft - fast 90 Prozent mehr als 2010.

Winterkorns Team erwartet die größten Zuwächse auch weiterhin in Asien, Südamerika, den USA und Russland. Südamerika fiel allerdings 2011 aus der Reihe: Mit etwas mehr als fünf Prozent liegt das Wachstum bei den verkauften Autos deutlich niedriger als in anderen Schwellenländern. Das gilt allerdings nicht für die edleren Audis: Deren Verkäufe in Brasilien legten um fast 70 Prozent zu.

Mit dem vielen Geld hat Winterkorn einiges vor - unter anderem will er dem Konzern einen grünen Anstrich verpassen. Auf dem Genfer Autosalon vergangene Woche kündigte er an, die Kohlendioxid-Emissionen der Flotte von 2006 bis 2015 um 30 Prozent reduzieren. Dort wurden auch einige energiereffizientere Modelle vorgeführt.

Getrübt werden die guten Aussichten bei VW allenfalls durch die angespannte Lage in Europa. In Spanien brach der Absatz ein, in Italien legte er nur minimal zu. Im Geschäftsbericht wird eingeräumt: "In Westeuropa wird sich die Nachfrage nach Pkw und leichten Nutzfahrzeugen voraussichtlich abschwächen." Deswegen, und wegen der teuren Umstellung auf ein modulbasiertes Baukastensystem bei der Fertigung vieler Modelle, ist die Zielvorgabe für 2012 bescheidener: Das exzellente Ergebnis aus diesem Jahr soll wieder erreicht werden. Von weiteren Steigerungen ist vorerst nicht die Rede.

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